Humphrey, ich und Kokolores (German Edition)
über den Nachtisch herzumachen: Rote Grütze.
»Ich hab’s vermasselt.«
»Vielleicht läufst du ihm ja zufällig über den Weg?«
»Und wo? Ich weiß nicht mal genau, wo er arbeitet.«
»Du könntest dir einen Hund ausleihen und ihn in seiner Straße Gassi führen.«
»Er wohnt in einer Sackgasse. Das wäre doch ziemlich auffällig.«
»Dann muss Humphrey wohl noch mal Appetit auf Goldfische bekommen«, sagte sie mit einem Glitzern in ihren Augen, das ich vorher noch nie an ihr bemerkt hatte.
Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich ihren teuflischen Plan begriff.
»Nein«, sagte ich. »Das geht nicht.«
»Klar geht das. Wenn es dunkel ist, fahren wir beide hin, schleichen uns auf das Grundstück, setzen Humphrey in seinem Garten ab und verschwinden wieder. Dann musst du nur noch warten, bis er anruft und du Humphrey erneut abholen kannst. Aber vorher überlegst du dir genau, wie du ihn klar machen willst.«
Ich zog meine Augenbrauen hoch »Ähm...«
»Ich hab einen Haufen Hollywoodschnulzen oben in meinem Zimmer und könnte dir ein paar gute Sprüche heraussuchen.«
»Ich weiß nicht«, sagte ich zögerlich. »Meinst du nicht, er wird es seltsam finden, Humphrey wieder in seinem Garten bei den Goldfischen zu ertappen?«
Nele schüttelte energisch den Kopf. »Ich habe gerade von einer Katze in den USA gelesen, die immer wieder mehrere Meilen zurück zu ihren alten Besitzern gelaufen ist. Katzen können sich Wege merken.«
Ich warf einen seitlichen Blick zu Humphrey, der neben meinem rechten Fuß schlief. Sein nächtlicher Ausflug muss ihn angestrengt haben.
»Ich weiß nicht.«
»Du willst diesen Typen doch wiedersehen, oder?«
»Ja, schon.«
»Dann ist es abgemacht. »Und schon lief sie hoch in ihr Zimmer, mit der Ankündigung ihre Filme nach passenden Anmachsprüchen für mich durchzusehen.
»Liebster, ich warte auf dich. Wie lange dauert ein Tag in der Dunkelheit... oder eine Woche. Das ist aus: Der englische Patient .«
Ich prustete los. »Und wann soll ich das sagen? Wenn er nach unserer Hochzeit in den Krieg zieht?«
Nele machte einen Schmollmund.
»Das hier ist aus: Der Vorleser : Ich kann nicht ohne dich leben. Ich kann es nicht. Schon der Gedanke daran bringt mich um.«
»Etwas zu theatralisch. Sogar für meine Verhältnisse.«
»Zufälligerweise würde ich total gerne mit dir schlafen! Aus: Schlaflos in Seattle .«
»Soll er mich für eine Schlampe halten?«
»Vielleicht steht er ja auf Frauen, die den ersten Schritt machen?«
»Mit diesem Spruch würde ich den ersten Schritt auslassen und mich direkt ins Aus befördern.«
Nele räusperte sich.
»Ich habe nicht die Kraft, mich noch länger von dir fernzuhalten.«
Als ich nichts erwiderte, fügte sie hinzu, »Das hat Edward zu Bella gesagt.«
Ich seufzte. »Ich bin kein Vampir.«
»Du bist ganz schön anspruchsvoll. Kein Wunder, dass du Single bist.«
Ich bewarf sie mit einer Erdnuss. »Los, komm rüber mit etwas Vernünftigem!«
Sie grinste. Und zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass sie wirklich fröhlich war und nicht nur so tat.
»Unter allen Fährten in diesem Leben gibt es eine, die am meisten zählt. Es ist die Fährte, die zum wahren Menschen führt."
»Das ist toll! Aber es wird schwer werden das irgendwo einzubauen, ohne dass es bescheuert klingt.«
»Ist aus 'Der mit dem Wolf tanzt'.«
»Toller Film«, sagte ich. Das Telefon klingelte. Es war meine Mutter, die berichtete, dass ihre Operation gut verlaufen sei und sie sich nun erhole. Sie wünsche ausdrücklich keinen Besuch und würde sich wieder melden. Dann legte sie auf. Stirnrunzelnd starrte ich auf den Telefonhörer, aus dem nun das Freizeichen tönte.
»Seltsam.«
»Sie hat doch wirklich nur etwas mit der Hüfte, oder?«, fragte Nele mit großen Augen. »Ich meine, warum will sie denn keinen Besuch haben? Nicht, dass ich mich drum reißen würde, ich finde Krankenhäuser furchtbar, aber normale Menschen wünschen sich doch Besuch, oder?«
»Normale Menschen trinken auch keine Kräutertinktur eines zwielichtigen Heilpraktikers und fügen Glitzer hinzu, damit das Gesöff hübscher aussieht.«
Nele prustete. »Ich hab sie gewarnt. Aber sie wollte ja nicht hören.«
»Sie zeigt nicht gerne Schwäche«, erklärte ich. »Vermutlich hat sie starke Schmerzen und kann weder richtig liegen, noch sitzen, und will nicht, dass man Mitleid mit ihr hat.«
Das Telefon klingelte erneut. Dieses Mal war es für Nele. Ein Junge. Mit einem geheimnisvollen
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