Hüter des Todes (German Edition)
sich immer weiter entfernte und im Korridor verschwand, nickte er wissend vor sich hin. «Sturzbesoffen», murmelte er. Nicht, dass er ihr einen Vorwurf daraus gemacht hätte. Hier am Arsch der Welt festzusitzen reichte voll und ganz, um jeden zum Trinker zu machen.
Jennifer Rush setzte ihren Weg langsam und noch immer ein wenig unsicher auf den Beinen fort. Sie passierte eine Reihe von Konferenzräumen und gelangte schließlich zu der Barriere, die hinaus auf den Ponton-Steg nach Sektion Braun führte. Sie wandte sich zur Seite und öffnete die letzte Tür vor der Barriere, eine schwere Schleuse mit der Aufschrift STROMVERTEILER – WEISS.
Das Innere war beengt, ein Gewirr aus dicken Kabeln und kleinen blinkenden Lämpchen. Auf der gegenüberliegenden Wand gab es eine Reihe von Instrumenten und Zeigern und Hebeln, vor denen ein Techniker stand. Der Mann beobachtete einige der Instrumente aufmerksam und schrieb Notizen auf ein Klemmbrett. Beim Geräusch der sich öffnenden Luke wandte er sich um. Die Beleuchtung war schummrig, doch der Techniker erkannte die Frau sofort, die vor ihm in der Schleuse stand.
«Oh, hallo Mrs. Rush», sagte er. «Kann ich Ihnen irgendwie helfen?»
Statt zu antworten, trat Jennifer einen Schritt vor. Die schlechte Beleuchtung ließ ihre Gesichtszüge verschwimmen.
«Ich bin gleich für Sie da, Ma’am», sagte der Techniker. «Lassen Sie mich nur gerade diese Instrumente fertig inspizieren. Ich kümmere mich um die Methanaufbereitung, und vor ein paar Sekunden habe ich ein paar seltsame Fehlermeldungen erhalten.» Er wandte sich den Instrumenten zu. «Beinahe so, als hätte jemand die Sicherheitsprotokolle überbrückt. Was natürlich völlig unmöglich ist, man muss schon gezielt –»
Er hörte ein weiteres Geräusch hinter sich und drehte sich wieder um. Im gleichen Moment verblasste das Lächeln in seinem Gesicht und wich Überraschung und Besorgnis. Jennifer Rush hatte die Gegenstände, die sie bei sich getragen hatte, auf den Boden gelegt. Sie kniete nun über einer Bank massiver Ventile und drehte mit ebenso ungelenken wie langsamen, aber zielstrebigen Bewegungen an einem davon.
«Hey!», rief der Techniker. «Das dürfen Sie nicht! Sie öffnen das Notfall-Überdruckventil!»
Er ließ sein Klemmbrett fallen und sprang zu der Frau. Jennifer Rush protestierte nicht, als er sie behutsam zur Seite schob.
«Sie haben ja keine Ahnung, was Sie da tun, glauben Sie mir!», sagte der Techniker, packte das Rad und machte Anstalten, es wieder zuzudrehen. «Wenn das hier offen ist, lassen wir reines Methan in den Kriechraum unter der gesamten Sektion entweichen. Es wäre nur eine Frage von Minuten, bis alles –»
Ein wuchtiger Schlag gegen den Halsansatz, eine plötzliche heiße Woge aus Schmerz, und dann eine Explosion aus weißem Licht, das sein ganzes Sichtfeld ausfüllte. Dann nichts mehr.
Jennifer Rush sah teilnahmslos zu, wie der Techniker vor ihr zu Boden ging und sich nicht mehr rührte. Dann ließ sie achtlos den schweren Schraubenschlüssel fallen, mit dem sie zugeschlagen hatte, beugte sich über das Ventil und öffnete es langsam wieder, weiter und immer weiter.
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52
Logan sah, wie Porter Stone dem Sicherheitsmann das Funkgerät zurückgab. Die Unterhaltung war nur kurz gewesen; Stone hatte kaum etwas gesagt. Während er der Stimme am anderen Ende gelauscht hatte, war sein Gesicht zuerst totenblass geworden. Doch jetzt – als er ein Expeditionsmitglied nach dem anderen ansah – wurde sein Gesicht dunkel, beinahe purpurn. Seine Pupillen zogen sich zu glitzernden Stecknadelköpfen zusammen, als sein Blick endlich auf Christina Romero hängen blieb.
Unvermittelt machte er einen Schritt vor. «Miststück!» , schnappte er und riss eine Hand zurück, als holte er aus, um sie zu schlagen. Augenblicklich sprangen Rush und Valentino vor und fielen ihm in den Arm.
«Idiotin!», schimpfte er, während er versuchte sich loszureißen. Christina Romero wich instinktiv einen Schritt zurück.
Logan verfolgte das Geschehen schockiert. Es war, als hätten all die Rückschläge und Wechselfälle dieser Expedition, gipfelnd in der Entdeckung, dass Narmers Krone etwas völlig Unerwartetes und Bizarres war, den normalerweise so kontrollierten Stone durchdrehen lassen, und nun suchten sich Wut und Frustration ein Ventil.
«Inkompetente Idiotion!», spuckte Stone die Ägyptologin an. «All meine Anstrengungen, all das viele Geld – dank Ihnen verschwendet! Und
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