Huff, Tanya
Fernglasetui, das auf dem Boden neben dem Sessel stand, legte ein
stummes Zeugnis davon ab.
Letzte Nacht war er kaum draußen, da merkte er
schon, daß etwas nicht stimmte. „Es war dieser Geruch. Wie faule Eier, nur viel
schlimmer. Dann war es da, so groß wie das Leben und doppelt so häßlich und so
nah, daß ich die Hand ausstrecken und es hätte berühren können - wenn ich so
senil wäre, wie meine Schwiegertochter denkt. Die Flügel hatten eine Spannweite
von gut zwei bis zweieinhalb Metern." Bowan machte eine Kunstpause. „Eine
Riesenfledermaus. Ein Nosferatu. Ein Vampir. Finden Sie seine Gruft, meine
Herren, und Sie finden Ihren Mörder."
„Können Sie diese Kreatur beschreiben?"
„Wenn Sie meinen, ob ich Sie bei einer
Gegenüberstellung wiedererkennen würde - nein. Um die Wahrheit zu sagen,
bewegte sie sich so fürchterlich schnell, daß ich hauptsächlich einen Umriß
sah. Aber ich sage Ihnen eins", seine Stimme wurde ernst, und Entsetzen
schwang darin mit, „dieses Ding hatte Augen, wie ich sie noch niemals zuvor bei
einem Lebewesen gesehen habe und ich hoffe bei Gott auch niemals wieder sehen
werde. Gelb waren sie und kalt, und ich wußte, wenn es mich angesehen hätte,
dann hätte ich meinen ersten Blick nicht lange überlebt. Es war böse, meine
Herren, wirklich böse, nicht die Art von verwässertem Bösen, der die
Menschheit zum Opfer fällt, sondern die kalte, nachlässige Art, die vom Teufel
selbst kommt. Ich bin alt, und der Tod und ich sind in den letzten Jahren
richtig gute Kumpel geworden. Mich schreckt nichts mehr, aber das, das hat mir
eine Scheißangst gemacht." Er schluckte und versuchte, in ihren Gesichtern
zu lesen. „Sie können mir glauben oder nicht - dieser Reporter tat es nicht,
als ich nach unten ging, um zu sehen, was die Sirenen sollten - aber ich weiß,
was ich gesehen habe, und ich weiß, was ich gefühlt habe."
So sehr er sich auch auf die Seite des Reporters
stellen wollte, der Bo-wan als unterhaltsamen alten Trottel beschrieben hatte,
war Celluci nicht imstande, einfach abzutun, was der alte Mann gesehen hatte.
Und was er gefühlt hatte. Etwas in seiner Stimme oder seinem Gesichtsausdruck
führte dazu, daß sich Cellucis Nackenhaare aufrichteten und, so sehr sein
Intellekt auch dagegen argumentierte, sein Instinkt sich regte.
Er wünschte, er könnte mit Vicki darüber sprechen,
aber er würde ihr diese Befriedigung nicht gönnen.
„Ich hasse diese Dinger." Der übertriebene
Seufzer, der folgte, war in seiner ganzen verärgerten Länge aufgezeichnet
worden. „Gut. Ich hätte sicher genauso reagiert. Wahrscheinlich bin ich auch
eine Nervensäge. Also, ich habe recht, du hast recht, wir haben beide recht,
laß uns noch mal von vorn anfangen." Das Band rauschte einige Sekunden vor
sich hin, während die Hintergrundgeräusche - das Poltern zweier sich streitender
tiefer Stimmen, das Stakkato einer alten mechanischen Schreibmaschine und das
ständige Klingeln anderer Telefone - lauter wurden. Dann kehrte Cellucis Stimme
zurück, mit gerade ausreichend Schärfe,
um zu zeigen, daß er meinte, was er sagte. „Und hör
auf, dir von Dave geheime Informationen zu ergattern. Er ist ein netter Mann -
nicht daß du wüßtest, was nett ist -, und du hast ihm Herzklopfen
verursacht." Er legte grußlos auf.
Vicki grinste ihren AB an. Michael Celluci war
nicht besser darin, sich zu entschuldigen als sie. Für ihn war das eindeutig
freundlich gewesen. Und er hatte es offensichtlich hinterlassen, bevor er mit
Bowan gesprochen und herausgefunden hatte, daß sie zuerst dort gewesen war. Alle
Nachrichten danach hätten einen ganz anderen Tonfall gehabt.
Die ungenannte Quelle des Revolverblatts zu finden,
war leicht gewesen. Die erste Person, mit der sie gesprochen hatte, hatte
geschnaubt und gesagt: „Sie suchen den alten Bowan. Wenn jemand hier in der
Gegend was sieht, dann ist er's. Kümmert sich nie um seine eigenen Angelegenheiten."
Dann hatte ihr Informant mit dem Kopf so heftig in Richtung St. Dennis Nr. 25
gedeutet, daß sein Irokesenschnitt wackelte.
Und was das anging, was der alte Bowan gesehen
hatte... so sehr Vicki es auch haßte, das zuzugeben, sie begann zu glauben, daß
Coreen nicht so weit abseits von der Wahrheit war, wie es zuerst ausgesehen
hatte.
Sie fragte sich, ob sie Mike Celluci anrufen
sollte. Sie könnten ihre Eindrücke von Bowan und seiner unheimlichen Begegnung
austauschen. „Nein." Vicki schüttelte den Kopf. Besser ihm erst etwas Zeit
zum
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