Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hundeleben

Titel: Hundeleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Zander
Vom Netzwerk:
Richtung der nickenden Kollegen und fuhr dann im Tonfall eines Hochschuldozenten fort: »Wenn man, wie Sie, in der Öffentlichkeit steht, zumindest manchmal, muss man lernen, die Wahrheit auszuhalten. Sie ist, wie ich bereits sagte, sehr verschieden von der Vorstellung, die man von sich selbst hat und sie besteht nur zu einem verschwindend geringen Anteil aus Streicheleinheiten. Natürlich wissen wir um die Macht des Zeitungswortes, gerade in einer solch kleinen Stadt wie Potsdam, aber niemand hier wird diese Macht ausnutzen, schon gar nicht, um irgendein privates Mütchen zu kühlen. Niemals. Das widerspricht dem Ethos unseres Berufsstandes.«
    Wieder lächelte er sanft in die Runde. Und wieder nickten einige. Waren es inzwischen mehr geworden?
    »Sie schreiben hier«, erwiderte ich und stocherte mit dem Zeigefinger in der Luft herum, »von irgendwelcher Erfolglosigkeit meinerseits. Das ist beleidigend. Mal abgesehen davon, dass es so nicht stimmt.«
    »Sie sind also erfolgreich?«
    Ich antwortete nicht. »Welche Fälle haben Sie in der letzten Zeit gelöst? Wie viele Klienten haben Sie vertreten? Welchen Nutzen bringt Ihr Gewerbe der Stadt? Welche Rolle spielten Sie bei dem Brand im ältesten Kino der Stadt?«
    »Keine. Der Brand …«
    »Sehen Sie«, unterbrach er mich. »Sie selbst zweifeln an Ihrer Befähigung. Ich spreche nur aus, was Sie selbst bereits wissen, sich aber nicht eingestehen wollen. Ich will Ihnen doch nur helfen. Ich sage Ihnen, wie es ist und Sie können daraus die richtigen Schlussfolgerungen ziehen. Das ist das Wesen der Pressearbeit: Finger in die Wunde, Finger aus der Wunde, Heilung.«
    Er grinste jetzt schlau, als hätte er irgendeine Kurve gekriegt. Hatte er auch. Was war aus meinem Überraschungsangriff geworden? Wo blieb mein Argumentenscharmützel ? Warum trumpfte ich nicht langsam auf? Warum ließ ich mich wie ein Idiot vorführen? Lag es an der ungewohnten Umgebung, an meinem geschickten Gegner oder an meiner schlechten Vorbereitung?
    »Ich will Ihnen was sagen, Herr Brand …«
    »Ja? Was bitte? Vielleicht kann ich es ja für einen zweiten Artikel unter dem Titel ›Noch mehr aus dem Leben eines Privatdetektivs‹ verwenden.« Er schaute mich erwartungsfroh an. Ich ballte die rechte Hand zur Faust. Sollte ich zuschlagen? Noch nicht. Noch waren die letzten Argumente nicht ausgetauscht.
    Brand redete weiter: »Allerdings befürchte ich, dass der Chefredakteur das Thema für abgeschlossen hält. Das Leserinteresse sollte man nicht überstrapazieren. Und in Ihrem Fall … Es gibt da eine unsichtbare Grenze, die man nicht übertreten darf. Unser Chefredakteur ist der Hüter dieser Grenze. Und ein sehr guter dazu.«
    »Sie sind ein Stalker «, brach es auch mir hervor. »Sie haben Anne Klein verfolgt, ihr hunderte E-Mails geschickt, sie mit Telefonanrufen bombardiert und ihr außerdem noch einen Privatdetektiv auf den Hals geschickt.«
    »Ach«, sagte er nur.
    »Mir erzählten Sie das Märchen vom verfolgten Mann, dem eine Verehrerin die Hölle heiß macht. Vielleicht möchten Sie das ja gern, aber die Realität sieht ganz anders aus.«
    »Wie denn?«, mischte sich ein etwa 50-jähriger Schlipsträger in unser Gespräch ein.
    »Sagte ich schon.« Ich wandte mich dem Fragesteller zu. »Haben Sie nicht zugehört?«
    Der Fragesteller lächelte und hob dabei abwehrend die Hände als fürchte er einen Angriff. »Doch. Ich habe sogar sehr genau hingehört. Deshalb frage ich ja. Also, wie sieht die Realität aus? Ihrer Meinung nach.«
    »Also«, meldete sich Brand zurück. »Herr Chefredakteur, dieser Mann ist nicht zurechnungsfähig. Er sieht in mir einen Nebenbuhler, einen Geschlechtskonkurrenten. Das ist ein typischer Fall von Problemübertragung. Dabei sah ich, wie er über Anne Klein herfiel. Mein Eingreifen verhinderte Schlimmeres. Außerdem hat er was gegen die Dinge, die ich in meinem Artikel ausgeführt habe.«
    »Hätte ich auch.«
    »Was?« Brand starrte seinen Chef an, als hätte der ihm ein Messer in den Rücken gesteckt. Vielleicht hatte er das auch.
    »In Ihrem Artikel stehen einige Behauptungen, noch dazu als sogenannte Tatsachen getarnt. Nicht zum ersten Mal.«
    »Aber …«
    »Herr Gass «, er wandte sich wieder mir zu. »Sie sind tatsächlich Privatdetektiv?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Interessant. Erzählen Sie. Bitte.«
    Na schön, warum nicht. Ich erzählte meine Version der Geschichte. Brand protestierte häufig.
    Noch häufiger wies ihn sein Chef an, ruhig zu bleiben. Hin und

Weitere Kostenlose Bücher