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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Fanggebiet, und noch immer hingen die Angelschnüre schlaff im Wasser. Sie zogen lediglich einen Haufen Tang hinter sich her, der von den schimpfenden Helfern immer wieder entfernt werden mußte.
    Halb eins. Nelson teilte leicht angefrorene Lunchpakete aus. Während des Essens erging sich Piet in ebenso langwierigen wie nichtssagenden Vermutungen, weshalb die Fische ausgerechnet heute nicht anbeißen wollten. Das Wetter war schuld, obwohl Tinchen keinen Unterschied zu dem Wetter von gestern und vorgestern feststellen konnte, die Strömung, die sonst immer ganz anders verlief, und natürlich das Kreuzfahrtschiff, das sie am Horizont hatten vorübergleiten sehen. Sehr überzeugend klang das alles nicht, und endlich hatte Anton die plausibelste Erklärung: »Bei die christliche Seefahrt von unsere Ahnen durfte nie ’ne Frau an Bord, weil det Unjlück bedeutete. Nu ham wa aba eene, also muß doch an die Jeschichte wat Wahret sein. Nach Sturm sieht det zwar nick aus«, er musterte fachmännisch den wolkenlosen Himmel, »also wer’n wa ooch nick absaufen, aba mit die Fische wird det jarantiert nischt. Die Biester ahnen wat!«
    »Und was soll ich Ihrer Meinung nach tun? Über Bord springen?« Tinchen war wütend.
    »Wär bestimmt keene schlechte Idee, denn so ’ne Köder kriejen die nich oft, da würden se anbeißen.« Wiehernd schlug sich Anton auf die Schenkel. »Aba vielleicht jenügt et schon, wenn Se mal ’ne Weile verschwinden. Ick weeß ja nich, wie jut Fische kieken können.«
    Tinchen stand auf. Nicht wegen Anton, aber das dumme Gerede des Berliners war der beste Vorwand, sich scheinbar beleidigt zurückziehen zu können, ohne den wahren Grund angeben zu müssen. Sie war nämlich ganz einfach müde. Hundemüde sogar. Die Sonne, das Geschaukel … und stundenlang auf das ewig gleiche flimmernde Meer sehen zu müssen war alles andere als aufmunternd.
    Bernie hatte seine Koje geräumt. Ob wegen der Sonne, die jetzt schräg durch das kleine Fenster fiel, oder wegen eventueller Gleichgewichtsstörungen blieb ungeklärt, jedenfalls lag er jetzt auf dem Fußboden und rollte im Takt des schlingernden Bootes von der rechten Seite auf die linke und wieder zurück. Vorsichtig stieg Tinchen über ihn hinweg. Alle paar Sekunden klirrte etwas. Sie bückte sich und entdeckte nach längerem Suchen eine leere Bierfläsche, die bei jedem Senken des Schiffs an einen Eisenpfeiler schlug. In hohem Bogen flog sie ins Wasser.
    »Noch nie was von Umweltverschmutzung gehört?« rief Tobias vorne.
    »Das war doch bloß eine Flaschenpost für die Fische. Ich hab ihnen die Adresse mitgeteilt, wo sie euch finden können. Hundertfünfzig Grad östliche Länge und zweiundsechzig Grad nördliche Breite. Oder so ähnlich.« Das klang doch nautisch, nicht wahr?
    »Dann wir sein jetzt in Nähe von Anchorage!« Piet verstand mehr Deutsch, als er zugeben wollte.
    Tinchen lachte. »Im Augenblick hätte ich gar nichts dagegen. Es ist so fürchterlich heiß hier drinnen.«
    Wenigstens lag die andere Koje noch im Schatten. Ihre zusammengeknüllte Baseballmütze als Kopfkissen benutzend, rollte sich Tinchen auf der schmalen Liege zusammen und war nach wenigen Minuten eingeschlafen. Sie bekam nichts mit von der Aufregung, die das ganze Schiff erfaßte, als ein plötzlicher Ruck an der vierten Angel Beute signalisierte. Diese Rute war Florian zugeteilt worden, und so setzte er sich erwartungsvoll in den verschraubten Deckstuhl: Nelson übernahm das Kommando. Er sollte Leine geben – noch mehr – jetzt langsam anziehen – etwas nachlassen – wieder ziehen, und so weiter. Florian fühlte sich zwar wie Hemingway und wäre auch theoretisch durchaus in der Lage gewesen, diesen Fisch aus dem Wasser zu ziehen, nur mit der Praxis haperte es ein bißchen. Darüber hinaus war er bekanntlich des Englischen nur sehr unzureichend mächtig, und so tat er meist genau das Gegenteil von dem, was Nelson gesagt hatte. Trotzdem dauerte es fast eine halbe Stunde, bis der Schwertfisch die Oberhand behalten und sich von der Leine losgerissen hatte.
    »Merde!« fluchte Nelson, und dann sagte er noch eine ganze Menge mehr, was Florian zum Glück nicht verstand und Piet zu einem energischen »Shut up, Nelson!« veranlaßte.
    Mit zunehmendem Ärger hatte Anton Florians Anstrengungen verfolgt. »Det nächstemal jehn Se lieba in ’n Forellenteich angeln. Dabei war det ’n Pfundskerl von Fisch, dreißig Kilo hatte der mindestens. Und sowat lassen Sie wieda loofen!« war

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