Hunter 05 - Späte Vergeltung
hatten, sind Sie auf mich angewiesen. Ich würde also vorschlagen, dass Sie sich hinsetzen und sich angemessen verhalten, sonst verlasse ich diesen Raum und verteidige Sie so, wie ich es für richtig halte.« Als er sie nur stumm anstarrte, hob sie ihre Stimme. »Haben Sie das verstanden?«
Die Tür öffnete sich und der Wärter blickte durch den Spalt. »Ist hier alles in Ordnung, Ms Hunter?«
Chloe sah Curtis an und hob fragend eine Augenbraue. Sofort setzte ihr Mandant sich hin und verschränkte die Arme über der Brust. Chloe nickte dem Wärter zu. »Ja, danke, Mr Conner.«
Zögernd verließ dieser den Raum.
Chloe legte die Fotos zurück in die Mappe. »Okay, fangen wir noch einmal von vorne an. Sie sagen, Sie erinnern sich nicht an die Tat. Gibt es denn etwas, an das Sie sich entsinnen? Was haben Sie Ihrer Erinnerung nach als Letztes gemacht?«
»Ich …« Er schluckte sichtbar. »Ich glaube, ich war in meiner Stammkneipe, wie fast jeden Abend.«
»Gut, können Sie mir sagen, wie die Kneipe heißt und wo sie liegt?«
Mühsam rekonstruierten sie gemeinsam Curtis’ Bewegungen am Mordtag bis zu seinem Filmriss, der praktischerweise genau die Zeit des Verbrechens abdeckte. Als sie merkte, dass ihr Mandant sich kaum noch auf dem Stuhl halten konnte, beendete sie das Gespräch. Sie würden es an einem anderen Tag fortsetzen müssen, wenn er wieder aufnahmefähig war. Rasch packte sie ihre Sachen zusammen und stand auf. »Ich werde morgen oder übermorgen noch einmal vorbeikommen und mit Ihnen den Rest besprechen. Bisher habe ich von der Staatsanwaltschaft noch nichts gehört, aber ich werde mich darum kümmern. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, können Sie mich jederzeit kontaktieren.« Sie schob eine Visitenkarte über den Tisch. »Auf Wiedersehen.«
»Ms Hunter …«
»Ja?«
»Ich habe Candice nicht getötet. Ich hatte auch keinen Grund dazu, sie war immer … gut zu mir. Hat zwei Jobs gehabt und Geld für uns herangeschafft. Warum sollte ich sie umbringen?«
Chloe biss auf die Innenseite ihrer Wange, um ihm nicht zu sagen, wie armselig sie es fand, dass seine Freundin zwei Jobs haben musste, während er selbst nur faul zu Hause herumhing. Allerdings überzeugte sie diese Begründung viel mehr, als wenn er seine Liebe zu der Toten erklärt hätte. Das hätte sie ihm nämlich nicht abgenommen. Ohne ein weiteres Wort verließ sie den Raum und war froh, als sie wenige Minuten später endlich wieder frische Luft um sich hatte.
3
Unruhig wippte Zach mit dem Fuß, während er vor der Tür des Gerichtssaals, in dem der Fall Jesse Curtis verhandelt wurde, darauf wartete, für seine Aussage hereingerufen zu werden. Die letzten Wochen waren mörderisch gewesen – anscheinend machte die Hitzewelle die Menschen noch aggressiver als sonst, deshalb häufte sich die Arbeit auf seinem Schreibtisch.
Normalerweise hätten nur die zuständigen Detectives der Mordkomission vor Gericht aussagen müssen, aber da er derjenige war, der die Leiche und den Täter entdeckt hatte, war er von der Staatsanwaltschaft zum Prozess vorgeladen worden. Während er sich sonst nicht darum riss, vor Gericht auszusagen, wollte er im Fall von Jesse Curtis gerne dazu beitragen, dass dieser endlich hinter Gitter kam. Und dass der Prozess für den Mörder so ausgehen würde, daran hatte er keinen Zweifel, denn die Beweise waren eindeutig.
Als sich die Tür zum Gerichtssaal öffnete, richtete er sich auf und ging zu der schweren Holztür, als sein Name aufgerufen wurde.
Der Prozess fand in einem der kleineren Säle statt, wahrscheinlich weil das Opfer eine beinahe mittellose, unbekannte Frau gewesen war. Zach bemühte sich um eine sachliche Miene, während er den Mittelgang entlang zum Zeugenstand ging. Absichtlich blickte er nicht zur rechten Seite, wo der Angeklagte mit seinem Verteidiger saß, denn er wusste nicht, ob er es schaffen würde, ihn anzusehen und nicht dem Verlangen nachzugeben, ihm sämtliche Knochen zu brechen. Besser, er wartete mit dem Sichtkontakt, bis eine sichere Barriere zwischen ihnen war.
Er setzte sich auf den Zeugenstuhl und ließ sich vereidigen, bevor er einen Blick in Richtung des Verbrechers wagte. Sämtliche Muskeln in seinem Körper spannten sich an, als er den Bastard dort in einem ordentlichen Anzug sitzen sah, während sein Opfer schon seit Wochen auf dem Friedhof lag. Um seine Wut unter Kontrolle zu bringen, ließ er seinen Blick weiter zum Verteidiger gleiten und spürte, wie das Blut aus seinem
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