Hype: Thriller (German Edition)
dass sie ein Wort miteinander gewechselt hätten, saß sie rittlings auf ihm.
Das ist doch ein Nichtraucherzimmer, oder?
Himmel, was war er bloß für ein Spießer …
Er hob den Kopf vom Kissen, um Miss Argus ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen. Was er von ihrem Gesicht sah, war glatt wie ein Kinderpopo und sicherlich genauso natürlich wie ihre Titten. Sie hatte das blonde Haar hinters Ohr gestrichen, und als er sich über sie beugte, sah er eine feine, weiße chirurgische Narbe hinter ihrem Ohrläppchen, die seine Theorie bestätigte.
Er fuhr langsam mit dem Zeigefinger über ihren Nacken, weiter über das Schulterblatt und hinab zu ihrem Oberarm, wo er plötzlich bei einem kleinen blauen Fleck haltmachte, den er vorher nicht bemerkt hatte. Neugierig strich er mit dem Finger darüber und dann weiter über ihren Unterarm entlang.
Durch die Berührung wurden mehrere solcher Flecken schwach sichtbar. Er betrachtete seine Fingerspitzen und konnte deutlich Reste einer hautfarbenen Creme erkennen.
Vorsichtig und auf einmal voller Unbehagen beugte er sich weiter vor, um ihren Bizeps zu betrachten.
»Bist du noch da?«
Anna starrte ihn mit einem Blick an, der alles andere als freundlich war.
»Öhh … ja«, stotterte er und setzte sich auf.
»Dann hau gefälligst ab – ich kann mich nicht erinnern, dass ich dich gebeten hätte zu bleiben, oder?«
»Äh … Nein …«
Scheiße – heute war er wirklich kein Wunder an Eloquenz.
Okay, sie hatte also keine Lust zu kuscheln – war ihm nur recht.
Er hangelte sich aus dem Bett und suchte nach seinen Klamotten, aber ihr ging es offenbar nicht schnell genug.
»Hast du nicht gehört?! Verpiss – dich!«
Sie trat nach ihm und traf seine Pobacke.
»Ja, ja – immer mit der Ruhe!«, murmelte er, während er auf einem Bein hüpfend versuchte, in seine Badehose zu steigen.
Zwei Sekunden später fiel hinter ihm die Zimmertür krachend ins Schloss.
Shit, so eine verdammte Bitch!
Was hatte die denn geritten?
Aber er hatte da eine Theorie …
*
Die alte Villa war groß, sie maß bestimmt sechshundert Quadratmeter, beide Stockwerke zusammengezählt – und dennoch war die Stimmung klaustrophobisch.
Eigentlich hatte Rebecca vorgehabt, sofort zu evakuieren, alles und alle in die Regierungsmaschine zu packen und auf der Stelle zu verschwinden. Aber das Flugzeug war gerade erst gelandet, und den Piloten stand eine Pause zu. In frühestens acht Stunden durften sie wieder fliegen, also mussten alle bis zum nächsten Morgen warten. Wenn die Behörden sie denn abreisen ließen …
Rebecca telefonierte alle zehn Minuten mit ihrem sudanesischen Verbindungsmann und jede halbe Stunde mit Runeberg. Der Verbindungsmann versuchte sie zu überreden, im Land zu bleiben. Die Unruhen seien »ein bedauerlicher Vorfall, verursacht von Aufständischen, die die Zusammenarbeit zwischen dem Sudan und Schweden stören wollen«, und man könne »die Sicherheit der Ministerin garantieren«.
Von einem Attentäter wollte er jedoch nichts wissen.
Und da war er bei Weitem nicht der Einzige …
Oben im ersten Stock flippte Gladh total aus und brüllte so laut ins Telefon und auf seinen Assistenten Håkan Berglund ein, dass sogar die Soldaten, die unten am Tor Wache schoben, ihn hören mussten.
Die Ministerin sagte dagegen nicht viel. Sie hatte sich in ihrem Zimmer eingeschlossen und ließ ihre Referentin die Gespräche führen.
»Ann-Christin ist gerade unpässlich, sie hat schon den Flug nicht vertragen, und dann dieser …«
Die Referentin nickte Rebecca zu, die feststellte, dass die Leibwächter sie beobachteten.
»… Anschlag …«, ergänzte Rebecca mit möglichst fester Stimme. »Ein mit einem Revolver bewaffneter Unbekannter hat sich unserem Wagen genähert, mit dem Ziel, darauf zu schießen. Zum Glück ist ihm das misslungen, und wir sind heil davongekommen. Mein Job ist es, dafür zu sorgen, dass wir alle so schnell wie möglich gesund nach Hause zurückkehren.«
Die Pressefrau nickte freundlich. »Und wir wissen das wirklich zu schätzen, Rebecca, wirklich.« Die Frau schielte zu Gladh hinüber. »Es ist nur so, dass eine Evakuierung … nun ja, falsche Signale aussenden könnte, wenn Sie verstehen, was ich meine?«
»Nein, das verstehe ich nicht«, entgegnete Rebecca knapp.
Gladh sprang von seinem Stuhl auf. »Wir haben eine Agenda, Termine mit wichtigen Menschen, und wir haben hart darum gekämpft, sie treffen zu können. Der Botschafter hat seine ganze
Weitere Kostenlose Bücher