Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)
nickte. Sie konnte die paar Zeilen selbst schon längst auswendig.
Oh Schlangenherz,
von einem blühenden Gesicht verborgen!
Hielt sich je ein Drache
eine so schöne Höhle?
War je ein Buch,
das so gemeinen Inhalt enthielt,
so schön gebunden?
„Der Drache in seiner Höhle… sie muss einfach den Raum in der Bibliothek meinen... und das Buch mit dem gemeinen Inhalt bedeutet doch bestimmt, dass sie den Hinweis in einem weiteren Buch versteckt hat… ich kann mir nichts anderes vorstellen…“
Miki fuhr sich verzweifelt durch die Haare.
„Ich auch nicht. Wir müssen eben einfach weitersuchen“, tröstete Emily ihn. Auch wenn sie längst das Gefühl hatte, dass sie auf einer völlig falschen Spur waren.
Um diese Zeit befanden sich noch viele Leute in der Bibliothek. Die drei Kinder mussten einen günstigen Moment abwarten, um unbemerkt in den versteckten Korridor zu schlüpfen.
„Ich fange wirklich an, Bücher zu hassen“, murrte Emma, als sie vergeblich ein weiteres Regal durchsucht hatte. Emily nickte: „Geht mir genauso.“
„Viele sind nicht mehr übrig“, sagte Miki. „Und wenigstens haben wir einen Plan.“
„Der vielleicht nicht der beste ist“, murrte Emma. „Jedenfalls nicht der erfolgreichste. Wie lange suchen wir jetzt schon nach diesem verfluchten Hinweis? Wochenlang!“
„Monatelang“, murmelte Emily.
„Vielleicht hätten wir die Zeit sinnvoller nutzen können“, beklagte sich Emma weiter. Wütend zog sie das nächste Buch aus dem Regal. „Ich hätte zum Beispiel versuchen können, eine Mechanik zu konstruieren, mit der man die Irrlichter aus dem Moor vertreiben kann.“
Miki seufzte.
Sie blätterten weiter in den Büchern. Stunden vergingen, und Emily war überzeugt, dass sie bereits die Dämmerung hätten heraufziehen sehen, wenn es in diesem Raum Fenster gegeben hätte. Irgendwann stieß Emma hervor:
„Wie ich sie satt habe, diese Bücher. Ich will endlich mal wieder gemütlich durch Arcanastra spazieren, oder bei Mr. Peeble im Panoptikum sitzen und mir eine seiner Geschichten ansehen, oder…“
„Natürlich!“, rief Miki in diesem Moment und schlug sich gegen die Stirn. Verwundert schauten Emily und Emma ihn an.
„Das Panoptikum! Das ist die Lösung! Wir hatten sie die ganze Zeit direkt vor der Nase!“
„Wovon redest du eigentlich?“, fragte Emma und runzelte die Stirn. Miki lief hin und her vor Aufregung.
„Überlegt doch mal“, sagte er ungeduldig. „Was tut ein Panoptikum?“
„Na ja…“, begann Emma.
„Es verwandelt Wörter in Bilder“, unterbrach Miki sie. Er war so aufgeregt, dass er einfach drauflos redete. „Und wenn man das hüpfende Buch in ein Panoptikum einspannt… wenn Emily es dazu bringen könnte, dann die verborgenen Schriften zu zeigen…“
„Du meinst, man würde dann diese Geschichte sehen?“, fragte Emily zweifelnd. „Die Geschichte der verräterischen Hüterin…“
„Und des Geistes!“ Jetzt hatte auch Emma verstanden, worauf Miki hinauswollte.
„Aber diese Briefe… das ist doch keine richtige Geschichte“, wand Emily ein. „Glaubst du, es funktioniert trotzdem?“
„Bestimmt.“ Mikis Augen blitzten. „Weil die Briefe von Hand geschrieben sind. Eine Handschrift ist etwas sehr Mächtiges. Etwas von deiner Persönlichkeit haftet daran, etwas von deiner Geschichte. Das ist auch der Grund, warum wir noch keine Schriften in den Büchern erneuern dürfen, Emily, obwohl wir sie beherrschen… man verbindet sich dadurch mit dem Buch.“
Emily seufzte. Natürlich war Miki mal wieder viel besser informiert als sie selbst.
„Du bist also sicher, dass es klappt?“, fragte Emma. „Dass das Panoptikum tatsächlich den Geist zeigt?“
Miki nickte heftig, und die drei starrten sich an, überwältigt von ihrer Entdeckung.
„Natürlich“, murmelte Miki vor sich hin. „Das Gedicht… der Drache… es ist ein doppelter Hinweis. Damit ist der Drache auf der Eingangstür gemeint, aber auch der Drache auf dem Umschlag des hüpfenden Buches. Das Buch selbst ist der Beweis!“
„Soll ich es holen gehen?“, schlug Emily vor. „Dann können wir es gleich ins Panoptikum einspannen und sehen, ob es klappt. Und es danach jemandem zeigen.“
Miki schüttelte den Kopf. „Wir verlieren besser keine Zeit… wir sollten es sofort Madame Foucault sagen.“
Ungläubig schauten Emily und Emma ihn an.
„Aber wenn sie die Verräterin ist… weißt du nicht mehr, es könnte jede sein…“, begann Emma.
„Dieses
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