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Hüterin der Nacht: Roman (German Edition)

Hüterin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Hüterin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keri Arthur
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bewegte. Doch das musste nichts heißen. Dunleavy arbeitete überwiegend nachts, also schlief er jetzt vermutlich.
    Ich griff meinen Mantel und stieg aus dem Wagen. Der Wind schlug mir heftig entgegen, zerrte an meinen Haaren und wehte eisig über meine Haut. Ich zog zitternd meinen Mantel an und verfluchte das Winterwetter. Wenigstens regnete es nicht.
    Nachdem ich den Wagen abgeschlossen hatte, schob ich die Hände in die Manteltaschen und überquerte die Straße. Hinter einem Fenster in dem ersten Stadthaus bewegte sich eine Gardine, und hinter der Scheibe tauchte kurz ein Kopf auf. Es war eine ältere Frau mit verhärmten, harschen Gesichtszügen. Ich lächelte ihr wissend zu, woraufhin sie die Gardine schnell wieder zurückfallen ließ.
    Vielleicht war Dunleavy nicht so oft festgenommen worden, weil er so schlampig war, sondern weil er so neugierige Nachbarn hatte.
    Ich ging an dem zweiten Stadthaus vorbei. Aus einem Radio oder Fernseher dröhnten die Elf-Uhr-Nachrichten, und in der Luft lag der Geruch von verbranntem Toast. Ich atmete tief ein und genoss das scharfe Aroma. Mein Magen knurrte und erinnerte mich daran, dass ich zum Frühstück nur einen Toast gegessen hatte. Ich beschloss, mir auf dem Rückweg zur Abteilung einen Burger zu besorgen.
    Vor Dunleavys Garage parkte ein kleiner Lieferwagen. Durch die Fenster waren Zeitungsstapel und ausrangierte Transportbehälter zu erkennen, und an der Wand war eine Plastikkiste montiert, in der sorgfältig diverse Jutesäcke gestapelt waren. Offensichtlich Dunleavys Arbeitszeug. Ich stieg die kaputten Betonstufen hinauf und hob die Hand, um an die Tür zu klopfen, erstarrte jedoch, als ich einen vertrauten Geruch um mich herum wahrnahm.
    Blut. Dick, geronnen und sehr, sehr frisch.
    Mit dem Geschmack von Blut wehte mir der Geruch von Tod und Exkrementen entgegen. Gerüche, die ich nur allzu gut kannte.
    Dunleavy  – oder jemand anders  – lag tot in diesem Haus.
    Und Gautier war hier gewesen.

4
    E ine Weile blieb ich wie erstarrt stehen. Ich wagte kaum zu atmen, lauschte dem Wind und versuchte, die verschiedenen Geräusche und Gerüche zu unterscheiden. In diesem Haus gab es kein Anzeichen von Leben oder von Untoten, nur in den Nachbarhäusern.
    Gautier mochte hier gewesen sein, aber jetzt war er nicht mehr da. Ich hätte ihn genau wie jeden anderen Vampir gespürt.
    Obwohl ein Teil des Exkrementengeruchs eindeutig ihm zuzuschreiben war, hatte der Geruch nicht nur mit ihm zu tun. Es roch sehr menschlich, und wenn Gautier etwas nie gewesen war, dann menschlich.
    Wahrscheinlich hatte sich jemand dort drinnen in die Hose geschissen. Klar, jeder, der nur halbwegs bei Verstand war, würde sich bei Gautiers Auftauchen in die Hose machen. Er war ein widerliches Monster.
    Ich trat von der Tür zurück. Das Schloss war unversehrt, und nichts deutete darauf hin, dass es mit Gewalt geöffnet worden war. Wenn Gautier hier gewesen war , war er nicht durch die Haustür hereingekommen. Obwohl er überhaupt nur hereingekommen sein konnte, wenn Dunleavy ihn vorher eingeladen hatte. Denn diese eine Regel stimmte: Vampire konnten nicht ohne ausdrückliche Aufforderung eine Türschwelle übertreten.
    »Ich habe die Cops angerufen, wissen Sie.«
    Ich wusste nicht, was höher sprang, meine Füße oder mein Herz. Ich fuhr herum und griff nach meiner nicht vorhandenen Waffe. Ich hatte sie gestern Abend an der Garderobe abgelegt und war nicht zurückgefahren, um sie zu holen, nachdem ich heute Morgen so hastig bei Kellen aufgebrochen war. Wenn Jack das herausfand, würde er mir das Fell über die Ohren ziehen.
    Zum Glück brauchte ich sie nicht. Die Stimme gehörte der alten Frau mit dem hageren Gesicht aus dem ersten Haus. Ich holte tief Luft, versuchte meinen rasenden Puls zu beruhigen und dachte nicht weiter darüber nach, dass sich jeder an mich hätte heranschleichen können. Gott, ich war noch so unerfahren, ich war eine Gefahr für mich selbst.
    »Was?«, sagte ich vielleicht etwas unfreundlicher, als ich es hätte tun sollen.
    »Ich habe die Cops angerufen.«
    Toll. Das hatte mir  – abgesehen von einem möglichen Mord  – gerade noch gefehlt. »Und Sie sind …?«
    »Miss Radcliffe.« Der Wind blies kräftig um uns herum, und sie zog ihren gehäkelten Schal fester um die mageren Schultern.
    »Miss Radcliffe, ich bin eine Wächterin.« Als ich ihre verständnislose Miene sah, fügte ich hinzu: »Ich arbeite für die Abteilung für andere Rassen.« Ich holte meinen

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