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Hundeleben

Titel: Hundeleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Zander
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hatte Brand in meinen Akten rumgeschnüffelt. Und er hatte mit Sylvia gesprochen. Verdammt. Was wusste Brand bzw. was wusste er nicht?
    »Waffe Nummer eins ist hier«, klärte ich Proll auf. »Dein Obermeister Wild hat sie von mir. Zuvor hat sie einer meiner Klienten einer Buchhändlerin gegeben, der ich wiederum …«
    »Was?« Prolls Augen verengten sich zu Schießscharten.
    »Es ist einfacher, als es sich anhört. Au! Verdammt! Weißt du, wie schmerzhaft das ist?« Mein Herz erhöhte den Druck, meine Hände kribbelten und glühten. Dann kam endlich die Normalität. Noch mal Glück gehabt.
    »Wenn man den Körper spürt, weiß man, dass etwas nicht in Ordnung ist«, dozierte Proll . »Entweder es gibt anschließend einen Lerneffekt oder es gibt keinen Lerneffekt. Wie ist das bei dir?«
    »Danke«, sagte ich.
    »Bitte«, sagte er.
    »Und ehe ichs vergesse, hier, mein Beitrag für die Weihnachtsfeier der Potsdamer Kripo. Ich hoffe, ihr trinkt ein Gläschen Glühwein auf mein Wohl.«
    Ich reichte Proll den vorbereiteten Umschlag. Er zog das Geld heraus, zählte es, drehte den Umschlag, schüttelte ihn, starrte hinein. Dann sagte er: »Wo ist die DVD-Hülle ?«
    »Bei mir. Wo sonst?«
    »Bei dir. Wie schön. Sagtest du nicht was von 5.000, Gass ?«
    »So um die 5.000, sagte ich.«
    »Ja, das hast du gesagt.«
    »Na bitte.«

35
    23,8 Prozent der in Deutschland im letzten Jahr verübten Straftaten waren von Frauen begangen worden. Bei Mord und Totschlag bewegte sich ihr Strafanteil bei zu vernachlässigenden 12,7 Prozent. Es war eindeutig, um wen bzw. was man auf der Straße einen Bogen zu machen hatte. Um Hunde, deren Hinterlassenschaften und um wandelnde Testosteronbomben.
    Das Land Brandenburg lag im bundesweiten kriminologischen Vergleich so lala im Rennen. Wie üblich. Bei einem Bevölkerungsanteil von 3,1 Prozent kamen die preußischen Groß- und Kleinkriminellen auf einen Strafanteil von 3,6 Prozent. Damit lagen sie immerhin vor kriminologisch uninteressanten Ländern wie Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen, mussten sich aber Spitzenregionen wie Meck-Pomm , Nordrhein-Westfalen und Berlin geschlagen geben. Ich blätterte weiter in der PKS, der Polizeilichen Kriminalstatistik. Das Innenministerium hatte mir die Zahlen zugesandt. Vielen Dank auch!
    Insgesamt gesehen war alles besser geworden. Wie immer. Die erfassten Fälle waren gestiegen und die Aufklärungsquote erreichte glänzende 54,2 Prozent. Handtaschenraub, Diebstahl von Fahrrädern und Mord befanden sich auf dem Rückzug. Dafür hatten Nebenbereiche wie Rauschgifthandel, illegaler Waffenbesitz und Körperverletzung zugelegt. 5.499 Mal war der Abzug einer Waffe betätigt worden. Ein Minus von 12,5 Prozent. Gut zu wissen. Meine Lebenserwartung stieg.
    Seit einer halben Stunde saß ich wieder in meinem Büro. Ich hatte die nassen Klamotten gewechselt, ein heißes Bad genommen und unternahm gerade den Versuch, wieder auf Touren zu kommen. Die PKS und ein hart gebrühter Espresso unterstützten mich dabei. Immerhin brachte mich die PKS auf den Gedanken, über meine Aufklärungsrate nachzudenken. Von dort war es nicht weit bis zu meinen aktuellen Fällen.
    Schon in der Badewanne hatte ich einige Theorien gewälzt, aus naheliegenden Gründen Schlussfolgerungen jedoch vermieden.
    Jetzt am Schreibtisch ließ ich meinen Assoziationen freien Lauf.
    Ich nahm die PKS und warf sie in die hinterste Ecke des Büros. Ich legte die Füße auf den Schreibtisch, blinzelte der Spinne zu, die über mir ihr Netz baute und nahm einen weiteren Teil meines Gehirns in Betrieb.
    Wer hatte Mike getötet und warum? Wer hatte die Leiche beseitigt? Das waren die Hauptfragen. Wie viele Personen waren beteiligt? Eine oder mehrere? Warum wurde die Leiche beseitigt? In welcher Beziehung hatten Mörder und Opfer zueinander gestanden? Waren sie Kompagnons gewesen oder Konkurrenten? Oder erst Kompagnons und dann Konkurrenten?
    Bestand nicht sogar die Möglichkeit, dass Mikes Mörder sich noch in der Wohnung befunden hatte, als ich nach dem Geld suchte? Ja, so konnte es gewesen sein. Dann musste er das Geld gefunden haben, kurz bevor ich … Mir stockte der Atem. Ich war um Minuten am großen Fund vorbeigeschrammt. Wahrscheinlich.
    Was aber, wenn ich das Geld gefunden hätte? Vor dem Mörder? Würde ich Mike und Mark jetzt Gesellschaft leisten? In welchem Teil der Wohnung hätte der Mörder mir die 22er in den Mund geschoben und abgedrückt. Im Schlafzimmer? Vielleicht hatte er keine

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