Hüter des Todes (German Edition)
sie bald auf eine weitere große Ansammlung von Knochen stoßen – die Überreste der Bauarbeiter –, und kurze Zeit später auf das Grab selbst. Und Porter Stone würde einen weiteren Coup auf seine Liste setzen. Falls das Grab tatsächlich die Doppelkrone des vereinigten Ägypten enthielt, würde es der aufsehenerregendste Fund in Stones gesamter Karriere werden.
Logan lehnte sich zurück, während sein Blick müßig über den Behälter glitt. Stone war ein ungewöhnlicher Mann. Ein höchst ungewöhnlicher Mann. Er war ein Mensch von beinahe grenzenloser Disziplin, mit leidenschaftlichen Überzeugungen, und doch beschäftigte er immer wieder Leute, die anderer Meinung waren als er, vielleicht sogar seine Erfolgschancen anzweifelten. Er verfügte über einen untadeligen wissenschaftlichen Hintergrund und war ein Rationalist und Empiriker, wie er im Buche stand – und doch hatte er kein Problem damit, sich mit Leuten zu umgeben, deren Spezialgebiete bei den meisten konventionellen Wissenschaftlern bestenfalls ein Stirnrunzeln hervorriefen. Logan selbst war das perfekte Beispiel dafür. Er schüttelte verwundert den Kopf. Tatsache war, Porter Stone würde alles tun, ganz egal, wie unorthodox oder scheinbar unsinnig, um seine Projekte zum Erfolg zu führen. Aus keinem anderen Grund hatte er jemanden wie Jennifer Rush bei dieser Expedition dabei, eine Frau, die Zener-Karten las, wie ein Affe Kokosnüsse jonglierte, und die imstande war …
Mit einem Mal setzte sich Logan kerzengerade auf. «Aber natürlich!», murmelte er. Dann erhob er sich langsam, klemmte sich den Behälter mit dem Schädel unter den Arm und verließ schnellen Schrittes sein Büro.
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27
Die Krankenstation war ruhig, als Logan eintrat. Die Deckenbeleuchtung war gedämpft, und eine einzelne Schwester verrichtete Dienst am Empfang. Von irgendwo weit hinten war das leise Surren medizinischer Apparaturen zu hören.
Ethan Rush kam um eine Ecke, in eine Unterhaltung mit einer Schwester vertieft. Als er Logan sah, blieb er stehen. «Jeremy. Bist du hier, um mit Perlmutter zu reden? Er hat ziemlich starke Schmerzen, und wir mussten ihn betäuben …»
«Es geht nicht um Perlmutter», sagte Logan.
Rush wandte sich zu der Schwester. «Wir reden später weiter.» Dann bedeutete er Logan, ihm zu folgen. «Gehen wir in mein Büro.»
Sie betraten Rushs Büro, eine steril wirkende Zelle hinter der Schwesternstation. Rush winkte Logan zu einem Stuhl, schenkte sich einen Becher Kaffee ein und setzte sich selbst. Er sah todmüde aus.
«Was hast du auf dem Herzen, Jeremy?», fragte er.
«Ich weiß, warum deine Frau hier ist», erwiderte Logan.
Als Rush nicht antwortete, fuhr er fort. «Sie versucht, mit den Toten Kontakt aufzunehmen, habe ich recht? Sie versucht Narmers Geist heraufzubeschwören.»
Rush sagte immer noch nichts.
«Jetzt ergibt alles einen Sinn», fuhr Logan fort. «Du hast selbst gesagt, dass viele Menschen, die Nahtod-Erfahrungen hinter sich haben, paranormale Fähigkeiten entwickeln. Einige von ihnen reden angeblich mit den Toten. Du hast außerdem gesagt, die spezielle Fähigkeit deiner Frau wäre Retrokognition. Das heißt, sie verfügt über Kenntnisse von vergangenen Ereignissen und Personen, die über normales Verstehen oder gewöhnliche Schlussfolgerungen hinausreichen.»
Er stand auf und nahm sich ebenfalls einen Kaffee. «Eine sehr seltene Form von Parapsychologie, aber sie ist dokumentiert. Im Jahr 1901 besuchten zwei englische Gelehrte Versailles, Anny Moberly und Eleanor Jourdain. Sie spazierten durch den Park auf der Suche nach Petit Trianon, dem Schloss von Marie Antoinette. Unterwegs begegneten sie merkwürdig gekleideten Gestalten einschließlich Lakaien, die sich in antikem Französisch unterhielten, sowie einer jungen Frau, die auf einem Hocker saß und zeichnete. Moberly und Jourdain spürten eine eigenartig düstere Stimmung, die sich erst wieder legte, als sie ihre Suche aufgaben und den Park verließen. Später gelangten beide Frauen zu der Überzeugung, dass sie durch irgendeine Form der Telepathie in die Erinnerungen von Marie Antoinette selbst eingetreten waren und dass die zeichnende Frau auf dem Hocker die Königin persönlich gewesen sein musste. In den darauffolgenden Jahren stellten Moberly und Jourdain ausführliche Forschungen an, die sie schließlich im Jahr 1911 veröffentlichten, in einem Buch mit dem Titel An Adventure . Das ich im Übrigen nur empfehlen kann.»
Er setzte sich
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