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Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Titel: Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg S. Gustmann
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vorstellen, dass sie bis an ihr Lebensende an nichts anderes denken können, als an das ihnen widerfahrene Unrecht. Davon bin ich überzeugt. Wie kann es möglich sein, ein normales Leben zu führen, wenn du in der Hand dieser Bestien gefangen gehalten wurdest, mit angesehen hast, wie deine Familie verprügelt, vergewaltigt, erschossen oder vergast worden ist und du vielleicht als einziger überlebt hast? Wie willst du da je wieder Frieden mit Gott finden?«
    »Ich schätzte die Überlebenden sind nicht die Einzigen, die verbittert sind. Was ich da von dir so höre …«
    »Kann schon sein. Jedenfalls bin ich mit dem Thema Glaube fertig. Das mit dem angeblich liebenden Gott muss ich an einem anderen Tag regeln.« Huber stand von seinem unbequemen Koffer auf. »Weißt du, es gehört gar nicht zu unserem Fall, höchstens indirekt. Aber es reizt mich wirklich, diesen Montesi aufzutreiben. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es wichtig sein könnte, mit ihm zu sprechen.«
    Raphaela bekam einen glasigen Blick und sie betrachtete einen Punkt in der Ferne.»Das Gefühl habe ich auch. Ich bin sehr neugierig auf ihn.«
    »Dich interessiert doch vor allen Dingen, was er mit der Lanze zu tun hat, oder?«
    Sie nahmen ihre Koffer, verließen die Piazza und bewegten sich in Richtung Via Giustiani. Sie antwortete ihm nicht auf seine Frage, doch Huber wusste, dass er recht hatte. Sie war vernarrt in dieses Ding, auch wenn sie sich große Mühe gab, Huber das nicht spüren zu lassen. War es möglich, dass sie ihn nur ausnutzte, um an die Lanze heranzukommen? Im Augenblick jedenfalls, war er froh, dass er sie bei sich hatte. Mehr als er sich eingestehen wollte.
     
    In der darauffolgenden halben Stunde schlenderten die beiden über die Piazza di Petra, und Huber war erstaunt, dass Raphaela keinerlei touristische Hintergrundinformationen lieferte. Sie schwieg und ging auf der Via Muratte voran. Hubers Füße schmerzten, und er fragte sich, wann sie ihr Ziel erreicht haben würden.
    Kurze Zeit später erwachte Raphaela zum Leben. »Dort drüben ist die Piazza di Trevi. Hier werden wir übernachten.«
    Huber blickte sich um und vergaß seine brennenden Füße. Die junge Frau stellte ihren Koffer ab und referierte wieder, als habe es an diesem Tag keinerlei bedrückende oder ernste Gespräche gegeben. Sie behandelte ihn wie einen Touristen, dem sie Rom für ein kleines Taschengeld näher bringen wollte.
    »›Tre vi‹ bedeutet ›drei Straßen‹, genauer gesagt befinden wir uns an der Kreuzung von drei Straßen.«
    »Nicht sehr einfallsreich«, meinte Huber. Raphaela ignorierte diese Bemerkung.
    Sie traten auf den großen Platz und gingen direkt auf einen gigantischen Brunnen zu. »Das ist der berühmte Trevibrunnen. Er ist im Barockstil nach einem Projekt von Nicolo Salvi gebaut. In der Mitte sieht man Neptun in einer von zwei Tritonen gezogenen Muschel. Hier wurde der Film ›La Dolce Vita‹ von Frederico Felini gedreht.«
    Huber ging ein paar Schritte und betrachtete das Meisterwerk, das Jahr für Jahr unzählige Touristen anlockte.
    »Übrigens. Hast du mal eine Münze?«
    Huber nickte irritiert und kramte in seiner Tasche herum. Er zog einen Euro hervor.
    »Wirf ihn hinein!«
    Er betrachtete die Münze in seiner Hand. »Wozu soll das gut sein?«
    »Wenn du eine Münze hineinwirfst, bedeutet das, dass du nach Rom zurückkommen wirst. Halt stopp. Nicht einfach so.« Huber hielt inne. Er konnte noch im letzten Moment die Münze in der Hand zurückhalten. »Du musst sie mit der rechten Hand rückwärts über die linke Schulter werfen.« Huber zog sein Gesicht zu einer verächtlichen Miene, folgte aber ihrer Aufforderung. »Außerdem kommt das Ganze einem guten Zweck zu. Auf diese Weise landen im Brunnen jährlich 100 Millionen Euro, die die Caritas bekommt.«
    Nach dieser Bemerkung wünschte sich Huber, kein Geld in den Brunnen geworfen zu haben.
    »Dort oben werden wir wohnen.« Raphaela zeigte auf eine Reihe von Fenstern, von denen man einen herrlichen Blick auf den Platz haben würde. »Wenn es dunkel wird, strahlen sie den Brunnen an, und wir können von unseren Zimmern aus direkt auf die leuchtende Schönheit sehen. Ich habe vorhin mit dem Portier gesprochen, und er hat mir zwei Einzelzimmer zugesagt. Komm, lass uns reingehen.«
    Sie betraten die Eingangshalle des Hotels Fontana. Huber schluckte, es wirkte nicht gerade wie eine einfache Pension, deren Rechnung sein Chef ohne Wutausbruch billigen würde. Raphaela legte ihr

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