Hüter der Flamme 02 - Das Schwert des Befreiers
Karl Cullinane.« Er strich über ihren Widerrist, klopfte ihr den Bauch und die Flanken und das linke Fesselgelenk.
Die ganze Zeit über stand Karotte stolz da, den Kopf ein bißchen höher als sonst, mit geblähten Nüstern, als würde sie Bren herausfordern, irgendeinen Makel an ihr zu finden.
»Sie ist aus Pandathaway-Zucht, nicht wahr? Wie heißt sie?«
»Da habe ich sie gekauft. Sie heißt Karotte«, sagte Karl. »Ich nehme an, du magst Pferde?«
»O sehr!« Bren war ein blonder Junge, etwa im gleichen Alter wie Rahff, mit breitem, offenem Lächeln. »Mein Vater hat einen Hengst, den würde ich gern für sie als Deckhengst sehen. Hat sie schon gefohlt?«
»Nein. Dazu hatte sie keine Zeit.« Wie ein Meuchelmörder in der Nacht überfiel Karl die Sehnsucht nach Andy-Andy. Mein Gott, wie fehlst du mir! Es war hart, sich vorzustellen wie sie schwanger aussah, ihr gerundeter Bauch und zu wissen, daß er sie monatelang nicht sehen, nicht berühren würde — bestenfalls.
In Gedanken konnte er sie direkt vor sich stehen sehen, die Hände in die Hüften gestemmt, den Kopf schiefgelegt, das leichte Lächeln um die Mundwinkel. Na und? Wer hat dir weisgemacht, daß das Heldengeschäft leicht sein würde?
Bren fuhr fort: »Wenn wir später etwas Zeit haben sollten, würdet Ihr dann auf einen Rat hören? Ich glaube, wenn man Karotte mit einem Katharhd-Pony deckt, würde dabei ...«
»Deine Manieren, Bren!« Furnael schüttelte den Kopf; aber sein warmes Lächeln strafte den strengen Ton Lügen. »Du zwingst meinen Gast und mich hier draußen im kalten Wind zu stehen.« Er zitterte heftig, obwohl die Brise von Norden nur eine willkommene Erfrischung bot. »Würdest du die Pferde absatteln und versorgen und dann zu uns hineinkommen?«
Er wandte sich an Karl. »Darf ich? Bitte?«
»Aber sicher. Du brauchst sie nicht anzubinden. Solange sie weiß, daß ich da drinnen bin, läuft sie nicht weg.«
»Aber natürlich«, sagte Bren tadelnd. Ihm mußte man doch etwas so Offensichtliches nicht erklären.
Furnael führte Karl in die Hütte. Sie war klein, aber in gutem Zustand. Der Steinboden war sauber, die Ritzen zwischen den Wandbrettern mit frischem Lehm ausgestrichen. Kein Zug störte das Feuer im Steinkamin. Über den Flammen hing ein eiserner Kessel, in dem die Suppe brodelte.
Furnael gürtete sein Schwert ab und hing es an einen Holzpflock. Dann zog er einen Stuhl an den Holztisch und bat Karl und die anderen, sich zu ihm zu setzen. Es waren nur noch drei weitere Stühle. Karl, Rahff und Thomen saßen, Beralyn stand mit ärgerlicher Miene neben ihrem Mann.
Furnael lachte. »Du mußt meine Frau entschuldigen. Sie billigt das hier nicht.«
»Warum sollte ich auch?« fuhr Beralyn ihn an. »Es ist doch reiner Blödsinn, mein geliebter Gatte«, fügte sie hinzu. Ihre Stimme triefte vor Sarkasmus.
Der Baron legte den Arm um sie und tätschelte sie auf die Hüfte. »Du vergibst mir schon, wie immer.«
»Bis zur nächsten Ernte.«
Rahff verzog das Gesicht. Furnael entging seine Grimasse nicht. »Laß das. Vor allem vor unserem Gast. Du wirst dich anständig benehmen, mein Junge.« Er wandte sieh entschuldigend an Karl. »Das ist eine alte Familientradition. Vor jeder Ernte verbringen die Söhne des Barons drei Zehntage in den Sklavenunterkünften, arbeiten auf den Feldern genauso hart wie die Sklaven ...«
»Härter, Vater«, meldete sich der kleine Thomen. »Rahff sagt, wir müssen beweisen, daß wir besser sind.«
»... essen die gleichen Speisen und tragen die gleichen Sachen wie die Feldsklaven. Das gibt ein Gefühl für die Proportion. Vertum hält es für so gut, daß er Bren herübergeschickt hat, damit er es mit unseren Söhnen kennenlernt. Ich glaube, es tut Bren sehr gut.«
»Blödsinn!« sagte Beralyn. »Du müßtest deine Söhne hören. Wenn Rahff Baron ist, wird er seinen Söhnen das hier ersparen.«
Furnael lachte kurz. »Genau das habe ich gesagt, als ich in seinem Alter war. Karl, du kannst dir gern später alles ansehen. Du wirst sehen, daß diese Hütte nicht besser ist als die anderen. Wir behandeln unsere Lehensleute und Sklaven gut.«
»Diese Hütte ist schlimmer«, widersprach Beralyn. »Du hast deine Männer heruntergeschickt, damit sie den Lehm aus den Ritzen kratzen. Wieder!«
»Und das werde ich jedesmal tun, wenn du für die Jungs die Wände verlehmst. Ich habe toleriert, daß du bei ihnen wohnst und für sie kochst. Strapaziere meine Geduld nicht weiter.«
Er schüttelte den Kopf.
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