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Hunkelers erster Fall - Silberkiesel

Hunkelers erster Fall - Silberkiesel

Titel: Hunkelers erster Fall - Silberkiesel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Schneider
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weiter vorn parkte er, nahm den Hörer des Autotelefons und stellte die Nummer 123 63 20 ein. Eine kräftige, sonore Männerstimme meldete sich. »Hallo?«, sagte sie jovial.
    »Hier ist Kayat. Guy Kayat.«
    Pause. Ein tiefes Atmen. Dann wieder die Stimme, fest und gar nicht mehr jovial. »Ich kenne niemanden dieses Namens.«
    »Es ist absolut notwendig«, flüsterte Kayat, »dass ich mich melde. Tut mir leid. Ich mache es kurz. Ein Türke namens Erdogan Civil hat die Diamanten, er hat sie aus der Kanalisation gefischt. Er hat vor, morgen um 11 Uhr 30 von Kloten aus nach Izmir zu fliegen. Er wird die Diamanten bei sich haben.«
    Wieder eine Pause. Wieder dieses tiefe Atmen. »Dieses Schwein«, sagte die Stimme leise, »das ist nicht gestattet.«
    Peter Hunkeler lag in seinem Büro auf dem Feldbett, in eine Wolldecke gewickelt. Er schaute auf den Ahorn draußen im Hof. Die Krähen waren weg, ausgeflogen, verduftet in aller Frühe, als er noch in seinen Morgenträumen gelegen hatte.
    Er hatte unruhig geschlafen und sich hin- und hergewälzt, sich immer wieder einrollend in die Embryostellung, die wirrsten Gedanken im Kopf. Sie führten zu nichts, er hatte die Lösung nicht in der Hand, und ohne die Lösung konnte er nicht handeln, nicht helfen.
    Er hatte schon mehrmals überlegt, ob er Civil in Untersuchungshaft nehmen sollte, um ihn zu schützen. Aber unter welchem Vorwand hätte er das tun sollen? Weil der kleine Mann im Verdacht stand, Diamanten gefunden zu haben, ohne das vorschriftsmäßig zu melden? Aber wie sollte er das beweisen? Und was war mit Kayat, was war mit dem Empfänger der Ware? Der wäre gewarnt gewesen und hätte sich noch mehr abgeschottet.
    Hunkeler hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben, diesen Mann zu erwischen. Die kleinen Kuriere zu schnappen, die für wenig Geld einige Jahre Zuchthaus riskierten, das war keine Kunst. Das brachte auch nichts. Denn hinter jeder dieser armseligen Gestalten warteten hundert andere, die ebenfalls bereit waren, für ein paar Tausender ihre Freiheit aufs Spiel zu setzen.
    Die Hintermänner hingegen, die sich in Geldgeschäften auskannten und mit ein paar Federstrichen Hunderttausende verdienten, ohne sich die Finger je schmutzig zu machen, die waren fast unantastbar. Die erwischte man praktisch nie, und wenn man doch einmal einen schnappen konnte, so konnte man ihm nichts beweisen.
    Er konnte nichts anderes tun als den Dingen ihren Lauf lassen. Das lähmte, das brauchte Nerven, das verlangte seine ganze Konzentration. Er wartete auf den Anruf von Erika Waldis. Sie würde ihn in einem bestimmten Moment, wenn ihr die Sache zu gefährlich wurde, anrufen. Daran glaubte er fest.
    Er war verschwitzt, er fühlte sich fiebrig. Er hätte sich rasieren und duschen sollen, aber er wollte nicht.
    Er erhob sich, griff zum Telefon und bestellte im Café Kastell ein Frühstück mit Tee. Er legte sich wieder aufs Feldbett, rollte sich ein, den Kopf zwischen den Armen, und versuchte, die Gedanken zur Logik zu zwingen.
    Nach fünf Minuten klingelte das Telefon. Es war Haller. Er meldete, dass weder Herr Civil noch Frau Waldis heute Morgen aus der Wohnung gekommen seien. Er habe in der Wohnung angerufen und über zwanzig Mal klingeln lassen, es habe niemand abgenommen. Er sei hochgestiegen und habe an die Wohnungstür gepoltert, es habe niemand geöffnet. Er habe im Hinterhof bei der Schreinerei nach Spuren gesucht und sei fündig geworden. An der Mauer, welche die beiden Grundstücke trenne, lehne eine Leiter, und zwar auf der anderen Seite, auf der Fluchtseite. »Ab durch den Hinterhof«, klagte er, »und ich Arschloch warte auf der Vorderseite. Soll ich die Wohnungstür aufbrechen?«
    »Nein«, sagte Hunkeler und legte auf.
    Es klopfte an die Tür. Eine Frau aus dem Café brachte das Frühstückstablett herein. Ihr folgte Staatsanwalt Suter, aufgewühlt, fassungslos.
    »So, Herr Kommissär«, bellte er, »wie gehen die Geschäfte? Gut, hoffe ich? Aber lassen Sie sich nicht stören, essen Sie ruhig und in Frieden, ich wünsche Ihnen einen guten Appetit.«
    Er setzte sich an den Tisch. Offensichtlich hatte er etwas in petto, etwas Durchschlagendes, Zermalmendes.
    Hunkeler schenkte sich Tee ein, bedächtig. Er trank, strich sich ein Butterbrot.
    »Die Geschäfte gehen schlecht«, sagte er. »Wir nehmen an, dass ein türkischer Saisonnier, der in der Kanalisation arbeitet, die Diamanten gefunden hat. Ich habe soeben von Haller erfahren, dass dieser Mann samt seiner Freundin

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