Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hundeelend

Hundeelend

Titel: Hundeelend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bateman
Vom Netzwerk:
Zeitpunkt erwischt. Noch nicht so stark betrunken, dass die Lähmungen einsetzten, und auch noch nicht so randvoll mit Medikamenten, dass sie komatös war. Natürlich hatte sie laut geschrien und mich verflucht, während ich sie auf die Ladefläche des Mordsmobils schob und an ihrem Platz festschnallte; aber das perlte an mir ab wie Wasser vom Rücken einer Ente. Während der Fahrt wütete sie weiter aus voller Lunge – die übrigens eindeutig in besserem Zustand war als meine –, aber ich war erfahren und geduldig genug, um zu wissen, dass sich mir bald eine Bresche bieten würde.
    »Hörst du mir zu?«
    Unsere Blicke trafen sich im Rückspiegel. Ihr Gehirn hatte den Betrieb zur Hälfte eingestellt, ihre Motorik war reduziert auf lachhafte Zuckungen, doch dem glühenden
Hass in ihren Augen hatten Krankheit und Alter nichts anhaben können.
    »Also, du erbärmliche alte Kuh. Ich hab mich mein Leben lang um dich gekümmert. Und es war die verdammte Hölle. Du warst gemein, rachsüchtig und böse, seit ich mich zurückerinnern kann, und ich habe nie etwas von dir verlangt. Aber jetzt ist Alison in Gefahr, und du wirst ihr helfen. Hast du das verstanden?«
    Sie funkelte böse zurück.
    »Wir bekommen ein Kind.«
    Ich wartete weiter auf eine Reaktion.
    »Was dich, technisch gesehen, zur Großmutter macht.«
    Ich wartete und wartete.
    Endlich sagte sie mit ihrer fiesesten Schlägerstimme: »Bist du sicher, dass es von dir ist?«
    Aber ich schwöre bei Gott, ihr lief dabei eine Träne über die Wange.
     
    Wir parkten vor dem Connswater. Während ich sie durch die seitliche Schiebetür des Mordsmobils bugsierte, rekapitulierten wir die technischen Details. Zwar fluchte sie dabei ein bisschen und nannte mich einen Schwachkopf, aber im Wesentlichen schien sie einverstanden. Ich trug eine Baseballkappe, tief ins Gesicht gezogen.
    »Tiefer«, sagte Mutter, aber aus ihrem schiefen Mund klang es fast wie »Lieber«.
    Es war nur eine geringfügige Variation der Nummer, die ich mit Jeff durchgezogen hatte. Mutter würde ein Handy mit offener Leitung bei sich tragen, damit ich dem Gespräch folgen konnte, sowie einen Ohrhörer,
durch den ich ihr Anweisungen geben und soufflieren konnte.
    Als wir das Center betraten, entdeckte ich zu meiner großen Erleichterung einen Shopmobility-Stand mit ausleihbaren kleinen Elektrowägelchen, dank derer sich Behinderte selbstständig bewegen konnten. Auf diese Art vermied ich es, Mutter bis in den Restaurationsbereich schieben zu müssen, was ziemlich riskant gewesen wäre. Sie veranstaltete ein Riesentheater wegen des Umsetzens, und ich blaffte sie kurz an. Die Frau am Stand nahm mich beiseite und sagte: »Haben Sie je den Song ›No Charge‹ gehört?« Die auf der Hand liegende Antwort lautete: »Ja, hab ich. Melba Montgomery hat ihn gesungen; sie ist 1938 in Florence, Alabama, geboren und dort aufgewachsen; es war ihr einziger Hit in den Top 40 der Popcharts. Und jetzt verpissen Sie sich und kümmern sich bitte um Ihren eigenen Scheiß.« Und das hätte ich sicher auch gesagt, hätte ich nicht eine Mission zu erledigen und panische Angst vor den Augenbrauen dieser Frau gehabt.
    Ich erteilte Mutter letzte Instruktionen, außerdem drohte ich ihr damit, sie in ein Heim zu stecken, falls sie nicht kooperierte; dann schickte ich sie auf den Weg. Ich hatte mir die Kamera umgehängt, und das Adrenalin schoss nur so durch meine Adern. Das geht mir immer so, wenn ich andere Menschen in Gefahr bringe. Es ist wie bei der Lektüre eines Buchs – spannend, ohne dass man persönliche Opfer bringen müsste. Ich umrundete den Restaurationsbereich, in dem ein Burger King, ein Streat Café, ein Subway und ein Yangtze-China-Imbiss
im Halbkreis um eine gut bevölkerte Sitzzone angeordnet waren. Aber schon bald fiel mein Blick auf einen Tisch genau in der Mitte; dort konnte ich eindeutig Alisons weißen Blouson, ihre Haare und ihre Ohren ausmachen, zwar von hinten, aber sie war es definitiv. Rechts und links von ihr saßen zwei als Rapper verkleidete Schläger, kaum über zwanzig, mit kahlgeschorenen Schädeln und weißen Socken, und ihr gegenüber hockte ein fetter Koloss. Diesen identifizierte ich augenblicklich als Girth Biggs alias Smally Biggs alias Samson Biggs alias Willy Biggs alias Alias, weil er so viele Aliasse hatte. Doch wie auch immer man ihn zu titulieren geruhte, Biggs war nicht nur enorm fett, er war auch fett im Drogen- und Schutzgeldgeschäft. Manche nannten ihn auch den

Weitere Kostenlose Bücher