Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
loderte unter der Oberfläche und war bereit für den richtigen Mann, der es hervorholte.
Er wich abrupt vor seinen eigenen Gedanken zurück. Welcher richtige Mann? Er war für keine Frau der richtige Mann. Er lebte in einer anderen Welt, die weit von dieser hier entfernt war, und er hatte kein Recht zu glauben, eine Frau wie Judith Henderson könnte ihm gehören. Noch nicht einmal in seiner Phantasie – und doch rührte er sich nicht von der Stelle, nicht einmal einen Zentimeter.
»Lassen Sie es mich mal versuchen.« Er wartete nicht darauf, dass sie zur Seite trat, sondern griff mit beiden Armen um sie herum, hielt sie zwischen der Tür und seinem Körper gefangen und achtete sorgsam darauf, sie vor Ivanovs Zielfernrohr zu verbergen, während er ihr den Schlüssel aus der Hand nahm.
Seine Finger streiften ihre. Ein Ruck durchfuhr ihn mit erschütternder Heftigkeit, als sei ein Blitz in ihn eingeschlagen. Sie war beängstigender als jeder Feind, an den er sich jemals angeschlichen hatte, um ihn zu töten. Sie berührte ihn, den nichts jemals berührt hatte. Sie erstarrte vollständig, als er sie in seinen Armen gefangen hielt, doch er fühlte jeden ihrer Atemzüge. Glut strömte durch seine Adern und setzte sich wie eine Feuerkugel in seinen Lenden fest. Bisher hatte er Sex als wirksame Waffe eingesetzt, ein perfektes Werkzeug, um Informationen an sich zu bringen. Er hatte seinen Körper beherrscht, eine Erektion dann zugelassen, wenn sie gebraucht wurde, und sie so lange aufrechterhalten, wie es nötig war. Aber er konnte sich nicht daran erinnern, dass sein Körper jemals so auf eine Frau reagiert hatte, wie er es jetzt tat, fast so, als hätte er einen eigenen Willen.
Dieses seltsame und absolut einzigartige Phänomen war schockierend und beglückend zugleich. Er war nie Achterbahn gefahren, aber jetzt kam er sich fast so vor wie auf einer Achterbahnfahrt – restlos aus dem Gleichgewicht gebracht. Er wusste nicht mehr, wo oben und wo unten war, und er war kaum noch fähig zu atmen. Seine Lunge schien ausgehungert nach Luft zu sein. Er nahm alles an ihr bewusst wahr, Strähnen ihres Haars, die Länge ihrer Wimpern, den Spalt zwischen ihren leicht geöffneten Lippen, ihre Brüste, die sich hoben und senkten, während er den Schlüssel in das Schloss stieß und mehrfach daran herumruckelte, um den Schließmechanismus zu betätigen.
»Ich muss schon sagen, Judith«, gestand er ihr, halb Stefan und halb Thomas, »dass mir das Atmen zunehmend schwerer fällt.«
Er erwartete, dass sie ihn von sich stoßen würde. Alles tun würde, um sich zu retten – oder ihn. Vielleicht war sie sich der Gefahr nicht bewusst, in der sie schwebte, und das hatte nicht das Geringste mit der Kugel im Gewehr eines Scharfschützen zu tun.
»Das ist mir auch schon aufgefallen. Meine Lunge brennt ebenfalls.«
Er stöhnte. Mit ihrer Aufrichtigkeit würde sie ihn noch umbringen. Er war kein aufrichtiger Mann. Er wusste noch nicht einmal, ob er sie im Moment tatsächlich vorsätzlich manipulierte. Eigentlich hatte er keine Ahnung mehr, wer er war. Judith schien nichts mit ihm gemeinsam zu haben, wenn sie nicht gar von einem anderen Planeten stammte; sie war alles, was er nicht war und niemals sein konnte. Sie war echt, sie war sanft, sie war leidenschaftlich.
Er dagegen bestand nur aus harten Kanten und Schatten. Er machte sich keine Vorstellung von der Art von Welt, in der sie lebte. Seine Welt war gewalttätig und hässlich. Darin gab es kein Gelächter und keine Aufrichtigkeit. Das Schloss schnappte mit einem dumpfen Laut ein und er hatte keinen Grund mehr, sie in seinen Armen gefangen zu halten. Aber er rückte nicht von ihr ab, als er ihr den Schlüssel zurückgab.
»Ich kann nicht gut mit Frauen umgehen.« Das war eine unverfrorene Lüge, denn er manipulierte Frauen ohne jede Anstrengung. Es mochte zwar sein, dass Thomas Vincent nicht gut mit Frauen umgehen konnte, aber Stefan setzte Sex als Waffe ein und verführte eine Frau dazu, ihm alles zu geben, was er wollte. Alles, was er wollte. Dabei hatte er seinen Körper immer vollständig unter Kontrolle gehabt – bis er Judith begegnet war.
Es sollte ihm absolut keine Probleme bereiten, eine gewaltige – und schmerzhafte – Erektion zu unterdrücken, die nur daher kam, dass er ihren einmaligen Duft tief in seine Lunge einsog. Oder all dieses seidige Haar berührte.
»Ich kann auch nicht allzu gut mit Männern umgehen«, vertraute sie ihm an.
Sein Blick nahm ihren gefangen
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