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Hunkelers zweiter Fall - Flattermann

Hunkelers zweiter Fall - Flattermann

Titel: Hunkelers zweiter Fall - Flattermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Schneider
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Privatmann, meine ich.«
    Ein schneller Blick Madörins, lauernde, hinterhältige Hundeaugen.
    »Ich habe es in der Zeitung gelesen. Eine amtliche Mitteilung.« Und nach einer Weile: »Ich fürchte, er wird nicht weit kommen.«
    Hunkeler saß in der Küche und trank Tee. Er hatte einen Pullover angezogen, er schlotterte, die Kälte des Flusses steckte noch immer in ihm. Vor ihm lag das blaue Heft. Er las, wie Freddy Lerch ins Unbekannte aufgebrochen war.
    »Wer aus einem Binnenland kommt wie ich, der trägt naturgemäß das Verlangen nach der Weite der See in seiner Brust. Ich will nicht schlecht über mein Heimatland reden. Ich liebe es von Herzen, so wie sich das gehört. Es ist eines der schönsten Länder auf dem Erdboden, wie das allgemein anerkannt wird. Aber es fehlt ihm, trotz dem Basler Rheinhafen, der das Tor zur Welt ist, der Zugang zum Meer. Das macht auch viele seiner Bewohner so eng. Das ist meine Meinung.
    Ich habe damals in der Zeitung des Bäcker- und Konditorvereins ein Stelleninserat gelesen, in dem auf einem Frachtschiff der Schweizer Reederei mit dem Namen Carona ein Messboy gesucht wurde. Ich schrieb sofort hin, denn ich wollte wegen oberwähnter Schwierigkeiten eine Zeitlang verschwinden. Zu meiner großen Freude bekam ich umgehend Antwort. Und schon am 3. September 1937 schnürte ich mein Bündel und fuhr los Richtung Le Havre.
    Auf dieser Reise habe ich zum ersten Mal Paris, wo ich umsteigen und übernachten musste, besucht. Was ist das für eine wunderbare, große Stadt. Da meine Mutter eine Welsche war, hatte ich keine größeren Sprachschwierigkeiten, ganz im Gegenteil zum Englischen, das ich mir in den kommenden Monaten mühsam aneignen musste. Ich habe seither Paris zu wiederholten Malen immer wieder besucht. Und ich gedenke, meinen achtzigsten Geburtstag in der Seine-Metropole zu verbringen.
    In Le Havre wartete auf mich die erste große Enttäuschung. Es stellte sich nämlich heraus, dass die Carona, wo ich als Messboy anheuerte, nichts anderes war als ein heruntergekommener Rosthaufen von nur 1200 Registertonnen, der ganz und gar nichts zu tun hatte mit dem stolzen Ozeandampfer, den ich mir in meiner noch immer kindlichen Phantasie ausgemalt hatte. Immerhin, das Schiff hielt sich wacker. Wir schafften die Überfahrt nach Havanna in knapp drei Wochen.
    Wenn man sich jetzt vorstellt, ich hätte ein stolzes, freies Matrosenleben geführt, so muss ich berichtigen. Ich war einfach das Mädchen für alles. Abwaschen, Büchsen öffnen, Bier holen, Toiletten putzen, Boden schrubben, fast immer unter Deck. Die hohe See habe ich nur wenige Male zu sehen bekommen, vor allem am letzten Tag, als wir auf Havanna zuliefen. Da durfte ich an Deck, weil ich mich gut gehalten hatte, und alles mit ansehen. Es war gegen Abend, und die See leuchtete tiefblau im Scheine der untergehenden Sonne. Eine Unzahl Fliegende Fische sprangen aus dem Wasser, mit gespreizten Flügeln wie Schwalben, nur heller und viel größer. Sie segelten mehrere Dutzend Meter weit über das Wasser und zischten dann wieder hinein. Das war eine unglaubliche Schönheit. Und ich wusste sogleich, dass ich richtig gehandelt hatte.
    Diese Fische sind übrigens eine Delikatesse. Wir aßen sie in den Hafenstädten frisch vom Grill, auf der Straße. Man füllt sie dort mit Zimt, Pfeffer und Zwiebeln. Ein billiges Essen, das ausgezeichnet schmeckt und seinen Mann ernährt.
    Was macht man nicht alles in der Jugend, über das man im Alter nur noch den Kopf schüttelt. Das ist das Vorrecht der Jugend, Dummheiten zu machen, die später zu Klugheiten werden. So sehe ich das. Man möge mir das komische Wort nachsehen.
    Was habe ich für Dummheiten gemacht! Wir lagen damals zwei Wochen vor Havanna, bevor es weiterging nach Bremerhaven. Zucker nach Bremerhaven, dann mit Stückgut zurück nach Kuba. Das war unsere Paradestrecke. Ich gab mich ganz dem Vergnügen hin, das mir die weiße Stadt anbot. Viel Rum, viele Mädchen. Ich sage das ohne Scham. Denn wenn man fast drei Wochen lang in einen schwimmenden Käfig gesperrt ist und sich fast zu Tode schuftet, gibt man sich den Frauen hin, sobald man an Land geht. Das ist Natur. Ich muss auch sagen, dass jene Frauen nichts Anrüchiges an sich hatten. Sie lachten mit uns, sie sahen uns gern. Denn sie lebten von uns, wir bezahlten ihnen ein angenehmes Leben. Und wir behandelten sie besser als mancher Mann seine Ehefrau.
    Ich habe immer Vorsicht walten lassen. Deshalb bin ich fast sicher, kein Kind gezeugt zu

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