Hure in Gold ROTE LATERNE Band 12 (Rote Laterne Liebesroman) (German Edition)
fühle, dass sich da wieder etwas Fremdes zwischen uns drängt.«
»Es ist deine dumme Rederei, die sich zwischen uns drängt!« schleuderte die ihm ins Gesicht. »Wenn du willst, dass Ruhe und Frieden herrschen, dann lass mich gehen. Ich will gehen, hörst du?«
Da sah er ein, dass es wenig Sinn hatte, sie zu halten. Sie stieg den Hügel hinauf und ging nah an dem Mann vorüber. Ricardo glaubte zu bemerken, dass sie einen Augenblick lang stehenblieb und diesen Fremden mit einem kurzen Blick musterte. Dann schleuderte sie stolz ihren Kopf in den Nacken und ging weiter. Der Mann blieb noch eine Weile stehen.
Plötzlich überkam Ricardo Zorn. Er nahm sein Handtuch und rannte den Hügel hinauf. Er wollte diesen Mann zur Rede stellen, auch wenn er sich vielleicht blamierte. Doch der Fremde war verschwunden, und der Wind hatte bereits seine Spuren im Sand verweht.
An diesem Abend war Carmen wieder freundlich und lieb, wie zuvor. Sie hatte sich wieder beruhigt. Das Tier in ihr war wieder eingeschlummert. Doch wann würde es wieder erwachen? Wann würde es sein Recht fordern und Carmen wieder zu dem machen, was sie gewesen war und doch nie hatte sein wollen?
Am anderen Tag trieb es sie an den Hafen. Doch nicht, um Ricardo zu sehen. Dies war ihr im Augenblick nebensächlich. Sie kam an den Kai und schaute hinüber zum Café. Der Mann saß stolz und aufrecht und hatte einen Espresso vor sich. Er hatte die Beine übereinandergeschlagen, und seine Schuhspitze wippte leicht auf und ab.
Da gab sie sich entschlossen einen Ruck und ging auf ihn zu.
»Hallo, Se ñor«, sagte sie und wiegte ihre Hüften. Leidenschaft und Gier waren erwacht. Das Spiel mit dem Feuer reizte sie.
»Hallo, Se ñorita«, sagte der Mann. Sein Spanisch klang nicht akzentfrei. Carmen tippte darauf, dass er aus einem romanischen Land kam.
»Sie beobachten mich. Sie beobachten mich die ganze Zeit, mein Herr«, bemerkte sie.
»Darf ich Sie einladen - zu einem Espresso vielleicht? Oder zu einem Eis?«
»Espresso«, sagte sie und setzte sich unaufgefordert. Er betrachtete sie eine ganze Weile schweigend.
»Ist es verboten, Sie anzusehen?«, fragte er dann.
»Nein, das nicht«, entgegnete sie. »Aber was ist der Grund, Senor?«
»Haben Sie keinen Spiegel?«, fragte er.
»Ach, Sie meinen, ich wüsste nicht, dass ich hübsch bin?«, fragte sie. »Natürlich weiß ich das. Es wäre nichts Neues, wenn Sie mir ein derartiges Kompliment machten.«
»Sie haben sehr große Ähnlichkeit mit einer Dame, die in Paris lebt. Einer Dame, die ...«
»Ich weiß«, sagte Carmen sehr stolz. »Ich bin diese Dame!«,
»Nein!« Er zuckte zusammen und betrachtete sie noch einmal. »Sie sind Carmen Gonzales?«
»Höchstpersönlich«, sagte sie und war wieder in ihrem alten Fahrwasser.
»Was machen Sie hier in diesem gottverlassenen Nest?«, fragte er erstaunt. »Ich hatte leider nie das Vergnügen, Sie kennenzulernen. Ich habe wohl ein paarmal angerufen, aber Sie hatten nie Termine frei.«
»Das war Ihr Pech, Monsieur«, sagte sie und fiel wieder in ihre Pariser Rolle. »Ich mache Ferien. Hat eine Dirne nicht das Recht, einmal auszuspannen und Urlaub zu machen?«,
»Gewiss! Aber gewiss doch«, beeilte er sich zu versichern. Nun stand er auf. »Darf ich mich Ihnen vorstellen? Mein Name ist Stefano Marinaro. Ich bin Italiener. Römer, genaugenommen.«
»Wie interessant«, sagte Carmen. »Machen Sie auch Ferien?«
»Eine kleine Rundreise durch Mexiko. Ich sehe mich um, wissen Sie?«
»Nach hübschen Frauen, wie ich eine bin, oder?«, fragte Carmen.
Nun war die Flamme entfacht. Carmen Gonzales war wieder voll in ihrem Element.
Während sie mit diesem Römer sprach, kehrte Ricardo zurück. Er stieg vom Boot und blieb wie angewurzelt am Kai stehen. Er sah Carmen bei diesem Fremden am Tisch sitzen. Voller Eifersucht stürzte er hinüber.
»Was tust du hier?«, fauchte er sie an.
»Ich trinke Kaffee, mein Junge«, sagte sie. Ricardo war fassungslos über den Ton, in dem sie mit ihm sprach. Das war nicht mehr die Carmen, die er liebte. Das war eine andere Frau. Ihre Augen funkelten und leuchteten.
»Kann dieser Junge Sie denn überhaupt bezahlen, Carmen?«, wollte Stefano Marinaro von Carmen wissen.
»Was heißt hier bezahlen?«, keuchte Ricardo. »Was ist hier überhaupt los?«
»Geh nach Hause, Ricardo«, sagte Carmen in gnädigem Ton. »Ich werde es dir erklären, wenn ich zurückkomme. Ich habe mit diesem Señor noch eine geschäftliche Angelegenheit zu
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