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Hundsleben

Hundsleben

Titel: Hundsleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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gewesen war. Nur, wie würden sie das beweisen,
und wieso machte der Mann sich selbst die Finger schmutzig?
    Gerhard landete auf der Drumul Roşu, schwang langsam
ab bis zur Talstation. Rief Reiber an, der gottlob ans Handy ging.
    »Weinzirl, Sie Derwisch, wo sind Sie?«
    »Wir waren per Du! Alles klar, Volker?«
    »Ja, kleinere Blessuren. Frau Raţ lebt. Sie haben sie nach Kronstadt gefahren.
Wo sind Sie … bist du?«
    »Am Lift. Ich bin gleich bei euch! Seid ihr noch an
der Hundestation?«
    »Ja, Himmel, Gerhard, ich hoffe, du hast eine gute
Geschichte parat.« Reiber klang besorgt.
    »Oh ja, eine sehr gute.«
    Inzwischen hatte sich Dämmerung über Poiana und die
typische Betonklötzchen-Ferienhausarchitektur des Sozialismus gelegt. Wieder
glitt Gerhard mit Doppelstockeinsatz und Skatingstil zur Hundestation. Dort
herrschte hektisches Treiben, Răzvan hatte augenscheinlich die Sache in die
Hand genommen. Als er Gerhard erspähte, hob er eigenhändig das Absperrband.
»Sind Sie okay?«
    »Durchaus, ich spüre lediglich meine Knie. Das
Skimaterial ist nicht gerade knochen- und sehnenschonend.«
    Reiber kam dazu. Er hatte einen Verband um den Kopf
und trug eine Augenklappe.
    »Fluch der Karibik, oder was?« Gerhard grinste.
    »Eher Fluch der Karpaten«, konterte Reiber, und
schlagartig wurden sie beide wieder ernst.
    »Können wir irgendwohin gehen, wo wir in Ruhe reden
können?«, fragte Gerhard.
    Răzvan nickte. »Ich habe im ›Sura Dacilor‹ eine Art
Kommandozentrale eingerichtet. Kommen Sie!«
    Als sie eintraten, salutierte der Beamte am Eingang
regelrecht. In einer der Stuben standen Laptops, ein Mann hackte auf der
Tastatur herum. Răzvan stellte ihn als das größte Computergenie zwischen Sofia
und Rom vor. Kaffeekannen standen auf dem Tisch und ein fetttriefendes Gebäck.
Mihnea tauchte aus dem Dunkel des Nebenraums auf und reichte Gerhard seine
normalen Schuhe. Die ganze Szene hatte etwas Bizarres, wie in einem
Aki-Kaurismäki-Film.
    Gerhard trank Kaffee, biss in eines der
Schmalzteilchen und sagte dann: »Es war Constantin Nagy, dem ich gefolgt bin.
Ich bin mir sicher.« Er berichtete von der aberwitzigen Verfolgungsjagd und
schloss: »Der Typ fährt wie die Hölle.«
    Răzvan sah ihn durchdringend an. »Sind Sie ganz
sicher?«
    »Ja!«
    »Constantin Nagy war Mitglied der rumänischen
Skinationalmannschaft. Er stammt aus Predeal. Er kennt alle Skiberge hier wie
seine Anzugtasche, oder wie sagen Sie in Deutschland?«
    »Westentasche. Das passt, so fährt nur einer, der das
von Kindheit an draufhat. Der Skifahren vor der Dekade der platt gebügelten
Carvingpisten gelernt hat. Er war es!«
    »Nur schwer zu beweisen«, murmelte Reiber, der
ebenfalls so ein schmalziges Ding im Mund hatte.
    Sie schwiegen. »Hätte es nicht Sinn gemacht, den Ort
abzusperren? Dass Constantin nicht mehr rauskommt?«, fragte Reiber schließlich.
    »Das habe ich in Erwägung gezogen, aber einer, der auf
Ski unterwegs ist, hat viele Möglichkeiten. Die Karpatenwälder sind
verschwiegen. Und wenn es wirklich Constantin Nagy war, dann hat er Mittel und
Wege, zu entwischen.«
    »Verdammt, ich hätte ihn stellen müssen!« Gerhard hieb
mit der Faust auf den Tisch.
    »Verdammt! Nein, die ganze Aktion war mehr als
fahrlässig. Er hätte dich erschießen können«, wetterte Reiber.
    »Hat er aber nicht!«
    Răzvan hob beschwichtigend die Hände. »Wir sind in
der Beweispflicht. Meine Leute untersuchen die Praxis, ich hoffe, Constantin
Nagy hat irgendwas hinterlassen. Und wenn es ein Nasenhärchen ist.«
    »Ist Ionela Raţ denn vernehmungsfähig?«, fragte Gerhard.
    »Nein, und das wird sie eine Weile auch nicht sein.
Sie liegt im künstlichen Koma. Es ist unklar, ob sie durchkommt. Wir müssen
anders an Constantin rankommen.«
    Gerhard überlegte, ließ die Bilder vor seinem inneren
    Auge nochmals ablaufen. Der Mann dringt ein, attackiert Ionela Raţ. Er und
Reiber kommen dazwischen, der Mann versteckt sich und wartet auf einen
günstigen Zeitpunkt, auf einen Ausfall. Schon komisch, dass er in
Militärterminologie dachte. Aber sie waren auch im Krieg! Er dachte an all das
Blut, und auf einmal entfuhr ihm ein »Das ist es! Natürlich!«.
    »Bitte, was ist was?« Captain Sparrow funkelte mit dem
noch verbliebenen Auge.
    »Der Hund! Der Hund hat Constantin sicher attackiert,
der Hund blutete stark. Ich wette, dem netten Tierchen haften Spuren von
Constantin an den Zähnchen.« Gerhard sah sie triumphierend an. »Wo ist der

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