Hüter der Flamme 01 - Die Welt des Meisters
durch Aeryk hindurch, außen an der Wüste vorbei nach Bremon.
Und dann das Tor. Und keine Verantwortung mehr für die übrigen. Keine Sorgen mehr, ob sie sich umbringen ließen.
Er seufzte.
Hakim nickte verständnisvoll. »Du hast es nicht leicht, mein Freund, stimmt's?«
»Das ist nicht übertrieben.«
Kapitel zwölf
Die Wüste von Elrood
Ein Haufen zerbrochener Bilder, wo die Sonne brennt Und der tote Baum keinen Schatten gibt und die Zikade keinen Trost.
Und der trockene Stein kein Wasser. Nur u nter diesem roten Felsen ist Schatten
(Komm in den Schatten dieses roten Felsens) Dann zeig ich dir etwas, das anders ist als
Der Schatten, der dir am Morgen folgt, auch anders Als der Schatten, der sich dir abends erwartend entgegenstreckt.
Ich werde dir Angst zeigen in einer Handvoll Staub.
T. S. Eliot
Ahira ließ am späten Vormittag anhalten und kletterte mühsam aus dem Sattel, der vorn und hinten geschwungen war. Dann ließen sie die Pferde und sein Pony im Schatten einer ausladenden Ulme frei laufen. Er hockte sich auf den Boden und rieb sich die schmerzenden Schenkel. Wenn ich je im Leben den Kerl in die Finger bekomme, der das Pferd erfunden hat, brauche ich nur fünf Minuten, das ist alles. Nur fünf Minuten möchte ich ihn haben.
»Ahira?« rief Hakim vom Kutschersitz des flachen Kastenwagens herüber. »Soll ich die Biester auch losmachen?« Er deutete mit dem Daumen auf die beiden dürren Mulis, die vor den Wagen gespannt waren.
Ahira schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe keine Lust, sie jeden Morgen wieder ins Geschirr zu prügeln. Zieh die Wagenbremsen an, binde ihnen die Vorderbeine zusammen und nimm ihnen das Zaumzeug ab – dann kannst du sie füttern und tränken.«
Aristobulus kletterte aus dem Sattel seiner grauen Stute und schüttelte den Kopf. »Du hättest nicht so viel Probleme mit ihnen, wenn wir ordentliches Geschirr für sie hätten. Diese blöden Riemen erwürgen sie halb … «
»Schon gut!« Ahira gebot dem Magier Schweigen. Zugegeben, die Riemengeschirre, die sie in Pandathaway gekauft hatten, waren nicht einmal halb so gut wie die mittelalterlichen Kummets. Selbst unter Aris Anleitung – oder besser gesagt, unter Lou Riccettis Anleitung – war das Basteln eines funktionierenden Geschirrs und Zaumzeugs keine Großtat des Ingenieurswesens; aber …
Aber muß ich mir sein dauerndes Gejammer darüber anhören? »Nein«, sagte er. »Wir lassen die Mulis nicht frei laufen. Sie rennen sonst wieder weg, und wir wollen nicht die Zeit vergeuden, hinter ihnen herzulaufen.« Vielleicht kam Hakim mit den schnaubenden Biestern gut zurecht – Ahira lachte kurz. Sogar Mulis kamen gut mit ihm aus – , aber es war nicht sinnvoll, das Risiko einzugehen.
Nicht, wenn man nicht mußte. Da war zum Beispiel die Karawane hinter ihnen. In den zwanzig Tagen, die sie gebraucht hatten, um von Pandathaway nach Aeryk zu kommen, wo sie übernachtet und außerdem ihre Ausrüstung vervollständigt sowie sich mit Essen und Wasser versorgt hatten, und auch in der Woche danach war die Karawane nicht weiter als ein paar Tagesreisen hinter ihnen gewesen. Ahira konnte sehen, wie sie sich bewegte, sogar nachts.
Es konnten ganz vernünftigte Leute sein, durchaus möglich, daß es für beide Teile vorteilhaft wäre, wenn sie zusammen reisten, solange sie in dieselbe Richtung zogen. Aber …
Ahira seufzte und setzte sich auf eine knorrige Wurzel. Er lehnte den Rücken gegen die Borke des Baumstamms. – Aber das war nur eine Möglichkeit. Es war besser, kein Risiko einzugehen, besser, auf Distanz zu bleiben.
Andrea kam herüber und streckte sich neben ihm im knöchelhohen Gras aus. »Schön ist's.« Sie löste einen Wasserschlauch, nahm einen Schluck und bot ihn Ahira an. »Ich nehme an, daß es von hier an nicht mehr so leicht sein wird.«
Er nahm einen kleinen Schluck und schob den Korken wieder hinein. »Danke.« Dann deutete er auf den langen Abhang vor ihnen. In einer Entfernung von etwas über zehn Meilen machte das üppige Grasland der Wüste Platz, die Trennlinie zwischen der wasserreichen Grünfläche und der braunen, sonnenverbrannten Erde war so scharf, als wäre sie mit einem Messer geschnitten. Warum hatte sich die Wüste nicht einen Teil des Graslands einverleibt oder umgekehrt? Oder hatte sie es getan – nein, das konnte nicht sein. Die Grenze zwischen Wüste und Gras verlief in einer Kurve, die künstlich sein mußte, nicht natürlich. Vielleicht hing es mit den Folgen aus
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