Hüterin der Nacht: Roman (German Edition)
»keinen Slip.«
»Der würde mich nur stören, wenn ich mich amüsieren will.« Ich strich über seine Arme und legte die Hände auf seine Taille. Nur wenn er tief in mich eindrang, konnten wir uns noch näher sein. Und ein Teil von mir, der überwiegende Teil von mir, wollte das. Ich war in erster Linie ein Werwolf, und Sex stand heute Abend ganz oben auf meinem Terminplan. »Bist du sicher, dass du mit deinen Freunden zu Abend essen willst?«
Ich musste diese Frage stellen, weil jede normale, heftig erregte Frau sie gestellt hätte. Wenn ich es nicht tat, schöpfte er vielleicht Verdacht. Ich konnte nur beten, dass er mein Angebot nicht annahm. Ich musste in dieses Haus gelangen, so viel wie möglich herausfinden und dann so schnell es ging wieder von dort verschwinden. Wenn ich mit Jin eine Solonummer schob, ging das alles nicht, dann konnte ich den Fall nicht abschließen, und das wollte ich mehr als alles andere.
»Ich muss.« Er küsste mich kurz auf die Lippen, dann auf die Wange und auf das Kinn. »Aber ich verspreche dir, dass es sich lohnt. John hat für ein hervorragendes Unterhaltungsprogramm gesorgt.«
Was verstanden ein dreiköpfiger Drache und sein finsterer Herr wohl unter hervorragender Unterhaltung? Mir lief eine Gänsehaut über den Leib, die aber schnell von einer neuen Lustwelle vertrieben wurde, als Jin eine Hand unter meinen Saum gleiten ließ und meine Haut und meinen Po streichelte.
»Unterhaltsamer als mit mir zusammen zu sein?«
Meine Stimme war ein heiseres Schnurren, und ein Beben ergriff den Körpe, der sich so fest an mich drückte. »Oh, ich habe vor, mit dir zusammen zu sein. Nur nicht hier. Nicht jetzt.«
»Wenn du dich nicht beeilst, muss ich mir womöglich jemand anders suchen, der meine Bedürfnisse befriedigt.«
Seine Augen blitzten belustigt. »Auch dafür dürfte bereits gesorgt sein.« Er trat zurück, löste sich aus meiner losen Umarmung und nahm meine Hand. »Gehen wir.«
Er zog mich auf das Haus zu und schob mich durch das offen stehende Tor. Kingsleys Haus war sehr modern, ein eckiger Betonklotz. Mein Blick glitt an der monolithischen Fassade nach oben, und ich dachte unwillkürlich, dass es mit seinen schmalen Glasschlitzen aussah, als hätte das Haus Augen. Dunkle Knopfaugen, die mich mit prüfendem Blick anstarrten. Augen, die viel zu viel wussten.
Ein kalter Schauer ergriff mich. Ich biss mir auf die Lippe und verfluchte leise meine Fantasie. Es war nur ein Haus. Nicht mehr und nicht weniger.
Abgesehen davon, dass hier ein Gott der Finsternis wohnte, der vorhatte, die Welt ins Verderben zu stürzen.
Nicht nur, dass ich diese Höhle überhaupt betrat, ich musste außerdem noch versuchen, sie zu verwanzen.
Und ich hatte das dumpfe Gefühl, wenn ich nicht sehr gut aufpasste, würde es das Letzte sein, was ich tat.
11
J in stieg die Stufen hinauf und drückte die Klingel neben der riesigen verchromten Eingangstür. Ich blieb neben ihm stehen und drückte mich dichter an ihn, als ich es normalerweise getan hätte. Denn ich brauchte die Wärme seines Körpers, um die Kälteschauer zu vertreiben.
Ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich dabei war, etwas absolut Schlechtes zu tun. Schlecht in dem Sinn, dass es für mich ziemlich böse ausgehen konnte. Jin war zwar ein Psychopath, und Gott wusste, was sonst noch, aber bei ihm wusste ich zumindest annähernd, wozu er in der Lage war.
Was ich von dem Mann, dessen Schritte hinter der Tür widerhallten, nicht behaupten konnte.
Ich befeuchtete meine trockenen Lippen und war beinahe erleichtert, als Jin einen Arm um meine Schulter legte. Allerdings war es keine schützende Geste und fühlte sich alles andere als angenehm an. Er grub seine Finger so brutal in meine Schulter, als hätte er meine plötzliche Unsicherheit bemerkt und wäre fest entschlossen, jeden Fluchtversuch zu unterbinden.
Er wusste nicht, dass ich nicht weglaufen konnte. Dass ich das nicht tun würde. Egal, was hier geschah.
Die Schritte kamen langsam näher. Mein Herz schlug bis zu meinem Hals, und ich bekam kaum noch Luft. Ich verlagerte mein Gewicht von einem Fuß auf den anderen, verschränkte die Arme und schaffte es, sie nicht zu reiben. Hoffentlich dachte Jin, meine Gänsehaut käme von der Kälte und nicht daher, dass ich Angst hatte.
Schließlich wurde die Tür geöffnet. Ich weiß nicht, was ich eigentlich erwartet hatte, aber ganz sicher nicht diesen dünnen, Brille tragenden, beinahe unbeholfen wirkenden Mann, der nun vor mir
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