Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hutch 06 - Hexenkessel

Hutch 06 - Hexenkessel

Titel: Hutch 06 - Hexenkessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
Vom Netzwerk:
Er hatte irgendwann einmal ihr gegenüber erwähnt, er habe sie immer für eine gute Akademiepilotin gehalten. Er hatte es sogar ehrlich gemeint damals, und mit dieser Bemerkung hatte er für alle Zeiten ihr Herz gewonnen.
    »Wie wäre es, wenn wir heute früher Feierabend machen und ein bisschen feiern?«, schlug er vor. »Das Abendessen geht auf mich.«
    Sie war nicht mehr jung, aber dennoch eine Frau, die einen ganzen Raum allein durch ihre Präsenz zum Strahlen bringen konnte. »Ich würde gern, Matt. Aber wir haben für heute Abend Karten für Wiedergeboren.« Sie ließ ihn spüren, dass sie es bedauerte, seine Einladung ausschlagen zu müssen. »Wie wäre es, wenn wir das auf morgen verschieben, einverstanden? Und ich übernehme das Zahlen.«
    Kirby, die KI, meldete, dass Prendergast zu seinem Termin mit ihr eingetroffen sei. Prendergast hoffte, mit Emmas Hilfe einen passenden Ort für seine pharmazeutische Vertriebsgesellschaft zu finden. Er war wegen des steigenden Meeresspiegels gezwungen, mit seinem Geschäft umzuziehen. Er könne, hatte er gesagt, schließlich nicht ständig neue Deiche bauen. Also sollten Stern & Hopkins einen neuen Standort für ihn auftun. Vorzugsweise auf einer Bergkuppe.
    Emma setzte ihr strahlendes Ist-das-Leben-nicht-großartig-Lächeln auf und ging. Matt hatte sich derweil versichert, dass keine drängenden Aufgaben mehr seiner harrten, und beschloss, sich den Rest des Tages freizunehmen.
    Stern & Hopkins Realty Company (Hopkins hatte sich zurückgezogen, ehe Matt in die Firma eingetreten war) befand sich im zweiten Stock des Estevan-Hauses, vom Potomac Senior Center aus auf der anderen Seite des Parks. Vor ein paar Jahren hatte Matt dort drüben eine Auszeichnung in Empfang genommen, weil er ein havariertes Schiff samt seinen Passagieren nach Hause zurückgebracht hatte. Damals war dort die Akademie für Wissenschaft und Technologie gewesen.
    Matt beobachtete, wie sich die Vordertür des ehemaligen Verwaltungsgebäudes öffnete. Das war der Ort, wo man ihm seinen großen Abend bereitet, wo man ihn im Auditorium auf die Bühne gebeten und ihm die Gedenktafel überreicht hatte, die nun in seinem Wohnzimmer hing. Ein Bediensteter kam heraus und schob jemanden im Rollstuhl vor sich über den Gehsteig. Trotz aller medizinischen Fortschritte, trotz der enorm gestiegenen Lebenserwartung und des allgemein guten Gesundheitszustands der Menschen gaben die Knie immer noch irgendwann nach. Und die Körper durchliefen noch immer den langen Prozess der Alterung, in dem sie immer mehr und mehr abbauten.
    Matt nahm seine Jacke aus dem Schrank und warf sie über seine Schultern. »Kirby?«
    »Ja, Matt?« Die KI sprach mit einem Südstaatenakzent. Emma stammte aus South Carolina.
    »Ich werde für heute Feierabend machen.«
    »Ich werde es ihr ausrichten.«
    Wenn er zu Hause wäre, würde er Reyna anrufen. Vielleicht hatte sie ja Lust, heute Abend mit ihm essen zu gehen.
     
    Es hatte eine Zeit gegeben, in der das Land am Rande des Potomac-Seniorenzentrums ein Golfplatz gewesen war. Der Golfplatz war längst fort, umgewandelt in einen Park, aber das Gelände trug immer noch den Namen Fairway. Matt lebte in einem bescheidenen Doppelhaus am Rand des Fairway, etwa eineinhalb Meilen von seinem Büro entfernt, ein netter Spaziergang an einem schönen Tag. Unterwegs begegneten ihm junge Mütter mit ihren Säuglingen und Kleinkindern, ältere Leute, die es sich hier und da auf den Parkbänken bequem gemacht hatten, und ein paar Fünfjährige, die versuchten, einen Drachen steigen zu lassen. Segelboote glitten den Potomac hinunter, und in der Luft über Matt herrschte reger Flugverkehr.
    Ein plötzlicher Windstoß hob den Hut einer Dame an und trug ihn davon. Die Frau zögerte, wusste nicht, ob sie den Hut verfolgen oder bei ihrem Kind bleiben sollte. Matt hätte die Jagd aufgenommen, aber der Wind trug den Hut zum Horizont, und es dauerte nur Sekunden, bis er zwischen einigen Bäumen in fünfzig Metern Entfernung verschwunden war.
    Matt schlenderte an zwei älteren Herrn vorbei, die in eine Schachpartie vertieft waren. So werde ich eines Tages auch enden, dachte er, ausgestreckt auf einer Parkbank auf der Suche nach einer Möglichkeit, mir die Zeit zu vertreiben, in Gedanken damit beschäftigt, dass ich meinem Leben nie einen echten Sinn gegeben habe.
    In Emmas Gegenwart tat er stets, als könne er mit seiner Arbeit gar nicht zufriedener sein. Er war, wie sie in gespielt bedeutsamem Ton zu sagen pflegte,

Weitere Kostenlose Bücher