Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes
gewesen. Weil er ein Altersgenosse war, hatte Nicholson ihn gelegentlich zu einem Drink in seine Kabine eingeladen und ihn am Ende ehrlich gemocht. Marcel hatte sich in Nicholson geirrt: Er hatte einen Freund an Bord. Bis jetzt.
Die Neuigkeit traf Nicholson schwer.
Eines der drei Shuttles der Wendy ging längsseits zu Drummonds Shuttle. Die Luftschleuse öffnete sich, und eine Ärztin trat heraus: Embry Desjardain.
Drummonds Auftrag lautete, in der Nähe des Sacks zu bleiben und das Bodenteam aufzunehmen, sobald es aus der Atmosphäre freigekommen wäre. Embrys Anwesenheit war eine reine Vorsichtsmaßnahme für den Fall, dass ein Arzt gebraucht würde.
Sie stellten sich vor und schüttelten einander die Hände. Dann wandte sich Drummond an Janet. »Ich glaube, Sie sind damit entlassen«, sagte er. »Wenn Sie zur Star zurückkehren möchten, stünde jetzt ein Taxi für Sie bereit.«
Aber sie lehnte ab. »Wenn Sie keine Einwände haben, würde ich lieber hier bleiben und bei der Rettung dabei sein. Vielleicht kann ich Ihnen noch behilflich sein.«
Drummond sah sich zu Frank um, der eine Taste betätigte. »Okay, Karen«, sagte er zu der Pilotin des anderen Shuttles. »Das war alles.«
Karen ließ ihre Positionsleuchten kurz aufblinken und entfernte sich.
»Es ist so weit«, sagte Hutch. »Schneiden wir die Fähre los.«
Marcel, Beekman und Nicholson bezogen auf der Brücke der Star Posten. Zufrieden nahmen sie die eingehenden Statusberichte zur Kenntnis. Alles war bereit; jeder war auf seiner Station.
Nun blieb nur noch das Abwarten, während die Schubkraft des neuen Konstrukts aus dem Alphaschaft und den vier mit ihm verbundenen interstellaren Schiffen, das Netz über dem Nebelmeer in die Atmosphäre hinabtrug.
Nicholson hatte sich ungewöhnlich schweigsam gegeben. Nun endlich wandte er sich zu Marcel um und schüttelte ihm die Hand. »Viel Glück«, sagte er, ehe er sich Beekman mit der gleichen Geste widmete. »Viel Glück, Gunther.«
»Marcel.« Lori tauchte auf seinem Schirm auf. »Ich hatte einen flüchtigen Kontakt zu der Landefähre, aber ich habe ihn wieder verloren.«
»Okay. Konntest du überhaupt mit ihnen sprechen?«
»Sie sind in der Luft. Unterwegs zum Treffpunkt.«
Die drei Männer nickten einander aufmunternd zu.
»Gott sei Dank. War Hutch bei ihnen? Wer hat mit dir gesprochen?«
»Ich habe mit Captain Hutchins gesprochen.«
Marcel schloss die Augen und sprach ein stilles Dankgebet.
Sie flogen durch ein Meer dunkler Wolken, durch herabzuckende Blitze, einen brodelnden Himmel und glutrote Eruptionen.
Als sie schließlich hoch genug gestiegen waren, den schlimmsten Tumult hinter sich zu lassen, gelang es Kellie, einen Kanal zur Star zu öffnen.
»Vertrauen wir darauf, dass wir den Kontakt dieses Mal aufrechterhalten können«, sagte Lori. »Es ist gut zu wissen, dass Sie alle wohlauf sind. Wir waren sehr besorgt um Sie. Sind Sie auf Kurs?«
»Das sind wir«, sagte Hutch.
»Einen Augenblick, bitte. Ich werde Captain Clairveau benachrichtigen.«
Binnen Sekunden meldete sich Marcel. »Hutch«, sagte er, »schön, Sie zu sehen.«
»Gleichfalls.«
»Wie sind Sie von dem Fahrstuhl runtergekommen? Was ist überhaupt passiert?«
»Das erzähle ich Ihnen, wenn wir da sind. Hier ist alles in Ordnung. Wir sind noch ungefähr zehn Minuten vom Treffpunkt entfernt.«
»Gut.«
»Wie sieht es auf Ihrer Seite aus?«
Wieder nahmen die Interferenzen zu.
»… nach Plan.« Er korrigierte die ursprünglichen Daten und nannte ihnen die exakte Position des Netzes zum Zeitpunkt des Zusammentreffens. Außerdem übermittelte er ihnen einige Bilder. »Wie Sie sehen, sieht das ganze Ding aus wie ein großer, aus einem Panzernetz gefertigter Sack. Hier ist die Öffnung. Ein hübscher, kreisrunder Vordereingang. Mehr als weit genug, um hindurchzufliegen. Er wird nach Osten gerichtet sein, und er befindet sich im unteren Bereich des Sacks nahe dem Boden. Wenn Sie drin sind, werden unter Ihnen noch fünfzig Meter bis zum Netz sein. Die Öffnung wird sich schließen. Sie müssen nur hineinfliegen und die Fähre so gut es eben geht absenken. Den Rest können Sie uns überlassen.«
»Das werden wir.«
»Wir werden vielleicht noch kleinere Korrekturen in Bezug auf die Koordinaten vornehmen müssen, das kommt darauf an, wie sich die Atmosphäre auf das Netz auswirkt, aber Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, denn wir werden Sie Schritt für Schritt zum Ziel begleiten.«
»Steht der
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