Hutch 05 - Odyssee
Jahre alt sind die Kinder dann.«
»Reverend, was sagt das Wort des Herrn über das Höllenfeuer?«
»Dass es ewiglich ist. Dass es für jene reserviert ist, die den Herrn und seine Lehren nicht annehmen.«
Der Ankläger erhob Einspruch und argumentierte, das alles habe nichts mit den Anklagepunkten zu tun.
»Wir versuchen, das Motiv zu ergründen, Euer Ehren. Reverend Pullman sagt, er habe nicht verstanden, warum Mr. Beemer wütend auf ihn gewesen sei. Es ist von größter Bedeutung, dass wir alle erfahren, was einen Mann, der in seinem ganzen Leben nie gegen ein Gesetz verstoßen hat, nie zu Gewalt geneigt hat, dazu getrieben hat, einen ehemaligen Lehrer anzugreifen.«
»Also gut, Mr. Glock«, entschied der Richter. »Ich werde die Fragen zulassen. Aber kommen Sie zum Punkt!«
»Höllenfeuer, Reverend Pullman, hört sich nach einer grässlichen Strafe an, meinen Sie nicht?«
»Das tut es gewiss. Ja.«
»Wie heiß ist es, was würden Sie sagen?«
»Die Bibel verrät uns das nicht.«
»Was würden Sie sagen?«
»Ich weiß es nicht.«
»Genug, um sich die Hand daran zu verbrennen?«
»Aber ja.«
»Genug, um Fleisch zu versengen?«
»Das nehme ich an.«
»Und es dauert tausend Jahre an?«
»Es dauert ewig.«
»Ununterbrochen?«
»Eine Mittagspause ist dabei nicht vorgesehen.« Pullman zeigte den Zuschauern ein breites Lächeln.
»Nun gut, Reverend. Nehmen wir einmal an, ich wäre, sagen wir, zwölf Jahre alt: Was müsste ich tun, um eine derartige Bestrafung zu verdienen?«
»Sie meinen die Hölle?«
»Ja.«
»Da gibt es verschiedene Sünden.«
»Können Sie uns ein Beispiel nennen?«
»Mord. Ehebruch.«
»Wir sprechen von einem Zwölfjährigen, Reverend. Lassen Sie es mich anders formulieren: Ist es möglich, dass ein Zwölfjähriger die Hölle verdient?«
»Ja.«
MacAllister ertappte sich dabei, wie seine Augen erneut zu Ein Yankee aus Connecticut an König Artus’ Hof wanderten.
»Was muss er tun, um diese Art der Bestrafung zu verdienen?«
»Er könnte zum Beispiel die Sonntagsmesse verpassen.«
Mac sah den Yankee bei Hofe, während das Licht des Tages schwand.
»Das allein würde reichen?«
»Ja. Natürlich.«
»Was noch?«
»Tanzen.«
Und Mac dachte an das Galactic.
»Tanzen?«
»Ja. Das ist streng verboten. Ich weiß, dass diese Denkweise für gottlose Menschen in einer gottlosen Gesellschaft schwer zu begreifen ist.«
MacAllister verlor die Vorgänge aus dem Blick. Der Hof von Camelot schwebte vor seinen Augen, ging langsam über in das metallene Gerippe des Galactic. Er sah dieses Gerippe, wie er es von der Salvator aus gesehen hatte, sah, wie es sich langsam drehte und das Licht des nahen Capella reflektierte.
Mac sah zu, wie der Asteroid sich näherte, wie er auf einem der Monitore immer größer wurde. Erinnerte sich, wie schwer es gewesen war, seine Größe zu erfassen, bis er nahe an das Hotel herangekommen war, das am Ende nur mehr ein kurzes Aufflackern eines erlöschenden Lichts zu sein schien.
Und Mac wusste, wie es passiert war.
Aber als er darüber nachdachte und ihm die Implikationen bewusst wurden, da wurde ihm angst und bange.
Glock rief einen Psychiater auf, der Beemer untersucht hatte. »Nein, keine Anzeichen für exogene oder endogene Psychosen«, sagte der Psychiater. »Aber er ist verstört. Mr. Beemer leidet an einer ausgeprägten Form der Paranoia, ausgelöst durch die religiöse Umgebung, der er als Kind ausgesetzt war. Kernstück der religiösen Beeinflussung waren die Lehren der Kirche und der zugehörigen Schule bezüglich der Strafen Gottes.«
Als der Verhandlungstag zu Ende war, sprach MacAllister kurz mit Glock. »Eigentlich«, meinte der Anwalt, »sitzt der falsche Mann auf der Anklagebank.«
Draußen in der Menge erkannte jemand MacAllister. »Versuchen Sie es doch ab und zu mit einem Kirchenbesuch!«, rief jemand. »Sie sind verdammt, MacAllister! Bereuen Sie, solange Sie es noch können!« Er wurde mit Sonnenblumenkernen beworfen. Die Kerne standen für die Forderung, man solle sich dem Licht zuwenden und die Dunkelheit meiden. Einige der Gläubigen waren der festen Überzeugung, es gäbe eine Verschwörung zur Außerkraftsetzung des ersten Verfassungszusatzes und zur Schließung der Kirchen. Dieses Gerücht machte mehr und mehr die Runde, und obgleich es nicht die geringste Chance gab, dass dergleichen geschehen könnte und MacAllister nicht einmal eine kleine Chance dafür sah, dass Beemer nicht für schuldig befunden würde,
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