Hunter 05 - Späte Vergeltung
wie sie es oft tat, wenn sie gestresst war. Als er merkte, dass er ihre Aufmerksamkeit hatte, tippte er auf den Block. Er wartete, bis sie den Stift in die Hand genommen hatte, bevor er anfing, ihr auf Fremdenführerart die Gegend zu beschreiben.
Damit überdeckte er die Geräusche des Stiftes auf dem Papier, während sie ihm in kurzen Stichworten schilderte, was mit Zach passiert war. Dass Christine tot war, wusste er bereits, denn sie hatte den ihr zustehenden Anruf nach ihrer Verhaftung genutzt, um Dave zu informieren – und auch darüber, dass Scott wirklich der Täter war. Sie hatte kurz überlegt, ob sie jemanden aus ihrer Familie anrufen sollte, den Gedanken jedoch schnell verworfen. Jetzt wünschte sie allerdings, sie hätte wenigstens Clint angerufen, denn ihr Bruder hätte sicher gewusst, wie sie Zach am besten befreien konnten.
Aber immerhin hatte sie einen ehemaligen Polizisten an ihrer Seite, das erleichterte sie unheimlich. Allein hätte sie wahrscheinlich gar nicht gewusst, was sie jetzt tun sollte. Die Angst um Zach hätte sie sicher gelähmt. Doch auch so standen die Chancen nicht besonders gut. Wie sollte sie Scott davon abhalten, Zach etwas zu tun? Wenn es helfen würde, wäre sie sogar bereit, sich selbst gegen Zach einzutauschen, doch darauf ginge Scott sicher nicht ein. Er hatte alle Trümpfe in der Hand und wusste das genau. Ihr einziger Vorteil war, dass er nichts von Dave wusste.
»Bist du noch da?« Die Stimme drang durch das Telefon.
»Ja.« Verzweifelt blickte Chloe aus dem Fenster auf die Bucht. Das Wasser glitzerte in der Sonne, und die Szenerie wirkte geradezu malerisch. »Eine schöne Gegend. Fahren wir über die Brücke?« Sie hielt Dave den Block hin und sah, wie ein Muskel in seiner Wange zuckte. Vor ihren Augen verwandelte er sich von einem Clubbesitzer zum Polizisten.
»Das entscheiden Sie, Lady. Wir können diese Straße weiterfahren zum nächsten Ort oder auch einen der kleinen Wege nehmen, die direkt zum Wasser führen.« Wie er es schaffte, seine Stimme so normal klingen zu lassen, war ihr ein Rätsel. Aber vermutlich lernte man das als Polizist.
»Sag ihm, er soll die Straße weiterfahren.«
Chloe gab Scotts Forderung etwas umformuliert weiter, um keinen Verdacht aufkommen zu lassen. Ihr Blick ruhte auf Daves Hand, der jetzt ebenfalls etwas auf den Block schrieb, während er weiterhin auf die Straße sah.
Hintergrundgeräusche? Verkehr? Schiffshupen? Menschen? Tiere?
Chloe zog den Block zu sich heran und nahm Dave den Stift aus der Hand.
Nur Zach. Vermutlich in Gebäude. Hallt etwas.
Was es umso schwerer machen würde, Scott zu überwältigen und Zach zu retten, denn er würde sicher sämtliche Zugänge überwachen. Und sie hatten eben kein SEAL -Team dabei, das sich irgendwo abseilen oder an der Fassade hochklettern konnte. Ihr Magen verkrampfte sich vor Sorge, und sie presste eine Hand darauf.
Dave stieß ihre Finger an und sie reichte ihm den Block. »Wir kommen gleich zum Moose Point State Park. Ein ganz tolles Fleckchen mit immergrünen Bäumen und einem Küstenabschnitt mit Gezeitenbecken. Ideal für Picknicks.« Er deutete auf ein Schild, auf dem genau das stand.
»Das sieht wunderbar aus.«
»Fahr weiter, bis ich etwas anderes sage.« Der Befehl drang durch ihr Handy. In Daves Richtung gewandt schüttelte sie den Kopf.
»Vielleicht können wir nachher noch einmal zurückkommen. Jetzt möchte ich erst mal sehen, was es hier noch so gibt.«
»Kein Problem, es kommen noch einige interessante Punkte, wenn wir die Küste entlangfahren.«
Einige Zeit fuhren sie so weiter, immer geleitet von Scotts Anweisungen am Telefon. Durch Orte hindurch und an grandiosen Ausblicken vorbei, während Chloes Furcht um Zach mit jedem Kilometer wuchs.
»Rechts sehen Sie Sears Island, die Insel ist nur durch eine schmale Landbrücke mit dem Festland verbunden. Sehr sehenswert.«
»Weiter.« An Scotts Stimme war zu hören, dass er immer ungeduldiger wurde. »Und ein bisschen schneller, wenn es geht, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit. Denk dran, was ich alles mit deinem Geliebten tun kann, bis du da bist.« Im Hintergrund war erneut ein Stöhnen zu hören.
Sämtliches Blut wich aus ihrem Kopf, und sie biss fest auf ihre Lippe, um mit keinem Laut zu verraten, wie gut Scotts Taktik aufging. »Vielleicht fahren wir noch ein Stückchen weiter. Dort hinten sehe ich noch eine Insel, die scheint sogar noch größer zu sein.«
»Gerne, es ist Ihr Geld.«
Scott lachte. »Einen
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