Hüter der Flamme 02 - Das Schwert des Befreiers
alles völlig friedlich aus, Baron«, sagte Karl. »Wenn Ihr mir diesen Widerspruch vergebt.«
»Wenn ich den Widerspruch nicht vergeben würde, würden dann die Dinge weniger friedlich aussehen?« fragte Furnael lächelnd. »Genug mit diesen Förmlichkeiten! Wenn ich dich Karl nennen darf, wäre es mir eine Ehre, wenn du mich Zherr nennen würdest — wenn wir allein sind, natürlich.« Als Karl nickte, lächelte Furnael, spitzte die Lippen und schüttelte den Kopf. »Es stimmt schon, das Äußere kann täuschen. Kennst du die Mittelländer gut?«
»Überhaupt nicht.«
»Mit Ausnahme einiger Probleme mit Therranj ist es fast mein ganzes Leben hier friedlich gewesen. Und wenn die Therranjer nicht sehr viel offensiver werden, bedrohen sie Nyphien nicht, ganz zu schweigen von Bieme.
Es ist seit langer Zeit Frieden hier, zumindest während der gesamten Regierung seiner Hoheit. Sein und mein Vater regelten die Grenzstreitigkeiten mit Nyphien im Westen. Unsere Großväter bekämpften Holtun. Die meisten Soldaten Seiner Hoheit haben sich als Bauern niedergelassen. Im ganzen Land dürfte es schwierig sein, auch nur zwanzig Männer zu finden, die im Kampf ihr Blut vergossen haben. Das Vorzeigen eines glänzenden, scharfen Schwertes am Geburtstag oder Mittsommertag macht noch keinen Krieger aus einem Mann.«
Furnael deutete mit der Hand in Richtung Bergfried. »Ich habe vierzig Bewaffnete. Nur Hivar stammt aus Bieme — sein Vater diente meinem Vater, ebenso wie sein Großvater. Die anderen sind ursprünglich ausländische Söldner, jetzt aber eingebürgert. Ich dachte, wir könnten während meines Lebens fett und glücklich sein und während der meiner Söhne auch. Das habe ich gedacht und noch habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben.«
»Aber jetzt seid Ihr davon nicht mehr überzeugt?« Karl schüttelte den Kopf. »Man sieht doch aber gar nichts, Baron.«
»Zherr.«
»Man sieht doch nichts, Zherr. Ich habe keinerlei Anzeichen für Krieg oder Entbehrung in Bieme gesehen.«
»Ahh, für dich stehen Krieg und Entbehrung in Zusammenhang?«
»Natürlich, Zherr. Krieg ist der Grund für Entbehrung und Armut.«
»Stimmt. Aber es kann auch andersherum laufen.« Furnael spitzte die Lippen. »Auch im Reichtum liegt Gefahr, selbst wenn es nur genug Reichtum ist, daß die Leute gut essen und sich ordentlich kleiden können und vielleicht noch ein bißchen übrig haben, um einen Kleriker zu bezahlen. Was ist, wenn dein Nachbar nicht so reich ist?
Der Grenzkrieg mit Nyphien fing an, weil das westliche Nyphien und ein Teil von Khar zwei Jahre lang vom Meltau heimgesucht wurden. Im ersten Jahr bezahlten sie die Spinnensekte, um die Krankheit zu vertreiben. Aber sie retteten kaum die Hälfte von ihrem Mais, weniger vom Weizen und überhaupt keinen Hafer oder Gerste. Im zweiten Jahr war kein Geld mehr da für die Spinnen. Da versuchten die Nyphs ihre Grenzen nach Westen zu verlegen, nach Bieme hinein.
»Zur Zeit der dritten Ernte war der Krieg voll im Gang.« Der Baron schüttelte den Kopf. »Ich habe davon erzählen hören. Kein schöner Krieg. Gar kein schöner Krieg.«
»Und das geschieht jetzt alles wieder?«
»Nein, nicht genauso. Moment, einen Augenblick.« Furnael hielt seine Stute an, um einen faustgroßen Stein vom Weg aufzuheben und daneben zu legen. Dann stieg er wieder auf. »Eine andere Richtung, ein anderes Problem. Weniger als ein Tagesritt nach Westen enden sowohl die Baronie Furnael wie auch das Fürstentum von Bieme. Dort fängt dann Holtun und die Baronie meines guten Freundes Vertum Adahan an. Vertum Adahan ist ein guter Freund, auch wenn ich noch niemals seine Türschwelle überschritten habe oder er die meine.«
»Warum?«
Der Baron schüttelte traurig den Kopf. »Zwischen unseren Familien gab es eine Blutsfehde. Je nachdem, welcher Seite man glauben will, wurde meine Urgroßmutter entweder ihrem Gatten Baron Adahan gestohlen oder sie hat ihn freiwillig verlassen. Der Baron nahm wieder eine Frau; aber die Männer Adahans überfielen Furnael während der restlichen Zeit, in der mein Urgroßvater herrschte, bis in die Zeit meines Großvaters hinein.«
»Welcher Seite glaubst du?«
Furnael lächelte zynisch. »Ich bin schließlich ein gehorsamer Urenkel! Natürlich verließ meine Urgroßmutter freiwillig ihren Gemahl, um zu meinem lüsternen Urgroßvater zu eilen. Sie bestand sogar darauf, ein Zimmer zu bekommen, das nur von außen geöffnet werden konnte, um ihm zu zeigen, daß sie nicht zu Adahan
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