Hüter der Macht
bist mir auf Cafaggiolo nützlicher als hier. Es bleibt dabei, du kommst mit.«
Dann wandte er sich wieder seinem Cousin zu und wechselte das Thema. »Hast du, wie versprochen, Vorbereitungen getroffen, damit wir die leidige Geschichte, die Pasquale Rovantini uns aufgebürdet hat, endlich zu einem Ende bringen können? Es ist wichtig, dass er sich in unserer Schuld weiß.«
Der Name Pasquale Rovantini war Sandro nicht unbekannt und er erinnerte sich sofort daran, dass der Kaufmann vor zwei Wochen unter den Bittstellern gewesen war. Der Wollhändler hatte darauf bestanden, sofort vorgelassen zu werden, was auch geschehen war. Denn Sandro hatte ein sicheres Auge und Gespür dafür entwickelt, wen er vorlassen musste und wer zufrieden mit der Versicherung war, dass der Medici sich bei nächstmöglicher Gelegenheit für ihn einsetzen werde.
Es ging um die Rückzahlung einer Mitgift, die Rovantini von Manetto di Scalessi forderte, so viel hatte er mitbekommen.
»Es ist ärgerlich, dass es keine Einigung zwischen den beiden gibt«, sagte Cosimo und seine missmutige Miene verriet, wie lästig es ihm war, sich mit diesem Fall beschäftigen zu müssen.
»Scalessi denkt überhaupt nicht daran, der Aufforderung von Rovantini Folge zu leisten. Er versteift sich darauf, dass dieser nichts Schriftliches vorzuweisen hat. Vermutlich hat Scalessi einen von Rovantinis Dienern bestochen, den Notarsvertrag zwischen ihnen zu stehlen«, berichtete Averardo. »Dafür spricht auch, dass sich dieser Diener, ein gewisser Salito, aus dem Staub gemacht hat, ohne sich vorher noch seinen restlichen Lohn auszahlen zu lassen.«
»Was Scalessi vermutlich abstreitet«, warf Sandro ein.
»So ist es.«
»Und der Notar? Kann der nicht als Zeuge zugunsten von Rovantini aussagen?«
»Wenn er noch leben würde«, sagte Averardo. »Der Mann ist vor zwei Jahren gestorben. Rechtlich ist Scalessi also nicht beizukommen. Und deshalb werden wir die Angelegenheit wohl oder übel auf unkonventionelle Weise regeln müssen, damit Rovantini zu seinem Recht kommt.«
Cosimo nickte nur.
»Wir werden diesem Manetto di Scalessi ein Angebot machen, das er nicht ausschlagen kann«, sagte Averardo und ein sarkastisches Lächeln begleitete seine Worte. »Bei einem derart störrischen und skrupellosen Zeitgenossen wirkt oft schon ein kleiner Fingerzeig wahre Wunder.«
Averardo sah Cosimo an und machte eine kaum merkliche Kopfbewegung in Sandros Richtung.
Cosimo nickte. »Ja, nimm ihn mit. Das ist eine gute Gelegenheit für ihn, sich auch in dieser Art der Verhandlungsführung die ersten Meriten zu verdienen.«
Averardo grinste breit. »Ja, ich denke auch, dass es höchste Zeit wird.«
Sandro zog die Stirn in Falten und blickte von einem zum andern. »Darf ich fragen, worum es dabei geht?« Ihm war plötzlich nicht wohl in seiner Haut.
»Averardo wird es dir erklären«, antwortete Cosimo mit ausdrucksloser Miene.
»Alles zu seiner Zeit«, sagte dieser geheimnisvoll. »Nimm dir für heute Nacht nichts vor. Wir treffen uns um elf vor der Kirche Santissimi Apostoli unten am Arno. Und zieh dir alte Sachen an. Es kann nämlich sein, dass sie dreckig werden.« Sein Blick fiel auf Sandros beunruhigte Miene.
»Mach nicht so ein erschrockenes Gesicht«, sagte er und zwinkerte ihm verschwörerisch zu. »Ich bin sicher, dass du uns nicht enttäuschen wirst.«
2
E in warmer Südwind war bei Einbruch der Dunkelheit aufgekommen und trieb seitdem eine nicht abreißende Zahl von sich auftürmenden aschegrauen Wolkenfeldern wie eine geisterhafte Armee über den Himmel.
Nur wenig Mondlicht fiel durch die Lücken der dahingleitenden Wolken auf die Stadt herab und verlor seine kümmerliche Kraft schon, kaum dass es die Turmspitzen der Kirchen und die Ziegeldächer der höchsten Gebäude erreicht hatte. Nicht ein einziger schwacher Schimmer gelangte in die stickige Finsternis der verwinkelten Gassen.
Sandro fluchte leise, als er in etwas Glitschiges trat. Was das Ekelige sein mochte, das ihn fast zu Fall gebracht hatte, darüber wollte er sich lieber erst gar keine Gedanken machen.
Er wünschte, er hätte auf seinem nächtlichen Weg zur Kirche Santissimi Apostoli eine Laterne mitgenommen. Auf den breiten Straßen und Plätzen im Herzen der Stadt hatten ihm die Fackeln vor den Schenken oder das eine oder andere Torlicht eines Palazzo den Weg gewiesen und ihn rechtzeitig vor dem Unrat auf den Straßen gewarnt. Aber seit er den Ponte Rubaconte im Südosten der Stadt überquert
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