Hundherum glücklich - Ein Freund. Ein Buch.

kann man bei Mensch und Tier also leicht auf mehr als zehn Sinne kommen.
Übersinnliche Sinne
    Umgangssprachlich meint man aber etwas anderes, wenn vom sechsten oder siebten Sinn die Rede ist: Übersinnliches, Hellsehen beispielsweise, Gedankenübertragung, Vorahnungen.
    Solche Phänomene werden auch von Hunden berichtet. Da gibt es Geschichten von Hunden, die den Tod ihrer Besitzer über kilometerweite Entfernungen hinweg spürten, und auch Berichte über Hunde, die immer vorausahnten, wann ihre Besitzer nach Hause kamen, selbst wenn die Rückkehr stets zu unterschiedlichen Zeiten stattfand. Viele Hundebesitzer erzählen auch, wie sie von ihren Vierbeinern vor Gefahren gewarnt wurden. Der britische Biologe Rupert Sheldrake beispielsweise ist sicher, dass alle Tiere einen siebten Sinn besitzen, der ihnen ungewöhnliche Fähigkeiten verleiht.
    Aber benötigen Hunde für solche Phänomene wirklich telepathische Fähigkeiten? Oder reichen die Sinne aus, die sie genau wie wir haben und die bei ihnen einfach anders ausgeprägt sind als bei uns?
Der kluge Hans war gar nicht klug
    Wozu Tiere mit ganz normalen Sinnen fähig sind, beweist die Geschichte vom klugen Hans, einem Pferd, das vor hundert Jahren für Schlagzeilen sorgte. Dieser Rappe konnte rechnen und zählen. Egal, welche Aufgabe ihm sein Besitzer Wilhelm von Osten stellte, Hans wusste die Antwort und klopfte sie mit dem Huf. Skeptiker vermuteten Betrug und überprüften die Sache wissenschaftlich, aber Hans überzeugte jede Jury. Selbst wenn sein Besitzer nicht anwesend war, konnte er alle Rechenaufgaben korrekt lösen. Ein Doktorand lüftete schließlich das Geheimnis. Er stellte nämlich fest, dass Hans die Lösung nur kannte, wenn er entweder den Fragesteller oder sein Publikum sehen konnte. Hans war also kein Rechenkünstler, er beherrschte nur die Kunst, feinste Nuancen menschlichen Verhaltens beobachten und deuten zu können. Das hatte selbst sein Besitzer nicht gewusst.
    Auch für Hunde gilt: Viele Phänomene, die auf Übersinnliches schließen lassen, könnten Indizien für überaus feine Sinne sein.
Nur Menschen zählen Sinne
    Man kann über solche Fragen streiten, man kann es aber auch lassen, das Ergebnis ist gleich: Schon die fünf unbestrittenen Sinne von Hund und Mensch funktionieren beim Hund anders als beim Menschen. Hunde hören Zwischentöne, die wir nicht hören können, sie sehen Veränderungen in unseren Gesichtern, die uns selbst entgehen, sie riechen unsere Gefühle und unsere Krankheiten, und mit ihren Barthaaren nehmen sie kleinste Luftbewegungen wahr, die wir nicht spüren. Und wer weiß schon, welche Dinge Hunde noch können, von denen wir bis jetzt keine Ahnung haben. Ob das nun sinnlich oder übersinnlich ist, ist eine Definitionsfrage, und darin sehen zumindest Hunde überhaupt keinen Sinn.

24 Hund und Intelligenz
    Bis Anfang der Neunzigerjahre konnte noch jeder Hundebesitzer glauben, sein Hund sei der klügste der Welt. Doch dann änderte sich das plötzlich fast über Nacht.

    Weltweit boomte in diesen Jahren die Begabtenforschung, und an den psychologischen Instituten der Universitäten sprossen wissenschaftliche Publikationen zum Thema Hochbegabung wie Pilze aus feuchten Waldböden. Plötzlich hatte fast jede Familie mindestens ein hochbegabtes Kind, und wenn nicht, dann galt das schon fast als Makel.
    In diesem Klima veröffentlichte Stanley Coren, ein Psychologieprofessor an der Universität in Vancouver, einen Intelligenztest für Hunde samt einer Liste von Hunderassen, geordnet nach ihrer Klugheit. An der Spitze standen Border Collie und Pudel, Deutscher Schäferhund, Golden Retriever und Dobermann, Schlusslichter waren Barsoi, Chow-Chow, Bulldogge, Basenji und, als Letzter auf der Liste, der Afghanische Windhund. Hütehunde schnitten bei Coren insgesamt besser ab als Jagdhunde, und Mischlinge glichen in der Intelligenz angeblich den Hunderassen, denen sie auch äußerlich ähnlich sahen.
    Um diese Liste erstellen zu können, hatte Coren 208 Richter von Hundegehorsamsprüfungen nach ihren subjektiven Eindrücken zur Intelligenz von Hunden befragt. Obwohl diese Vorgehensweise schon auf den ersten Blick große wissenschaftliche Mängel zeigt, wurden Corens Bücher zum Verkaufshit, und seine Thesen geistern noch heute durch die Schlagzeilen.
Intelligente Tiere
    Intelligenz, was ist das eigentlich? Jeder von uns glaubt, sie zu besitzen, aber kein noch so intelligenter Mensch kann definieren, was Intelligenz eigentlich sein soll.