Huff, Tanya
gewöhnlich sah er sie an Rogers Arm hängen -,
und da das Mädchen neben Bill außerordentlich freundlich zu diesem war,
vermutete er, daß sie seine Begleitung war. Damit blieb noch eine übrig. Norman
warf ihr ein wölfisches Grinsen zu. Er hatte dieses Grinsen vor dem
Badezimmerspiegel geübt.
Sie sah verwirrt aus, dann schnaubte sie und wandte
sich ab.
„Es war wirklich nett vom alten Norman, uns diesen
Tisch freizuhalten, nicht wahr, Bill?"
„Klar doch." Bill lehnte sich ein wenig
herüber, und Norman schnappte nach Luft, da sich der Platz, der ihm blieb,
drastisch verringerte. „Wenn der alte Norman nicht wäre, müßten wir auf dem
Boden sitzen."
Norman sah sich um. Das Freitagabendgedränge im
Cock and Bull hatte die Kellerkneipe gefüllt. „Nun, ich, äh... " Er
zuckte die Achseln. „Ich, äh, wußte, daß ihr kommen würdet."
„Natürlich wußtest du das", grinste Bill ihn
an, ein wenig dadurch aus der Fassung gebracht, daß die Birdwell-Pfeife
mindestens ebenso groß wie er war. „Ich sagte gerade zu Roger, bevor wir
hereinkamen, daß es kein Freitagabend wäre, wenn wir nicht einen Teil davon mit
dem alten Norman verbrächten."
Roger lachte, und die drei Mädels grinsten. Norman
kapierte den Witz nicht, genoß aber die Aufmerksamkeit.
Er zahlte die erste Runde Bier. „Schließlich ist
das mein Tisch."
„Und der einzig freie im Raum", murmelte die
Blonde.
Er zahlte auch die zweite Runde. „Weil ich
massenweise Geld habe." Das Bündel Zwanziger, das er aus der Tasche seiner
Windjacke zog - fünftausend Dollar in kleinen, unmarkierten Scheinen waren das
Dritte gewesen, worum er gebeten hatte -, ließ alle Kiefer um den Tisch herum
gleichzeitig herunterklappen.
„Himmel, Norman, was hast du getan, eine Bank
ausgeraubt?"
„Das mußte ich gar nicht", sagte Norman
lässig. „Wo das herkommt, gibt es noch viel mehr davon."
Er bestand darauf, auch die vierte und fünfte Runde
zu bezahlen und zu Importbier zu wechseln. „Importbier hat mehr Klasse",
vertraute er der Schulter von Rogers Lederjacke an, da Roger sein Ohr außer
Reichweite gebracht hatte. „Damit kriegt man die Hasen."
„Die Hasen?" Das Echo hatte einen gefährlichen
Unterton.
„Denk daran, von wem es kommt, Helen." Bill
entwand ihr geschickt das Glas - beide Hände und das Glas waren drohend gehoben
worden -und trank es aus. „Du vergeudest bloß das Bier."
Die fünf brachen immer wieder in Gelächter aus, und
Norman, der nicht verstand warum, fiel ein. Niemand würde denken, er gehöre
nicht dazu.
Als sie aufstanden, erhob er sich auch. Der Raum
schwankte. Er hatte nie zuvor vier Bier so kurz hintereinander getrunken.
Tatsächlich war er sich noch nicht einmal ganz sicher, ob er überhaupt schon
einmal vier Bier getrunken hatte. „Wohin jetzt?"
„Wir gehen zu einer privaten Party", erklärte
ihm Bill, und eine kräftige Hand drückte ihn wieder auf den Stuhl.
„Du bleibst hier, Norman." Roger klopfte ihm
auf die Schulter.
Verwirrt blickte Norman von einem zum anderen. Sie
wollten ohne ihn gehen?
„Jesses, das ist, als ob man einen kleinen Hunde
tritt", murmelte Bill.
Roger nickte zustimmend. „Äh, Norman, da braucht
man eine Einladung. Wenn wir dich mitnehmen könnten, würden wir das tun...
"
Sie wollten ohne ihn gehen. Er deutete über den
Tisch, seine Stimme ein anklagendes Quengeln: „Aber sie war doch für mich
gedacht."
Die Mienen schuldbewußter Sympathie verwandelten
sich in Abscheu, und Norman fand sich plötzlich allein gelassen. Helens Stimme
schwebte von der Tür herüber, trotz des Geräuschpegels im Pub hörbar. „Ich
würde ihm sein Bier zurückgeben, wenn ich es nicht
so sehr hassen würde zu kotzen."
Norman versuchte erfolglos, einer Kellnerin zu
winken, und blickte finster auf die Bierringe auf dem Tisch. Sie war für ihn
gedacht gewesen. Er wußte es. Sie betrogen ihn. Mit der Spitze eines zitternden
Fingers zeichnete er einen fünfzackigen Stern ins vergossene Bier auf der
Tischplatte, und seine Schwüre vom Vortag waren vergessen. Er würde es ihnen
allen zeigen.
Sein Magen protestierte plötzlich, und er torkelte
zu den Toiletten, eine Hand auf den Mund gepreßt.
Ich werde es ihnen zeigen, dachte er, als sein Kopf
über der Kloschüssel hing. Aber vielleicht... nicht heute.
Henry gab dem jungen Mann, der hinter der Tür saß,
einen Zwanziger. „Was ist heute los?" Er mußte nicht schreien, um sich
trotz der Musik verständlich zu machen, aber schließlich war der Abend
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