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Hueter Der Macht

Hueter Der Macht

Titel: Hueter Der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
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stärker. Du hättest deiner Lust nachgeben können, doch du hast es nicht getan. Schelte dich nicht dafür, dass du in Versuchung geführt wurdest, sondern freue dich, dass du widerstanden hast. Du bist einer der unseren, Thomas.
    »Heiliger Michael«, flüsterte Thomas, überwältigt von den versöhnlichen Worten des Erzengels. »Du bist so gut zu mir.«
    Du gehörst zu den Auserwählten, Thomas.
    »O Heiliger, ich bin auf einen Namen gestoßen, der…«
    Du hast den Namen desjenigen gefunden, dem du in Leib und Geist nachfolgen sollst.
    »Wynkyn de Worde.«
    Ja. Er hat Gott und Seinen Engeln gedient, bis das Übel der Pest ihn hinweggerafft hat, ehe er seine Aufgabe vollenden konnte.
    »Und ich soll seine Arbeit fortführen?«
    Du bist sein Nachfolger, und du wirst noch viel ruhmreicher sein als er.
    Thomas ging vor Freude das Herz auf. »Was muss ich tun?«
    Bringe so viel wie möglich über ihn in Erfahrung. Finde heraus, was seine Aufgabe war und führe sie dann fort. Folge deinen Eingebungen, denn durch sie sprechen die Engel zu dir.
    »Kannst du mir nicht meinen Weg weisen, o Heiliger?«
    Der Zorn des Erzengels wallte zu Thomas herüber.
    »Verzeih mir! Ich wollte nicht…«
    Wissen allein kann es nicht mit Erfahrung aufnehmen. Wynkyn de Worde ist gestorben, bevor sein Nachfolger in seine Fußstapfen treten konnte. So musste der Nachfolger, du, erst noch geschaffen werden und muss nun ohne ihn seine Erfahrungen sammeln.
    »Ich werde es tun, heiliger Michael. Ich werde ihm folgen.«
    Du musst dich beeilen, Thomas. Wynkyn de Wordes Tod kam zu früh. Dreißig Jahre haben die Diener Satans unter Gottes Volk Unheil gestiftet. Jetzt ist es fast schon zu spät, um den letzten Höllensturm zu verhindern.
    »Allerdings stehe ich in den Diensten dieses Klosters und weiß nicht, ob…«
    Der Erzengel stieß ein furchterregendes Brüllen aus, und Thomas wich erschrocken zurück.
    Du arbeitest im Namen Gottes! Seine Kirche ist zu einem Krüppel geworden und seiner nicht mehr würdig! Höre nur auf Sein Wort, Thomas, nicht auf das weltliche Geschwätz von Geistlichen!
    »Heiliger Michael…«
    Du bist Gottes Auserwählter, Thomas. Du musst nur tun, was deine Aufgabe von dir verlangt. Du hast Prior Bertrand schon einmal gestattet, dich von Gottes Weg abzubringen. Lass es nicht noch einmal geschehen.
    Thomas wollte etwas erwidern, Fragen stiegen in ihm auf, doch der Erzengel war verschwunden, und der Mönch war wieder allein in dem Gang.
    Er senkte den Kopf über die gefalteten Hände, von seinen Gefühlen völlig überwältigt. Er hatte sich so lange einsam gefühlt, so schwach und sündig, voller Schuld und Reue Alices wegen und all der anderen Missetaten seiner gedankenlosen Jugend, dass er schon geglaubt hatte, sein Leben sei sinnlos. Schlimmer noch, dass es eine Verschwendung gewesen war und sei.
    Er war ein Mann der Kirche geworden, um Erlösung zu finden und für seine Sünden Buße zu tun, aber auch, weil er verzweifelt nach einem Sinn in seinem Leben gesucht hatte. Doch er hatte geglaubt, selbst darin versagt zu haben. Eine Kirche, die so von ihrem Weg abgekommen war, dass die Päpste jahrelang zum Spielzeug der französischen Könige verkamen, war in seinen Augen sinnlos geworden.
    Doch nun hatte der Erzengel ihn auserwählt und wollte ihn zu einem Streiter Gottes machen! Thomas hatte plötzlich nicht nur das Gefühl, sein Leben habe wieder einen Sinn, sondern auch, dass er selbst zählte. Er war wichtig. Er konnte etwas erreichen.
    Und sich von seinen Sünden reinwaschen.
    Er war schwach, aber er konnte stark werden. Thomas erinnerte sich an die Worte des Heiligen und vertraute ihm.
    Zum ersten Mal nach langen Jahren hatte Thomas das Gefühl, einen wahren Freund gefunden zu haben, jemanden, der so sehr an ihn glaubte, dass er ihn mit einem Auftrag betraute, der nicht nur Gott betraf, sondern die ganze Menschheit.
    Schließlich fand Thomas zu einem Glauben an sich selbst zurück.
    Er holte tief Luft und beruhigte sich. Er zweifelte nicht mehr länger an sich!
    Die Tür ging auf und Schritte waren zu hören. »Bruder Thomas?«
    Prior Bertrand.
    Thomas ließ die Hände sinken, erhob sich von den Knien und wandte sich dem Prior zu.
    Wie bei den anderen Malen, als Thomas Bertrands Zelle besucht hatte, bedeutete dieser ihm, auf dem Schemel Platz zu nehmen. Der Prior stand vor ihm und hatte die Hände tief in den Ärmeln verborgen.
    »Nun, Thomas, wisst Ihr jetzt, was Demut heißt?«
    Thomas, der mit im Schoß gefalteten

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