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Hundsleben

Hundsleben

Titel: Hundsleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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Hund
überhaupt?«
    »Im Haus. Wir haben eine Mitarbeiterin von Ionela
angerufen. Wir haben sie befragt, wir können davon ausgehen, dass sie wirklich
keine Ahnung davon hatte, was Ionela und ihre Frau Pfaffenbichler außer der
Tierliebe noch verbunden hatte. Sie ist auch erst zwei Monate da, sie ist eine
Tierarzthelferin aus Hermannstadt, die über internationale Spendengelder
finanziert wird und hier viel besser verdient als in Sibiu, also Hermannstadt.
Sie versorgt nun die Hunde, sie kümmert sich um die Wunden bei dem Tier.« Răzvan
starrte Gerhard an.
    »Wir müssen sie aufhalten!« Die drei Männer stürzten
aus der Stube, hinüber in die Hundestation. Răzvan schrie etwas, Gerhard
verstand nur den Namen »Wilhelmine«. Wilhelmine entpuppte sich als eine sehr
attraktive Frau, etwa Mitte dreißig. Sie hatte Einweghandschuhe an und eine
Jodtinktur in der Hand.
    »Hat sie schon?«, fragte Gerhard.
    »Nein, sie wollte, dass sich das Tier etwas beruhigt.«
Er wandte sich wieder an diese Wilhelmine und übersetzte dann für Gerhard und
Reiber. »Ich hab ihr erklärt, dass wir Proben vom Blut an seinem Körper
brauchen und Material von den Zähnen. Der Hund ist noch in der Küche.«
    Wilhelmine öffnete die Tür, und der Hund fletschte
sofort wieder die Zähne. Sie redete leise auf ihn ein und ging langsam auf ihn
zu. Kniete sich nieder, begann vorsichtig das Blut abzutupfen und in die
Röhrchen zu geben. Sie strich dem Tier über den bulligen Kopf und versuchte mal
probehalber an seinen Lefzen zu zupfen. Nur weil sie eine sehr schnelle
Reaktion hatte, war der Finger noch dran. Sie sagte etwas zu Răzvan.
    »Sie sagt, dass er sich nie ins Maul fassen lässt. Nur
unter Betäubung. Wir brauchen einen Tierarzt.«
    Gerhard hatte die Szene wie Răzvan und Reiber auch
vom Türrahmen aus verfolgt. Langsam ging er in den Raum hinein. »Junge, ich hab
dich einmal gebeten, zu kooperieren, geht das noch ein zweites Mal?«, fragte er
leise.
    Der Hund sah ihn, da war es wieder, dieses Band. Da
war dieser Strahl zwischen ihren Augen. Die Welt versank. Es gab nur noch
Gerhard und den Hund. Wilhelmine hatte sich vorsichtig erhoben und folgte mit
den Augen jeder von Gerhards Bewegungen. Langsam reichte sie ihm ein Röhrchen,
einen kleinen Spatel und ein paar Leckerlis.
    »Du hilfst deinem Frauchen, es liegt an dir«, sagte
Gerhard und hockte sich zu dem Hund. Auf Augenhöhe, er konnte seinen Atem
riechen, etwas Mundwasser hätte ihm sicher nicht geschadet. Gerhard reichte dem
Tier ein Leckerli, der Hund nahm es nicht gierig, eher sehr höflich und
nachdenklich. Gerhard strich ihm über die Nase, und dann schob er vorsichtig
den Kiefer auseinander, kratzte mit dem Spatel an den Zähnen entlang, warf ein
Leckerli hinterher. Mit einem »Klack« schloss sich das Maul mit den
Piranhazähnen.
    »Danke, mein Freund«, sagte Gerhard. Sie sahen sich
nochmals an, dann erhob sich das Tier und ging zu Wilhelmine hinüber. Seine
rauen Pfoten auf dem Linoleum erzeugten das erste Geräusch in einer
gespenstischen Stille. Gerhard erhob sich, drehte sich um und sah in Gesichter,
die ihn anstarrten, als wäre er über Wasser gewandelt. Als hätte er Wasser in
Wein verwandelt. Er ging auf Răzvan zu, drückte ihm die Röhrchen in die Hand.
»Ab damit!«
    Răzvan sagte ein paar Dinge zu Wilhelmine, dann gab
er Gerhard die Hand. »Ich hab so was noch nie gesehen. Danke.«
    Die Anspannung wich, Reiber legte Gerhard die Hand auf
die Schulter. »Ich wusste nicht, dass du ein Hundeflüsterer bist.« Das war
locker dahingesagt, aber Gerhard hörte den Respekt.
    »Ich auch nicht.«
    Răzvan erklärte ihnen, dass er Zimmer im Hotel
»Piatra Mare« gebucht hätte, dass er und sein Computerguru nach Bukarest ins
Labor fahren und morgen Ergebnisse erwarten würden. Er hatte trotz der Kälte
Schweißperlen auf der Stirn, seine Augen glänzten fiebrig. Gerhard verstand
ihn, er war zum ersten Mal wirklich nahe dran. Răzvan bat Gerhard noch,
Wilhelmine ein bisschen auszufragen. Über Ionela, über Frau Pfaffenbichler,
über Constantin …
    Das Hotel war einer dieser Ostklötze in Pyramidenform,
hatte diesen Riesenspeisesaal, aber auch eine Bar, und Gerhard und Reiber waren
durchaus erfreut, als Wilhelmine sich zu ihnen setzte. Sie sprach zwar kein
Deutsch, aber ein hervorragendes Englisch, das ihr ganz leicht von den Lippen
kam. Gerhard verfluchte sich mal wieder, dass er nie eine Sprache richtig
gelernt hatte und auf Schulniveau rumstümperte. Sie tranken Wein und

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