Huff, Tanya
aber ich habe
heute eine Prüfung und wollte in die Bibliothek gehen, um zu lernen."
„Kein Problem, keine Sorge. Ich möchte, daß Sie mir
von Norman Birdwell erzählen."
„Warum? Er ist eine Pfeife."
„Es ist wichtig."
Vicki konnte fast ihr Schulterzucken hören. „Okay.
Was wollen Sie wissen?"
„Wie gut kennen Sie ihn?"
„Oh biiitte, ich habe Ihnen gesagt, daß er eine Pfeife
ist. Er ist in meiner Vorlesung über Vergleichende Religionswissenschaften.
Das ist alles."
„Wieso haben Sie sich seinetwegen dämlich
benommen?"
„Was?"
„Sie haben vorhin gesagt, wenn Sie sich wegen
Norman Birdwell nicht so dämlich benommen hätten, hätte Janet darauf gewartet,
daß Sie sie nach Hause mitnehmen."
„Ja, also... Ich wäre nie mit ihm gegangen, wenn
ich nicht all das Bier getrunken hätte, aber er sagte, er könnte beweisen, daß
Vampire
existierten, und er wüßte, wer Ian ermordet hat.
Nun, ich glaube, das hat er nicht wirklich gesagt... aber etwas in der Art. Auf
jeden Fall bin ich mit ihm in sein Appartement gegangen, aber er wollte mich
nur ins Bett kriegen. Er hatte nichts mit Vampiren zu tun."
„Ist Ihnen zufällig aufgefallen, ob er ein Computersystem
hat? Eine ziemlich große, komplizierte Anlage."
„Er hatte eine Anlage. Ich weiß nicht, wie
kompliziert sie war. Ich hatte genug damit zu tun, nicht zerdrückt zu werden
oder irgendwelchen Quatsch über Dämonenbeschwörungen zu schlucken."
Die Welt stand einen Moment lang still.
„Ms. Nelson? Sind Sie noch dran?"
„Glauben Sie mir, ich werde nirgendwohin
gehen." Vicki fiel auf ihren Schreibtischstuhl und kramte nach einem
Stift. „Das ist sehr wichtig, Coreen, wo wohnt Norman?"
„Äh, irgendwo westlich vom Campus."
„Können Sie mir seine genaue Adresse geben?"
„Nein."
„NEIN?" Vicki holte tief Luft und versuchte,
sich daran zu erinnern, daß Schreien nichts nützen würde. Sie klemmte sich den
Hörer unters Kinn und hievte das Telefonbuch vom Boden auf den Schreibtisch.
Bird... Birddal... Bird of Paradise...
„Vielleicht reicht das ja." Im Telefonbuch
stand kein Birdwell. Das ergab einen Sinn, da er wahrscheinlich im Herbst, zu
Beginn des Semesters, in sein Appartement gezogen war, und neue Nummern erst
ungefähr Ende Mai aufgeführt wurden. „Ich werde gleich da sein. Wo können Sie
mich treffen?"
„Also, ich kann sie vor fünf nicht treffen. Wie ich
schon sagte, ich habe heute eine Prüfung."
„Coreen, das ist wichtig!"
„Meine Prüfung auch." Ihr Tonfall zeigte keinerlei
Kompromißbereitschaft.
„Vor der Prüfung..."
„Ich muß wirklich lernen."
Okay, 17:00 war immer noch früh genug. Etwas mehr
als zwei Stunden bis Sonnenuntergang und immer noch sieben Stunden bis
Mitternacht. Sie hatten eine positive Identifizierung, und sieben Stunden würde
reichlich Zeit sein. Und abgesehen davon, würde Schreien nichts nützen. „17:00
also. Wo?"
„Wissen Sie, wo das Burton-Auditorium ist?"
„Ich werde es finden."
„Treffen Sie mich vor der Nordtür."
„In Ordnung. 17:00, an der Nordtür des Burton-Auditoriums.
Ich treffe Sie dann dort."
Vicki legte auf und saß einen Moment lang nur da
und starrte das Telefon an. Von allen möglichen Situationen, die sich hätten
entwickeln können, bis hin zu und einschließlich einer letzten verzweifelten
Konfrontation mit dem Dämonenfürsten persönlich, war ihr diese nicht eingefallen
- daß ihr jemand die Antwort einfach in den Schoß fallen lassen würde. Sie
schob ihre Brille die Nase hoch und schüttelte den Kopf. Es sollte jedoch,
vermutete sie, keine allzu große Überraschung sein. Sobald man aus dem Abgrund
die richtigen Fragen zutage förderte, folgten die richtigen Antworten
gewöhnlich.
Sie kritzelte auf der Titelseite des Telefonbuchs
herum und wählte die Auskunft - nur für den Fall. „Hi, ich suche einen neuen
Eintrag für einen Norman Birdwell. Ich habe seine Adresse nicht, aber es ist
irgendwo nahe der York University."
„Einen Augenblick, bitte. Wir haben einen neuen
Eintrag für einen N. Birdwell..."
Vicki kritzelte die Nummer über die Auffassung des Titelseitenkünstlers
von einer Telefonvermittlerin. „Dürfte ich Sie auch noch wegen der Adresse
bemühen?"
„Es tut mir leid, aber es ist uns nicht gestattet,
diese Art von Auskünften zu erteilen."
„Es wird dir noch mehr leid tun, wenn das Ende der
Welt da ist", murmelte Vicki und unterbrach mit dem Daumen die
Verbindung. Daß sie diese Antwort erwartet hatte, machte sie nicht
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