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Huff, Tanya

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Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 03 - Blutlinien
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der Meute rannte die Beute im verzweifelten Ver such, schneller zu sein als der Tod, der ihr immer dichter und dichter
auf die Fersen rückte. Den genauen Moment, in dem die Hunde auf schlossen, konnte Henry nicht sehen, aber plötzlich ertönte ein fast menschlicher
Schrei der Pein, und der Hirsch ging zu Boden.
    Er hatte sein
Pferd in einiger Entfernung von der Masse knurren der Hunde zum Stehen gebracht, die sich zwischen heftig um sich schlagenden Hufen und einem verzweifelt
geschüttelten Geweih über das riesige
Tier hermachten, aber Surrey hatte sein Pferd so nahe an das Geschehen herangedrängt, wie dieses es zugelassen hat te.
Er lehnte sich in seinen Steigbügeln vor, die Augen starr auf das Messer
gerichtet und auf den Hals und den heißen Blutstrahl, der in der bitteren Novemberluft dampfte.
    „Warum?" hatte er Surrey später gefragt, als sich die große Halle langsam mit dem Duft gebratenen Wildbrets füllte und sie beide ohne Stiefel an den Füßen warm und behaglich vor dem Feuer saßen.
    Surrey runzelte die Stirn, und die elegante Linie seiner schwarzen
Brauen senkte sich fast bis auf seine Nasenwurzel. „Ich wollte nicht,
    daß der Tod eines solch schönen Tieres verschwendet würde. Ich dachte,
vielleicht finde ich dort ein Gedicht..."
    Seine Stimme wurde leiser, und Henry bohrte nach: „Und, hast du?"
    „Ja." Das Stirnrunzeln wirkte jetzt nachdenklich. „Aber ein Ge dicht, das mir zu rot ist. Ich werde die Jagd beschreiben und den Hirsch am
Leben lassen."
      Vierhundertfünfzig Jahre später gab Henry sich selbst dieselbe Antwort, die er damals dem Freund gegeben hatte: „Aber am Ende einer Jagd
steht immer der Tod."
    Die Spur nach Süden wurde von den anderen Fußspuren des Tages fast überlagert. Die Spur nach Norden schien klarer definiert, als sei hier ein
Weg mehr als einmal gegangen worden; vielleicht von einem Hotelzimmer fort und wieder zurück. Henry überquerte die Bloor Street, gelangte zur Kirche an der Ecke und
erstarrte dann so komplett
bewegungslos, daß der Strom der sonntagabendlichen Fußgänger achtlos an ihm
vorbeiziehen konnte.
    Er kannte den schwarzhaarigen, schwarzäugigen Mann, der ihm dort
entgegenkam.

zwölf
    Henry verharrte
reglos, während der andere Mann immer näher kam und fühlte
sich wie ein Kaninchen, das, von den Scheinwerfern eines Autos
geblendet, genau weiß, daß Tod und Verderben immer näher rücken, aber unfähig ist, sich zu bewegen. Die Sonne hinter seinen Augen erstrahlte heller und immer heller,
bis er alle Kraft aufbieten mußte, um außer ihr überhaupt noch etwas
anderes wahrzunehmen.
    Ich habe nichts, gar nichts, um hiergegen kämpfen zu können ...
    Dann, mit einem Mal erkannte Henry, wer ihm da gegenüberstand. Er und
seinesgleichen waren in der Lage, die Leben zu erkennen und zu deuten, die sie umgaben: Sie erkannten sie am Geruch, an Geräu schen, aber
auch mit Hilfe eines gewissen Etwas, eines besonderen Gespürs, das jenen zu eigen ist, die in der Nacht jagen. Was er da auf sich zukommen spürte, war ein Leben, ein
uraltes Leben, anders als jedes andere Leben, das er je gefühlt hatte.
Aber die Sonne war nur ein Symbol für dieses
Leben, was bedeutete, daß man damit umgehen
konnte.
    Ich habe von
diesem Leben gewußt, seit es erwachte! In den Zei ten, in denen ich am verletzlichsten bin, war es mir am stärksten bewußt!
Heiliger Jesus: Er hat mich fast in den endgültigen Tod getrieben, einfach nur dadurch, daß er da war!
    Mit zusammengezogenen Augenbrauen und zusammengebissenen Zähnen rang Henry darum, den Widerschein des anderen Lebens aus seinem Bewußtsein zu drängen. Endlich gelang es ihm; das Licht wurde schwächer. Endgültig bannen jedoch konnte er es nicht. Es bildete weiterhin den Hintergrund all dessen, was er tat, aber zumin dest blendete es ihn nicht mehr.
    Die Nacht kehrte zurück. Henry blinzelte, er spürte, wie er in einer Iris versank,
die so braun war, so tiefbraun, daß sie schon schwarz wirkte. Kurz bevor sich die Dunkelheit um ihn schloß, knurrte er und
riß sich los.
      „Nicht ohne Widerstand, nicht wie
ein Lamm zur Schlacht bank!"
      Starke Willenskraft prallte gegen seinen Zauberbann und zerschlug ihn! In all den Jahrhunderten, die vergangen waren, seitdem sein Gott ihn verwandelt hatte, hatte er eine solch rohe Kraft nie zu spüren
bekommen.
    Er hätte wissen müssen, daß es nicht so einfach sein würde, und er hätte den Versuch auch gar nicht unternommen, wenn ihn die Glorie dieses Ka nicht so

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