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Hueter Der Macht

Hueter Der Macht

Titel: Hueter Der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
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und ließ ihn auf einem Felsbrocken sitzend zurück, während der Führer in seinem Bündel nach den Salben suchte.
    Thomas sah Marcel zu seinen Gefährten hinübergehen, sich zu Marcoaldi hinunterbeugen, der fest in Decken gehüllt auf dem Boden lag, und mit ihm sprechen. Sie tauschten ein paar Worte aus, und dann sah Thomas, wie Marcel Marcoaldi wütend anschrie. Er runzelte die Stirn und fragte sich, was der Bankier getan haben mochte, um Marcels Zorn zu erregen, während der Führer seinen Ärmel hochzog, um seine Hautabschürfungen und Blutergüsse zu begutachten.
    Der Mann lachte, leckte sich mit der Zunge über die wulstigen Lippen und sah Thomas verschmitzt an. »Ich hoffe, sie war die Anstrengung wert«, sagte er und machte mit einer Hand eine obszöne Geste, »und dass Ihr sie so rangenommen habt, dass sie drei Tage nicht mehr laufen kann.«
    Er brüllte vor Lachen, und Thomas entriss ihm wütend seinen Arm und ging davon.
    Bauerntölpel!
     
     
    Während der gesamten albtraumhaften Reise über den letzten Teil des Passes blieb Marcel dicht in Thomas’ Nähe. Der Pfad wurde weder schmaler noch steiler, doch die Wasserfälle, die an vielen Stellen die Felswand hinabströmten, hatten ihn gefährlicher gemacht, sodass die Führer darauf bestanden, dass die Reisenden sich mit Stricken aneinanderbanden. Diese Vorsichtsmaßnahme rettete Thomas dreimal das Leben.
    Einmal stürzte er so schwer, dass er über den Rand des Pfades glitt und Marcel und einer der Führer ihn wieder hinaufziehen mussten.
    Als er schließlich wieder festen Boden unter den Füßen hatte und immer noch von der ausgestandenen Angst zitterte, bemerkte er, dass Marcoaldi ihn voll Trauer und Bitterkeit ansah, und vielleicht auch mit ein wenig Bedauern darüber, dass Thomas nicht ebenfalls einen Tod ohne Beichte und Trost gefunden hatte. Dem Bankier schien es nicht gut zu gehen, so als hätte er sich in der Nacht auf dem kalten Boden verkühlt.
    Aber vielleicht fühlte er sich auch nur unbehaglich, weil Marcel ihn gescholten hatte.
    Als Thomas weiterging, zwang er sich, einen Blick nach unten zu werfen, obwohl ihm auch jetzt noch übel war.
    Der Abgrund fiel jäh unter ihm ab, nur hin und wieder ragten ein oder zwei Vorsprünge aus der Felswand hervor, und auf diesen lagen gebleichte Knochen.
    Thomas beugte sich zurück, schloss kurz die Augen und versuchte, zu vergessen, was er gerade gesehen hatte.
     
     
    Sämtliche Männer der Karawane waren sicher über den Pass gelangt, doch vier der Pferde waren auf dem letzten tückischen Stück schreiend in den Tod gestürzt. Glücklicherweise war Thomas’ eigenem Pferd nichts geschehen, doch er hoffte insgeheim, dass eines der abgestürzten Tiere das Packpferd gewesen war, das Marcoaldis wertvolle Kisten getragen hatte. Das war jedoch nicht der Fall, und als sie erst einmal auf flacherem Gelände waren, nahm der Bankier seine Kisten wieder in Besitz und fand offenbar auch seine gute Laune wieder, denn er grüßte Thomas fröhlich, als er an ihm vorbeiging.
    »Und nun«, sagte Marcel, als sie sich von den Führern verabschiedet hatten und wieder aufgesessen waren, »auf nach Nürnberg.«

Kapitel Drei
     
    An der Vigil zum Fest des heiligen Swithin
    Im einundfünfzigsten Jahr der Regentschaft Eduard III.
    (Mittwoch, 14. Juli 1378)
     
     
     
    ZweiWochen lang ritten sie so schnell sie konnten gen Norden. Die Stimmung in ihrer Reisegruppe hatte sich seit der Überquerung des Brennerpasses verändert. Nach außen hin waren die Reisenden zwar immer noch so fröhlich wie vorher, doch das Geplänkel während der Ritte am Tag und die Gespräche am Abend um das Lagerfeuer oder den Tavernentisch waren von einem düsteren Unterton begleitet. Marcel und Karle schienen ganz versessen darauf, so schnell wie möglich voranzukommen. Auch wenn dies Thomas’ Wünschen entgegenkam, verlieh es doch der Reise und den Beziehungen unter den Männern eine gewisse Angespanntheit.
    Marcoaldi war wieder so zuvorkommend und freundlich wie vorher und die Biermanns ebenso herzlich, obwohl Johann ein wenig bedrückt zu sein schien, nachdem sie nun die Berge hinter sich gelassen hatten.
    Thomas wurde nicht mehr von Erscheinungen heimgesucht, weder im Traum noch in der Wirklichkeit. Er betete ununterbrochen zum heiligen Michael, dem Heiland und der Heiligen Jungfrau und bat sie um ihre Weisungen für die kommende Zeit. Die Nächte verbrachte er oft auf den Knien oder mit ausgebreiteten Armen auf dem Erd- oder Tavernenboden

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