Hühner Voodoo (German Edition)
vorstellen. Frag nach der Filialleiterin. Ich habe gehört, dass sie jemanden suchen.»
Britta schmollte: «Wozu denn? Ich werde den Job eh nicht bekommen.»
Okay, das Sonnenscheinchen in Britta war immer noch im Urlaub.
«Versuche es wenigstens. Mir zuliebe.»
«Du wirst sehen, es wird nicht klappen. Bei mir klappt nie was.»
Gwendolyn gab nicht auf. «Ich mach dir einen Vorschlag. Du stellst dich heute im Blumenladen vor. Und wenn du eine Absage bekommst, werde ich dir dabei helfen, unglücklich zu sein. Okay?»
Britta sah Gwendolyn überrascht an. Wie nett von ihrer Tante. Ja, sie könnte Hilfe gebrauchen, denn der Tag, den sie schmollend auf der Couch verbracht hatte, entsprach nicht ihren Erwartungen; die erhoffte Verzweiflung, das Unglück über ihr Dasein waren ausgeblieben. Genau genommen war es ihr einfach nur langweilig gewesen.
Sie war froh, ihre Schmollecke aufgeben zu können.
Gwendolyn warf sich einen Mantel über, der jedem mittelalterlichen Merlin Ehre gemacht hätte, verließ ihr Haus und ging die paar Schritte zu ihrer Praxis.
Vor der Tür stand Frederick Ackermann mit einer Visitenkarte in der Hand. Verflixt, der verrückte Leichenbestatter. Ausgerechnet.
Er sah fürchterlich aus. Völlig fertig. Gwendolyn erschrak etwas bei seinem Anblick.
«Frau Madison, ich brauche Ihre Hilfe», sagte er kläglich, als er sie sah.
«Ähm.» Gwendolyn räusperte sich und dachte angestrengt nach. Sie machte keine Anstalten, die Tür zu öffnen, denn vor ihr stand schließlich der Mensch, der sie bei ihrer letzten Begegnung mit einem tödlichen Heiratsantrag bedroht hatte. Er war definitiv verrückt.
«Woher wissen Sie, wo ich wohne?»
Er hielt ihr eine von Bernadettes Visitenkarten hin. «Wieso steht da Hühner Voodoo ?»
«Wieso sind Sie hier?»
«Können wir reingehen?», bat er und deutete auf die geschlossene Tür.
Nein, das wollte sie nicht. Sie rührte sich nicht von der Stelle, sondern setzte eine geschäftliche Miene auf. «Worum geht es?»
«Ich werde nie wieder in meinem Leben einer Frau einen Heiratsantrag machen.»
«Schön, schön.»
«Können wir jetzt bitte reingehen?» Er stöhnte. «Ich muss mit jemandem reden. Außerdem schulde ich Ihnen noch Geld von der letzten Sitzung.»
Stimmt. Gwendolyn zögerte. Geld war ein Argument, das bei ihr stets auf fruchtbaren Boden fiel. Sie überwand ihre Bedenken, schloss die Tür auf und machte eine einladende Handbewegung.
Als Frederick in ihr Behandlungszimmer schlurfte, sah er sich verblüfft um.
«Aber das sieht ja genauso aus wie bei Frau Doktor Wittenfeld!»
«Es ist die übliche Praxisausstattung von Psychologen», erklärte Gwendolyn souverän. «Nehmen Sie auf der Couch Platz und entspannen Sie sich.»
Frederick saß da wie ein Häufchen Elend, ließ den Kopf hängen und blickte starr zu Boden.
Gwendolyn zögerte kurz, entschied sich aber dagegen, sich zu ihrem Patienten zu setzen, sondern nahm auf dem Stuhl hinter dem Schreibtisch Platz. Sie wollte Abstand zwischen sich und Frederick bringen. Eine Schutzbarriere sozusagen; so ganz traute sie ihm noch nicht. Frederick sah auf.
«Soll ich mich Ihnen gegenübersetzen?»
«Sehen Sie hier einen Stuhl?»
«Nein.»
«Also, dann ist das auch nicht vorgesehen.» Sie machte sich eine geistige Notiz, einen weiteren Stuhl zu bestellen.
Frederick zog unmutig die Augenbrauen zusammen, der Tonfall seiner Therapeutin ließ etwas zu wünschen übrig.
«Was kann ich für Sie tun?»
Er seufzte, stand auf und begann im Raum auf und ab zu laufen. Gwendolyn beobachtete ihn kritisch. Als er stehen blieb und sie schweigend ansah, legte sie ein professionelles Psychologenlächeln auf und nickte ihm aufmunternd zu.
Frederick hob die Arme und ließ sie wieder fallen. «Ich weiß mir keinen Rat mehr. Es ist wieder passiert. Nun schon zum dritten Mal.»
Obwohl sie die Antwort etwas fürchtete, fragte sie: «Was ist passiert?»
«Sandra.» Er kam auf den Schreibtisch zu, sah ihr in die Augen und sagte tonlos: «Sie ist gestorben. Als ich ihr einen Heiratsantrag gemacht habe.»
Er schwankte leicht und musste sich am Schreibtisch festhalten, um sich zu stabilisieren.
Gwendolyn hielt ihre Mimik unter Kontrolle, schluckte jedoch schwer. Erfand er diese Storys? Bildete er sich das ein? Oder entsprach es etwa der Wahrheit? Sie würde sich die Namen seiner Opfer geben lassen und es überprüfen. Opfer? Sie hielt die Luft an. Hatte sie es mit einem Serienmörder zu tun? Sie brauchte die Namen der
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