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Hundeleben

Titel: Hundeleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Zander
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hörte und sah ich auch Gespenster.
    »Ihr Bruder kommt mit einem Koffer vorbei. Er lässt den Koffer bei Ihnen zurück und verschwindet wieder. Die Tür hat sich kaum hinter ihm geschlossen, da öffnen Sie den Koffer bereits. Sie finden das Geld. Statt sich über den Fund zu freuen, sind Sie besorgt. Sie versuchen, Ihren Bruder zu erreichen. Fehlanzeige. Sie versuchen es immer wieder. Nach einigen Tagen beschließen Sie, professionelle Hilfe anzufordern. Warum?« Sie reagierte nicht. »Na schön. Sie rufen mich in der Nacht an, erzählen mir eine wüste Geschichte und suchen mich am nächsten Morgen in meinem Büro auf. So weit, so richtig?«
    »Ja.«
    »Sie erzählen mir, Ihr Freund sei verschollen. Eigentlich müsste Sie das doch freuen. Freund weg, Geld zur alleinigen Verfügung. Drei Tage später ist dann auch das Geld verschwunden. Finden Sie nicht, dass das reichlich mysteriös klingt?«
    Sie antwortete nicht.
    »Welchen Beruf haben Sie? Womit verdienen Sie sich Ihre Brötchen?«
    Sie antwortete wieder nicht. Stattdessen sagte sie:
    »Ich habe Angst.« Sie sah plötzlich klein und schutzlos aus. Merkwürdig. Es wirkte sogar echt.
    »Ach.«
    Sie blieb in sich gekehrt. Vielleicht hatte sie ja wirklich Angst. Aber sie konnte mit Waffen und Knebeln umgehen und sicher noch mit einigen anderen Dingen.
    »Verstehe ich richtig, dass es jetzt zwei Aufträge für mich gibt. Brudersuche und Geldsuche?«
    Sie sagte wieder nichts.
    »Ich nehme an, dass Ihnen der Bruder wichtiger ist als das Geld.« Ich sagte das mit einem leicht galligen Unterton. Sie ging weder auf das Gesagte noch auf das Ungesagte ein.
    »Sie verstehen sicher, dass zwei Aufträge mehr Arbeit erfordern als ein Auftrag. Mehr Arbeit, mehr Lohn. Das ist wie draußen in der Wirtschaft.«
    Sie schaute jetzt interessiert zu mir herüber. Mir fiel ein, dass es in der Wirtschaft gerade anders lief. Mehr Arbeit, gleicher oder weniger Lohn. Weniger Feiertage, mehr Arbeit. Aber sicher verstand sie mich auch so. Man muss ja nicht alles auf die Goldwaage legen. Hierfür war sie ohnehin nicht der Typ. Sie war auch nicht gerade der Typ, dessen Worte man auf eine solche Waage legte.
    »Ja. Ich verstehe.« Na bitte.
    Vielleicht gab es ja doch eine gemeinsame Basis.
    Sie erhob sich und machte sich auf den langen Marsch vom Sessel zur Couch. Unterwegs berührte sie irgendwo einen Schalter. Das Licht wurde schwächer. Vorsicht. Ich tastete nach meiner 38er. Sie war noch da. Ich legte die Hand um den Griff. Sollte Sylvia doch kommen. Ich war bereit. Und Sylvia kam. Ihre Beine berührten jetzt meine Knie. Ich räusperte mich heiser und dachte daran, wie sie Brand geknebelt hatte, dann dachte ich an die Grundregel Nummer drei für Privatdetektive. ›Keinerlei sexuellen Kontakt mit Klienten!‹ Sie legte mir einen Finger auf den Mund. Scheiß auf die Grundregel, dachte ich. Scheiß auf alle Grundregeln dieser Welt. Welcher DUD sie auch ersonnen haben mochte, er hatte Sylvia Keller nicht gekannt. Sylvia nahm jetzt meinen Kopf und drückte ihn sanft gegen ihren Bauch. Dann ließ sie sich langsam, sehr langsam auf ihre Knie hinab.

15
    Gegen neun Uhr morgens war ich zurück im Büro. Entspannt, gut gelaunt und übermüdet. Ich hatte über Nacht ein paar Regeln meines Berufsstandes gebrochen und war darüber nicht allzu betrübt. Vielleicht war ich endlich am Ende einer meiner vielen Pechsträhnen angekommen. Es war noch zu früh, hierüber ein abschließendes Urteil zu fällen.
    Mein Urteil über die letzte Nacht dagegen stand fest. Sieben plus. Sylvia hatte mir einen Vorschuss auf meine Goldsucherarbeit gezahlt. Ihre Vorauszahlung war sehr überzeugend gewesen und ich hatte sie klaglos entgegengenommen. Wieso auch nicht. Ich war niemandem Rechenschaft schuldig. Nur mir, meinem jeweiligen Klienten und der Nachwelt. Das mit der Nachwelt ließ mich kalt. Mit mir hatte ich auch kaum Probleme. Jedenfalls keine von der unlösbaren Sorte. Und die Probleme mit den Klienten würden sich klären lassen. Das war bislang immer so gewesen. Diesmal würde es nicht anders sein. Dachte ich.
    Ich warf die Kaffeeverbesserungsmaschine an, zapfte mir ein Getränk, setzte mich in dessen Gesellschaft an meinen Schreibtisch und bastelte an einer Entscheidung. Bett oder Arbeit, Schlaf oder Maloche. Ein echter Kompromiss war nicht in Sicht.
    Ich entschied mich für leichte Tätigkeiten ohne Überanstrengungseffekt. Quasi Büroarbeit. Ich kramte Marks Telefonnummer hervor. Sylvia war nach dem Frühstück

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