Hype: Thriller (German Edition)
California eine Weile zu wohnen und das Notwendigste zu kaufen. Sobald er online war, konnte er sein Bankkonto wieder ganz unkompliziert auffüllen.
»Laptop«, notierte er auf dem Block und dann nach gewissem Zögern: »Handy.«
Er warf einen langen Blick auf den kleinen Kleiderschrank. Er hatte das silberne Handy mit Klebeband hinter einer der winzigen Schubladen befestigt, und einen Augenblick lang wurde er von einer fast überwältigenden Lust gepackt, es hervorzuholen und damit herumzuspielen.
Nur ein paar Minuten …
*
Diese Geschichte muss ein Ende haben, Normén!
Es war weit nach ein Uhr nachts, und wie immer war sie hellwach. Sie schielte auf den schlafenden Mann, der dicht neben ihr auf der Matratze lag, und versuchte herauszufinden, welche Gefühle sie für ihn empfand, aber da war nichts.
Sex – nur darum ging es, jedenfalls für sie. Bedingungsloses Vögeln –, um die Furcht für ein paar Stunden zu verjagen. Eigentlich wusste sie nicht, ob es die rein technischen Aspekte waren, die den Sex gut machten, oder die Tatsache, dass das, was sie trieben, verboten war. Vermutlich eine Mischung aus beiden Faktoren.
Aber dennoch konnte sie so nicht weitermachen. Sie wurde nervös, bildete sich ein, dass die Leute sie anstarrten, wenn sie unterwegs zu ihren dreckigen kleinen Treffen war. Sie musste die Sache ein für alle Mal beenden – so schnell wie möglich. Am besten noch heute oder am Ende der Woche, dachte sie und ließ die Hand über den hellen Rücken neben ihr gleiten. Dessen Eigentümer drehte sich daraufhin zu ihr um und zog sie an sich. Eine Hand strich über ihre Brust, dann spürte sie seinen warmen Atem auf ihrer Haut.
Allerspätestens am Freitag, dachte sie.
*
Die Liste – er musste sich auf die Liste konzentrieren und endlich seinen Arsch hochkriegen. Er fügte Klamotten, Toilettensachen und andere nützliche Dinge hinzu, bevor er wieder innehielt. Das Fernsehradio spielte einen Neil-Young-Song, den er kannte, und er saß still am Fenster und hörte tagträumend zu, bis die obligatorische Werbeunterbrechung ihn auf andere Gedanken brachte.
Was hatte er eigentlich vor?
Die Fragen schwirrten noch immer in seinem Schädel herum wie ein Schwarm wild gewordener Hornissen, aber er hatte keine Antworten. Oder besser gesagt – er hatte viel zu viele, und seine fünf Tage Stockholmurlaub hatten ihn leider nicht viel klüger gemacht.
Logisch, er sollte aus der Stadt abhauen. Darüber brauchte er eigentlich nicht groß nachzudenken. Aber er hatte die Nase voll vom Davonlaufen – total voll.
Außerdem: War es nicht im Grunde genommen ziemlich smart, sich genau hier zu verstecken, direkt vor ihrer Nase? Das war bestimmt der letzte Ort, an dem man ihn vermuten würde, oder? Das Problem war nur – ganz egal, wie genial dieses versiffte Million-Dollar-Hotel auch war –, er konnte sich nicht den Rest seines Lebens hier oben verkriechen. Er war ein soziales Wesen, das Leben als Eremit hatte er bereits ausprobiert und war dabei fast verrückt geworden. Machte er auf diesem Weg weiter, würde es mit »Brooks was here« und einer Vorhangschnur am Lampenhaken enden, dessen war er sich ziemlich sicher.
Er nahm einen letzten Zug und warf den Zigarettenstummel durch den Fensterspalt zwei Stockwerke tiefer in den Innenhof. Der Fahrtwind ließ die Kippe ein letztes Mal aufglühen, bevor die Glut auf dem feuchten Grasfleck unter seinem Fenster erlosch.
Was auch immer in der Wüste passiert war, es hing mit seiner geheimnisvollen Landsfrau Anna Argus zusammen, und wenn er auch nur ein wenig daran interessiert war, etwas Ordnung in diese verrückte Geschichte zu bringen, dann musste er bei ihr anfangen. Die Frage war nur, wie. Er schielte wieder in Richtung Kleiderschrank, während er das Päckchen nach einer neuen Zigarette abklopfte und feststellen musste, dass er soeben die letzte geraucht hatte.
So ein Mist!
Er ergänzte »Kippen« auf seiner Liste und wühlte dann ohne größere Hoffnung in dem Haufen schmutziger Klamotten auf der Suche nach einer vergessenen Zigarette.
Im nächsten Augenblick hielt er eine Visitenkarte in der Hand. Auf dem kleinen weißen Rechteck stand nur eine lange handgeschriebene Nummernserie, die mit »+971« begann. Gerade wollte er Moussads Kontaktdaten in Richtung Papierkorb schnippen, als er bemerkte, dass auf der Rückseite auch etwas stand.
ArgusEye.com
Knowledge · Security · Control
Und plötzlich hatte er eine Idee.
Eine total verrückte, ausgeflippte Idee,
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