Hype: Thriller (German Edition)
Vorschlag«, sagte er lächelnd.
*
Das Ganze war nahezu surreal.
Pierre, der Hundemann, schleppte sie in seine Wohnung, platzierte sie auf dem Sofa und zauberte im Handumdrehen den perfektesten Cappuccino herbei, den sie je getrunken hatte.
Und jetzt saß sie da, Gladh gegenüber, der auf einem Diwan hockte, während Pierre in der Küche nach dem Verbandskasten suchte. Einige Sekunden lang starrten sie einander nur an.
Er sah tough aus, das konnte sie kaum leugnen. Kantiges Gesicht, dunkle Augen und eine Haltung, die signalisierte, dass er sich in einem Kampf definitiv verteidigen konnte. Für einen Moment bereute sie es, dass sie den Teleskopschlagstock in ihrer Jackentasche gelassen hatte. Aber hier würde er doch wohl nicht auf sie losgehen, oder? Vor einem Zeugen?
»Du erkennst mich, nicht wahr?«, fragte Rebecca.
Er nickte. »Ja, wir sind uns im Fitnessraum der Polizeistation ein paarmal über den Weg gelaufen. Aber das hier kam doch ein wenig …«
»Unerwartet«, unterbrach sie ihn. »Du dachtest wohl nicht, dass ich hier auftauchen würde?«
»Äh … nein …«, sagte er und musterte sie eingehend.
»Aber nun bin ich hier. Die Frage ist, was wir jetzt tun.«
Er rutschte nervös auf dem Diwan hin und her und warf einen langen Blick in Richtung Küche, wo Pierre den Geräuschen nach zu urteilen noch immer in den Schränken wühlte.
»Also, ich fände es schön, wenn diese Sache unter uns bliebe …« Er beugte sich zu ihr vor. »Ich will nicht, dass das bei der Arbeit bekannt wird …«
»Nein, das kann ich verstehen«, zischte sie und sah, wie er zusammenzuckte.
»Peter, hast du den Verbandskasten gesehen? Ich war sicher, er würde im Badezimmer liegen«, rief Pierre.
»Nein«, antwortete Gladh, ohne den Blick von ihr abzuwenden. »Aber den brauchen wir auch gar nicht, Rebecca geht jetzt …«
»Kommt nicht infrage«, fauchte sie.
*
Der Zug ratterte weiter durch die Winterdunkelheit auf seinem Weg in die Stadt. HP hatte gerade noch die letzte Abendverbin dung erwischt, und bis auf den Lokführer und einen Kerl mit Kopfhörern ein paar Sitze vor ihm waren die Waggons leer.
Inzwischen war ihm klar, warum Philip so heftig reagiert hatte. Es standen zweifelsohne große Dinge auf dem Spiel, nicht nur finanziell.
Die PayTag-Gruppe. Er war sicher, den Namen schon vorher gehört zu haben, und strengte sich wirklich an, um sich zu erinnern, wo das gewesen sein mochte. Aber je mehr er darüber nachdachte, desto weiter schien er sich von der Antwort zu entfernen.
Eine Sache war jedenfalls klar. Er verstand endlich, warum Anna Argus umgebracht worden war. Wie er sich gedacht hatte, war sie ins Spiel verwickelt, aber nicht als einfache kleine Spielerin. Sie und vor allem ihr Unternehmen hatten eine deutlich wichtigere Rolle.
ArgusEye schützte das Spiel und nutzte sicherlich gleichzeitig dessen einzigartige Dienste. Wurde die Firma aufgekauft und bekam somit Zugang zu einem viel größeren Scheckbuch, konnte sie das Spiel auch auf einer festeren Basis in Anspruch nehmen und dessen ganzes Potenzial ausschöpfen. ArgusEye konnte das Spiel bitten, Geheimnisse, Fehleinschätzungen oder auch nur allgemeine Fuck-ups herauszufinden, deren Bekanntwerden gewisse Leute um jeden Preis verhindern wollten.
Wenn das Spiel seine Aufgabe erfüllt hatte, blieb dem Opfer nur eine Wahl: Kunde bei ArgusEye zu werden – wir sorgen dafür, dass eure Geheimnisse sicher sind . Gute alte Schutzgelderpressung – Cosa Nostra goes Cyberspace , sozusagen. Das Business würde exponentiell wachsen und PayTag Freudentränen über seinen glücklichen Erwerb weinen.
Steigende Einkünfte bedeuteten, dass das Spiel weiterwachsen, mehr Ameisen und Spieler rekrutieren und so seine Macht wie auch seinen Kundenkreis ausbauen konnte. Ein wachsendes Spiel erforderte größeren finanziellen Aufwand, um verborgen zu bleiben, so etwas erledigte dann das ebenfalls gestärkte ArgusEye, und damit war man wieder bei Los.
Der Kreis war geschlossen, und die Puzzleteile fielen an ihren Platz. Aber wie bei allen Verschwörungen musste man sich fragen: Wer profitierte davon?
Und hier war die Antwort leicht: Alle!
Aber da hatte Anna Argus sich quergestellt. Sie hätte ein Mittel gefunden, sie aufzuhalten, hatte Monika gesagt.
Anna war ein Wettkampfmensch, und sie hätte sicher lieber ihr Lebenswerk zerstört, als mit anzusehen, wie Philip und die verräterischen Gruppenchefs es sich zu eigen machten. Vielleicht hatte sie sogar bereits einen
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