HUNGER & LUST: Das erste Buch zur Kulinarischen Körperintelligenz (German Edition)
bevorzugt werden“, resümiert der Autor der Untersuchung, Gerd Gigerenzer, einer der renommiertesten deutschen Psychologen. Zu vergleichbaren Ergebnissen kam Anfang 2011 eine Cochrane-Analyse aller Studien, die sich mit dem Einfluss von Statistiken auf Ärzte und Patienten befasste: „Menschen, denen Informationen anhand des relativen Risikos vermittelt werden, sind eher bereit, ein Medikament zu nehmen und eine Behandlung zu beginnen“, so Dr. Elie Akl, Studienleiterin der Universität Buffalo in New York. Und das, obwohl wir die absolute Wahrscheinlichkeit besser verstehen als die relative …
Fragen Sie daher doch gelegentlich bei den Medien nach, von welcher Wahrscheinlichkeit bei „vielversprechenden“ Studienergebnissen berichtet wird.
„Aber in diesem Buch werden doch auch viele Untersuchungen (ohne Klarstellung der Wahrscheinlichkeit) zitiert“, werden Sie jetzt hoffentlich kritisch anmerken. Richtig, denn die meisten dieser Studien sollen Ihnen nur einen generellen Blick auf die „andere Seite“ der Forschung ermöglichen, die keinen so hohen Bekanntheitsgrad genießt wie die vielen „Dies und jenes ist gesund“-Studien – denn mit diesen Untersuchungen, die „gesunde“ Nahrungsmittel entzaubern, kann kein Geld verdient werden. Wie aber bereits in der Einleitung zu diesem Kapitel erwähnt: Sie lesen sowohl hier als auch im weiteren Verlauf dieses Buches keine wissenschaftliche Beweisführung, um miteiner Studie eine andere zu widerlegen und Ihnen neue „Wahrheiten“ aufzutischen. Das Resümee ist und bleibt daher gleich: Vertrauen Sie keinen Studien, sondern Ihrer Kulinarischen Körperintelligenz, die über Hunger und Lust für die richtige Auswahl Ihrer Nahrungsmittel zur optimalen Nährstoffversorgung sorgt (dazu mehr im folgenden Kapitel).
Schnelle Lust auf lustige Studienergebnisse, die bestens zusammenpassen? Depressionen erhöhen das Adipositas-Risiko , lautete das Ergebnis einer Studie im Britischen Ärzteblatt Ende 2009. Fast zeitgleich gaben japanische Forscher aber bekannt: Pessimisten nehmen leichter ab .
Noch ein interessantes „Pärchen“: Je mehr Süßigkeiten Kinder essen, desto eher landen sie als Erwachsene im Knast , so eine Beobachtung der Universität in Cardiff. Demgegenüber lassen die Ergebnisse der KidsVerbraucherAnalyse 2009 aufhorchen: Mehr als die Hälfte der 6- bis 13-Jährigen kauft vom eigenen Geld Süßigkeiten . Schöne Aussichten für unser Justizsystem …
So schön es auch ist, viel zu wissen – in Sachen Essen & Trinken zählt nicht nur in puncto Menge: „Weniger ist manchmal mehr.“ Auch und insbesondere beim Wissen und seiner Anwendung gilt diese Devise. Weiteres Gewicht bekommt diese Empfehlung aufgrund der Tatsache, dass exklusiv von Unternehmen unterstützte Ernährungsstudien eine vier- bis achtfach höhere Wahrscheinlichkeit haben, günstige Ergebnisse zu erzielen, als von nicht kommerziellen Geldgebern finanzierte Untersuchungen . So lautet das Ergebnis der Bewertung von 206 Studien zu Limonaden, Fruchtsäften und Milchprodukten (bei denen übrigens nur in 54 Prozent die Finanzierung deklariert war).
Weiter scheinen Forscher auch gerne an ihren eigenen Daten zu drehen, denn positive Studien sind für den persönlichenErfolg wichtiger als Negativergebnisse. So präsentierte ein schottischer Forscher Ende 2009 die Analyse von 21 „Glaubwürdigkeitsstudien“, in denen Wissenschaftler das Vorgehen ihrer Kollegen bewerteten: 14 Prozent der Forscherkollegen würden Daten fälschen, 72 Prozent geringfügig manipulieren . Diese Datenmassage liegt auch darin begründet, dass der Druck, zu publizieren, sehr hoch ist. In Fachkreisen spricht man von „publish or perish“: Veröffentliche oder hau ab . Als erfolgreicher Forscher gilt eben nur, wer viele Fachartikel mit positiven Ergebnissen publiziert. Eine hohe Zahl derartiger Publikationen steigert darüber hinaus die Chance auf einen gut bezahlten Job und frische Fördergelder. Hinzu kommt der Konkurrenzdruck der Wissenschaftler untereinander, positiv endende Studien zu fabrizieren: Je mehr Forscher in einem Bundestaat arbeiten, desto mehr positive Ergebnisse haben die Studien. So lautet das Resultat der Untersuchung eines Verhaltensforschers der University of Edinburgh im April 2010.
Interessant ist außerdem, dass laut Aussage des Journalistikprofessors Michael Haller von der Universität Leipzig jede zweite Meldung auf den Wissenschaftsseiten der Zeitungen falsch sei . Zur
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