Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hueter der Daemmerung

Hueter der Daemmerung

Titel: Hueter der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. A. Weatherly
Vom Netzwerk:
abgefackelt. Ich habe gestohlen …« Er verstummte, seine Augen blickten bekümmert. »Das war eine miese Zeit«, schloss er.
    Und alles, was ich denken konnte, war … bevor er dort gelandet war, um sich zu bessern, war er lediglich ein Taschendieb gewesen.
    »Meinem Engel hat das ganz und gar nicht gefallen«, sagte Seb. »Vorher habe ich ihn nie wirklich in mir gespürt. Er war immer einfach ich. Da, wenn ich ihn brauchte, aber immer eins mit mir.«
    »Ja!«, platzte ich heraus. »Genauso war es bei mir zuerst auch.«
    Seb nickte. »Aber mein Engel sah, dass ich jung sterben würde, wenn ich so weitermachte. Also hat er immer …« Nachdenklich runzelte er die Stirn. Dann streckte er die Hand aus und tippte ein paarmal sanft gegen meinen Arm. »So, in mir drin, Tag und Nacht.«
    »Er hat dich angestupst«, sagte ich. »Ja. Ja, meiner auch!« Ich hatte mich kerzengerade hingesetzt. Die Luft im Raum schien elektrisch geladen. »Aber Seb, was hat das zu bedeuten? Heißt das, sie sind eigenständige Wesen? Dass sie und wir gar nicht ein und dasselbe sind?«
    Er schüttelte den Kopf, noch bevor ich geendet hatte. »Nein, sie sind wir. Definitiv. Ich glaube, es ist mehr wie … manchmal kommen einem doch gleichzeitig zwei Gedanken, weißt du, was ich meine? Du denkst vielleicht: Eigentlich sollte ich dies und jenes tun‹, aber gleichzeitig denkst du: ›Ich bin hungrig‹ oder ›Ich mag diesen Menschen nicht‹ – ganz tief in dir drin, aber beides zur gleichen Zeit, verstehst du, worauf ich hinauswill?«
    Ich verstand ihn haargenau. »Also haben unsere Engel manchmal eigene Gedanken? Oder sie sind mit irgendetwas nicht einverstanden, aber trotzdem sind sie immer noch ein Teil von uns – in etwa so, als wäre man mit sich nicht ganz im Reinen?«
    »Ja, ich glaube schon«, sagte Seb. »So ist es zumindest für mich.« Er hatte die Arme locker um sein angezogenes Knie geschlungen.
    Ich erzählte ihm, wie mein Engel sich während des Schießtrainings von mir losgerissen hatte, und er sah aus, als müsste er sich anstrengen, um nicht laut loszuprusten – auf freundliche Art und Weise allerdings, sodass meine Anspannung nachließ. »Ich glaube, dein Engel will dich wirklich richtig dringend auf sich aufmerksam machen«, sagte er mild. »Was will sie von dir?«
    Ich versuchte nachzudenken. »Ich weiß es nicht. Es hat angefangen, als ich vor ein paar Wochen diese … na ja, Energiewelle gespürt habe.« Ich erzählte Seb, was passiert war – von dem Fluss, der durch mich hindurchgerauscht und dann wieder versiegt war. Und dass ich nichts gefunden hatte, als ich mich auf die Suche gemacht hatte. Es war eine solche Erleichterung, endlich mit jemandem darüber reden zu können, dass sich meine Worte förmlich überschlugen.
    Seb hörte aufmerksam zu. »Ich habe keinen Schimmer, was das war«, sagte er, als ich fertig war. »So etwas habe ich noch nie erlebt.«
    »Oh.« Ich blickte auf das gelbe Sofakissen hinunter. Die Enttäuschung war schwer zu ertragen. Ich hatte gehofft, dass er sagen würde: Ach, das. Ja, das passiert andauernd.
    »Aber, querida …«, grinsend verbesserte er sich, »… Willow. Was auch immer das war, dein Engel hat darüber offensichtlich andere Ansichten als du. Du musst nur auf sie hören, weiter nichts.«
    Ich seufzte auf. »Ich hatte in letzter Zeit das Gefühl, als hätte sie sich von mir getrennt«, vertraute ich ihm an. »Sie hat mir Angst eingejagt. Ich habe gedacht … ich weiß nicht, was ich gedacht habe. Wahrscheinlich, dass diese Sache, was auch immer es war, irgendwas … in ihr ausgelöst hat und dass ich ihr deshalb nicht mehr trauen kann.«
    Ich konnte sehen, dass es Seb noch nie in den Sinn gekommen war, seinem Engel nicht zu vertrauen. »Sie ist ein Teil von dir«, sagte er einfach. »Sie würde nie etwas tun, was dir schaden könnte. Sie kann sich eigenständig anfühlen und ab und zu ein wenig herumquengeln, wenn du nicht auf sie hörst – aber dich verletzen? Nein, niemals.«
    Er stellte es so dar, als sei mein Engel lediglich eine Art Intuition oder Gewissen oder so etwas – was im Grunde genommen wesentlich mehr Sinn ergab, als die abstrusen Ideen, mit denen ich mich verrückt gemacht hatte. Die Erleichterung war so überwältigend, dass ich beinahe weiche Knie bekam – allerdings hatte ich noch immer keine Ahnung, was mein Engel eigentlich von mir wollte. Schuldbewusst erkannte ich plötzlich, dass ich ihr wenig Gelegenheit gegeben hatte, es mir zu erklären. Noch in

Weitere Kostenlose Bücher