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Hundeleben

Titel: Hundeleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Zander
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Oscar Wilde«, wiederholte ich erstaunt über die Übereinstimmung und winkte der Kellnerin. Sie war schneller ran als der Orient-Express.
    »Was darfs denn sein?« Nanu. Ihre Manieren hatten sich stark verbessert. Quasi von Null auf Hundert. Schön für sie.
    Anne bestellte. Ich bestellte. Alles kam. Vielleicht hatte ›Zicke‹ doch eine Zukunft. Vielleicht sogar als Kellnerin.
    Anne lächelte. Ich lächelte. Anne lächelte. Was jetzt? Ich beschloss, mit der Tür ins Haus zu fallen.
    »Was ich Sie schon immer mal fragen wollte. Sie kennen doch einen Herrn Alexander Brand?«
    Anne wurde bleich. Ihr Lächeln erstarb, als hätte es zuviel Frost gekriegt. Ich hatte sie auf dem falschen Fuß erwischt. Ganz eindeutig.
    »Ich finde ihn echt sympathisch«, log ich. »Er schreibt so nette, gut recherchierte Artikel.«
    Das Weiß ihrer Wangen wurde noch weißer. In ihre Augen schlich sich der Glanz von kaltem, tödlichem Stahl.
    »Er ist eindeutig der Beste«, versuchte ich es erneut.
    Sie stand auf, zeigte mir den Mittelfinger ihrer rechten Hand und ging. Was hatte ich falsch gemacht? Ich hatte eine einfache Frage gestellt. Die Antwort bzw. Nichtantwort darauf fand ich doch etwas verblüffend. Ich verlangte die Rechnung. ›Zicke‹ kam. Sie war jetzt brav wie ein überfüttertes Schoßhündchen, das auf den nächsten Happen scharf ist.
    »Diese blöde Ziege haben Sie erstklassig abserviert«, sagte sie. Ihre Wimpern flatterten auf und nieder.
    »Ja. Ich musste sie feuern. Sie wollte nicht mit mir schlafen.«
    »Aber …« Sie verstummte. Die Wimpern standen still.
    Ich zahlte, gab kein Trinkgeld und machte, dass ich wegkam. Dieses Café würde ich meiden müssen, die nächsten drei Wochen.
    Ich verließ das Café und bog in die Friedrich-Ebert-Straße ein. Ich überquerte die Straße, wich dabei einem übermütigen Biker, dann einem Audi mit PM-Kennzeichen aus und steuerte auf die Nummer 11 zu. Ich schaute auf die Uhr. 11.11 Uhr. Alles passte zusammen. Bestens. Ich hob den Blick. Alexander Brand! Na so was. Brand stand einige Meter weiter vor dem ›Backshop‹. Dann verschwand er darin. Er hatte mich nicht bemerkt. Gut so. Ich beschloss, ihn ein wenig zu observieren. Vielleicht würde es mich auf andere Gedanken bringen. Eigentlich stand ein Gespräch mit Sylvia an. Wegen Mark bzw. dem, was von Mark übrig war. Aber ich war nicht scharf auf dieses Gespräch. Überhaupt nicht.
    Ich drückte mich in den nächsten Hauseingang und wartete. Zwei Minuten später trat Brand wieder auf die Straße, in der linken Hand eine Tüte. Er schlenderte quer über die Ebert-Straße und bog in die Brandenburger Straße ein. Ich folgte ihm in 20 Meter Abstand.
    Brand schien es nicht eilig zu haben. Er starrte in dieses Schaufenster, dann in jenes. Er traf einen Bekannten, hielt einen Schwatz. Er traf einen weiteren Bekannten, hielt noch einen Schwatz. Schließlich blieb er vor der Buchhandlung Wolf stehen. Interessant.
    Ich hatte erwartet, dass er einen großen Bogen um den Laden machen würde. Das Gegenteil war der Fall, Wolfs Buchhandlung schien ihn regelrecht anzuziehen. Ein Gestalkter , der seinem Stalker entgegenkommt, das war ungewöhnlich. Aber vielleicht suchte er die Konfrontation. Vielleicht wollte er die Sache endlich zu einem Ende bringen, egal wie. Keine gute Idee, fand ich. Ich musste ihn warnen. Weshalb eigentlich? Vielleicht wollte er nur einen Krimi kaufen. Das war sein gutes Recht. Er konnte seine Krimis kaufen, wo er wollte. Nach einer Kurzschlusshandlung sah es bei Brand jedenfalls nicht aus.
    Ich betrat den Handyladen, der Wolfs Laden gegenüberlag und bezog hinter der Schaufensterscheibe Position. Handyläden sind der Renner. Überall auf der Welt. Immerhin schien die Handynachfrage der These zu widersprechen, dass die Leute immer weniger miteinander redeten. Sie widersprach aber nicht der These, dass die meisten nur Müll quatschten. Der Vorteil beim Handy war, dass man sich bei eigenhändig vollzogenem Abbruch des Gespräches auf das Wirken eines Funklochs berufen konnte. Der Nachteil war, dass man zuvor rangehen musste.
    »Kann ich Ihnen helfen?« Neben mir tauchte ein junger Verkäufer auf.
    »Ja. Gehen Sie bitte dort rüber«, ich wies in Richtung Brand, »und hauen Sie dem Typen kräftig eins aufs Maul. Sie brauchen keine Angst zu haben, der schlägt nicht zurück.«
    Er tippte mit dem Finger leicht gegen seine Stirn. Höflich war das nicht. Aber okay. Für die nächsten fünf Minuten würde er mich in Ruhe

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