Hueter der Daemmerung
überleben.«
Sowie das Gespräch beendet war, holte Raziel seinen Laptop aus seiner Aktentasche. Mit einem leisen Knopfdruck schaltete er ihn ein und öffnete die Dateien der Operation Angel, der geheimen Abteilung der CIA, die die Engelkiller finanziert und überwacht hatte. Es war ihm schon vor Monaten gelungen, sie unter seine Kontrolle zu bringen. Die Agenten litten mittlerweile alle am Angelburn-Syndrom, oder waren getötet worden.
Alle, bis auf einen.
Ein paar Bewegungen auf dem Touchpad und schon erschien ein Foto auf dem Bildschirm: eine Porträtaufnahme aus dem Lebenslauf einer hoch motiviert aussehenden jungen Frau mit schulterlangen braunen Haaren. Sophie Kinney – eine Junioragentin, die aufgrund der Engelinvasion in ihrem Department schnell Karriere gemacht hatte. Sie und der Verräter Nate hatten sich gerade noch rechtzeitig absetzen können und waren knapp mit dem Leben davongekommen. Von seinen Erkundungsstreifzügen durch Willows Gedanken wusste Raziel über Sophies Rolle am Tag, als die Zweite Welle eingetroffen war, Bescheid. Sie und Nate hatten Willow mit dem Hubschrauber zur Kathedrale gebracht. Nate war geblieben, um Willow bei ihrem Angriff auf die Pforte beizustehen – und war getötet worden, wie sich herausstellte. Der Gedanke daran erfüllte Raziel mit Genugtuung. Derweil hatte Sophie sich in Sicherheit gebracht. Kluges Mädchen.
Aber der Wachmann am Hintereingang der Kathedrale hatte sie gesehen. Derselbe Wachmann, den sie hinterher ausfindig gemacht hatte, um ihn, getarnt durch eine Verkleidung, zu befragen. Es war ein Versuch herauszufinden, wohin Kylar verschwunden war – denn soweit sie wusste, war er der letzte Engelkiller auf der ganzen weiten Welt. In seiner Antwort auf dessen besorgte Mail hatte Raziel den Wachmann für seine Ergebenheit gegenüber den Engeln gelobt und ihn gebeten, seine Begegnung mit Sophie vertraulich zu behandeln.
Senden Sie mir einfach die Kontaktdaten, die sie Ihnen gegeben hat, und die Engel werden sich um die Angelegenheit kümmern, hatte er geendet. Und genau das hatte er getan. Seine Mail an Sophie war, seiner Meinung nach, ein wahres Meisterstück gewesen.
Wie ich gehört habe, sind Sie auf der Suche nach Alex Kylar. Ich war ein Freund Ihres früheren Kollegen Nathaniel und verfolge dieselben Ziele wie er. Einige von uns leben in Mexico City, wo, wie Ihnen vielleicht nicht bekannt ist, in letzter Zeit zahlreiche Engel getötet worden sind. Wir glauben, dass Alex Kylar hier ist und dass er eine neue Truppe von Engeljägern aufgebaut hat. Weitere Einzelheiten kann ich per Mail leider nicht preisgeben. Aber wir halten es für dringend geboten, dass Sie, unsere Gruppe und seine sich zusammenschließen, um die Bedrohung, der sich diese Welt gegenübersieht, zu bekämpfen.
Wie erwartet hatte Sophie sich mit einer Antwort Zeit gelassen. Als er sich vorstellte, wie sie. hektisch versucht hatte, auf eigene Faust so viel wie möglich in Erfahrung zu bringen, bevor sie endlich vorsichtig zurückschrieb, lächelte er. Aber schließlich hatte sie angebissen und geschickt hatte er die Angel eingeholt. Jetzt war sie unten in Mexico City, stand mit Charmeine, der freundlichen Abtrünnigen, in Verbindung und war ohne Zweifel sehr, sehr aufgeregt darüber, dass sie und Kylar dabei waren, die Welt von der Engelsplage zu befreien. Lächelnd betrachtete er noch einmal Sophies Foto . Nichts zu danken, dachte er. Wirklich nicht. Ich helfe Ihnen nur zu gerne, ihn zu finden.
Denn Kylar kannte Sophie. Er mochte sie vielleicht nicht, aber er kannte sie. Informationen, die von ihr kamen, würde er vertrauen. Und das, dachte Raziel, als er seinen Laptop zuklappte, war die einzige Möglichkeit, Kylar mit seinen eigenen Waffen zu schlagen.
Seb konnte nicht glauben, dass Willows Freund wirklich so dämlich war.
Als das Team mit der Metro zum Zócalo fuhr, stand er neben Willow. Dutzende von Engelsflügeln umringten sie. Sie wirkten zerdrückt und zerrupft von dem Gedränge rundherum. Das Team war über den gesamten Waggon verstreut. Alex stand mit Kara und Wesley eine halbe Wagenlänge weit entfernt. Willow und er hatten, nachdem sie am Tag zuvor offiziell Schluss gemacht hatten, kaum ein Wort miteinander gewechselt. Und wenn es sich nicht hatte vermeiden lassen, waren sie kühl und sachlich miteinander umgegangen. Jetzt stand Willow stumm da, während der Zug sie alle zügig in Richtung Kathedrale transportierte. Ihr Gesicht war ausdruckslos. Der Kristallanhänger, den
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