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Hundeleben

Titel: Hundeleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Zander
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aber es musste sein. Informationen waren das A und O in meinem Job, egal, wo die Informationen herkamen. Aus erster, zweiter oder dritter Hand. Es zählte nur, dass ich sie hatte.
    Mein Plan für die nächsten Stunden stand fest. Espresso austrinken, Zeitung lesen, Mark einen Besuch abstatten. Los!

16
    Eine Stunde später stand ich vor Marks Haus. Ich hatte mir über seinen Chef die Adresse besorgt. Eine einfache Übung. Warum war ich nicht früher draufgekommen?
    Ich solle Müller kräftig in den Hintern treten, hatte der Chef bemerkt. Dazu hatte ich geschwiegen. Jetzt stand ich also hier. Haus traf es nicht ganz. Marks Wohnung befand sich im fünften Stock einer unsanierten Platte. Das dazugehörige Wohnghetto hieß Schlaatz . Natürlich gab es auch ein paar sanierte Gebäude. Na klar. Das Jahr 89 lag ja auch schon eine Weile zurück.
    Ich drückte auf die Klingel neben der Haustür. Mit Wut im Bauch. Das Hoch war verflogen. Danke, Herr Brand, danke Herr Ex-Filmvorführer. Das Interview mit Sebastian Kling war wirklich großartig. Ich wurde namentlich erwähnt. Zweimal. Einmal als kulturfeindlicher Nachbar und einmal als Querulant. Möglicherweise traf beides zu. Nur, dass es jetzt jeder wusste, störte mich. Neue Vermutungen hinsichtlich des Brandes wurden angestellt. Der Zeigefinger war groß und wies wie die Zeiger der Windrose in die verschiedensten Richtungen, auch in meine.
    Natürlich hatten die Art-Companyeros laut Kling alles richtig gemacht. Alle anderen dagegen hatten alles falsch gemacht. Die Zuständigen der Stadt, die Anwohner, vor allem jedoch das Publikum. Die Potsdamer seien ausgeblieben, so Kling, weil sie keine Ahnung hätten. Lieber rannten sie ins UCI und glotzten Mainstream-Movies à la Hollywood, statt sich echter Kinokunst zuzuwenden. Er wünsche der neuen Betreiberin nur das Beste, prophezeie aber, dass sie in kürzester Zeit scheitern werde. Wie nett. Hatte er wirklich ›prophezeie‹ gesagt oder hatte der Über-Chef mit Versatzstücken aus seinem Wortschatz helfend eingegriffen? Egal. Ich würde mir Kling vorknöpfen. Und wie.
    Ich drückte erneut auf die Klingel. Die Sprechanlage blieb stumm. Ich drückte heftiger. Der Klingelknopf blieb stecken.
    Falls Mark bislang noch geschlafen hatte, jetzt würde er wach sein. Na und, er würde seinen Gesundheitsschlaf später fortsetzen können. Ich hatte ein paar Fragen und er die Antworten. Also mussten wir zusammenkommen. Jetzt.
    Hinter der Haustür polterte es laut. Die Tür ging auf. Ein übergewichtiger Typ mit Glatze und Bomberjacke blockierte den Eingang. Sollte das Mark sein? Hinter ihm tauchte ein schlecht gelaunter Staffordterrier auf. Der Terrier öffnete das Maul. Ich wich einen Schritt zurück. Gerade noch rechtzeitig. Der Bissversuch ging ins Leere.
    »He, Ihr Köter …«
    Ich kam nicht weiter mit meinem Satz. Der Typ packte mit seiner rechten Hand meinen Hals und drückte daran herum. Ich beschloss zu schweigen. Dafür machte der Typ den Mund auf und atmete mir ins Gesicht. Wahrscheinlich roch er noch schlechter als sein Hund.
    »Das Horst, du Penner. Kein Köter. Kapiert?«
    Mein Hals gehörte im Augenblick nicht mir, also nickte ich ein bisschen mit den Augen.
    »Hallo Hermann! Du endlich Typen erwischt, der Klingel dauernd demoliert?«
    Hinter Hermann tauchte eine Gestalt auf. Ein junger Türke. Horst ließ von mir ab und leckte wie besessen an dessen Schuhen herum. Den jungen Türken schien das nicht zu kümmern. Was war hier los? Hatte er Hermann gesagt?
    »He, Ali! Der hat Horst Köter genannt.«
    Ali trat zu mir heran. Er schaute sehr ernst. Ich versuchte, ihm meinen Standpunkt klarzumachen. Ging nicht. Dafür setzte mir Ali seinen Standpunkt auseinander.
    » Nich Köter sagen zu Horst, Hermann sonst beißen.« Er lachte etwas zu fröhlich. »Soll Döner mitbringen, Hermann.«
    Hermann nickte.
    »Knoblauchsoße?«
    » Un ’ doppel ’ Fleisch!«
    »Bis dann.« Ali ließ mich mit Hermann und Horst allein. Konnte er doch nicht machen. Doch, er konnte.
    »Entschuldigen!«, meinte Hermann jetzt.
    Ich versuchte es mit einem ›Ja‹. Der Druck am Hals ließ nach.
    » Sorry «, sagte ich.
    »Was ’n das?« Der Druck nahm wieder zu.
    » Tschuldigung . Ich wollte zu Herrn Müller.«
    Hermann sprang einen halben Meter zurück. Er schaute auf seine rechte Hand, als könne er erste Spuren von Lepra an ihr entdecken. Dann wischte er die Hand sorgfältig an seiner Hose ab. Trotz des Tarnmusters sah das Stück entsprechend aus.

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