Hype: Thriller (German Edition)
geändert, nachdem eure Mutter … Du erkennst mich nicht mehr, stimmt’s?«
Sie musterte ihn genau. Er war etwas größer als sie, vermutlich etwa einen Meter achtzig groß und um die sechzig Jahre alt. Die Haltung des Mannes und seine strengen Gesichtszüge kamen ihr zweifellos bekannt vor, aber sie konnte ihn nicht genau einordnen. Wahrscheinlich war er ein Reserveoffizierskollege ihres Vaters.
»Tage, Tage Sammer, aber du und dein Bruder, ihr nanntet mich immer Onkel Tage. Ihr habt mich vor vielen Jahren mal in meiner Ferienhütte oben in Rättvik besucht, erinnerst du dich daran?«
Er lächelte, und etwas in seinem Blick ließ sie es ihm gleichtun.
»Mensch, ja …«, sagte sie. »Onkel Tage, wie geht es dir?«
»Wunderbar, ich wollte gerade dasselbe fragen.«
»Ganz gut«, log sie.
»Arbeitest du immer noch bei der Sicherheitspolizei?«
Sie zuckte zusammen, und er schien das zu bemerken.
»Dein Vater hatte viele Freunde, Rebecca, und einer von uns hatte immer ein Auge auf euch. Wie einen letzten Dienst für Erland. Er wäre sehr stolz auf dich gewesen, du warst sein Liebling.«
Er lächelte wieder, und plötzlich spürte sie, wie ein kleiner Klumpen in ihrem Hals wuchs. Sie schluckte ihn hastig weg.
»Es tut mir sehr leid, dass ich nicht zur Beerdigung eurer Mutter kommen konnte«, fuhr er fort. »Wir haben einen Kranz geschickt, ich hoffe, der kam an?«
Sie nickte. An den Kranz erinnerte sie sich deutlich.
Ein letzter Gruß von den alten Kameraden.
»Ich war im Auslandsdienst in Afrika. Leider wurde ich verwundet und konnte nicht reisen …«
Er deutete mit einem Kopfnicken auf sein Bein, und erst jetzt bemerkte sie die Krücke in der rechten Hand des Mannes.
»Eine traurige Geschichte, das mit eurem Vater und eurer Mutter«, fuhr er fort. »Erland hatte es nicht verdient, so früh aus dem Leben gerissen zu werden. Und absolut nicht unter diesen Umständen …«
Sie runzelte die Stirn und öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber er ließ sie nicht zu Wort kommen.
»Es war wirklich nett, dir hier über den Weg zu laufen, Rebecca.« Er steckte die Hand in die Innentasche seines Mantels und holte eine schmucke kleine Visitenkarte hervor.
»Melde dich doch einmal, das würde einen alten Mann sehr froh machen.«
»Versprochen, Onkel Tage.«
Sie gaben sich die Hand, und aus einem Impuls heraus machte sie einen Schritt nach vorn und küsste ihn leicht auf die Wange. Er roch nach Zigarre und Rasierwasser, fast genau derselbe Duft wie der ihres Vaters, und einige Sekunden lang war der Klumpen wieder da.
»Ach, übrigens«, sagte er, als sie sich gerade trennen wollten, »dein Bruder Henrik, hörst du manchmal von ihm?«
*
»So, Mange, Frank meint, du bist unser neuer Senkrechtstarter unten in der Grube …«
Sie hatten einen separaten Raum ein Stück vom Eingang entfernt bekommen, was HP perfekt passte. Seine Mange-Rolle reichte aus, um Fremde zu täuschen, aber er war sich nicht sicher, ob Leute, die ihn kannten, so leicht auszutricksen wären. Andererseits hingen weder seine noch Manges Freunde an so schicken Orten wie diesem hier herum.
Sie waren mit dem Essen fertig und hatten bereits ein paar Biere gekippt. Neben HP selbst und Frank waren sämtliche Abteilungschefs außer der Gothic Queen anwesend. Leider war HP zu spät gekommen, um sich neben Rilke platzieren zu können. Stattdessen musste er sich mit Beens begnügen, der sich offenbar bereits mit einigen Halben aufgewärmt hatte.
Aber das machte nichts. Der Kerl redete anscheinend fast genauso gern, wie er Bier trank.
»Jepp, es läuft ganz gut. Interessantes Unternehmen, ArgusEye!« HP grinste Beens schief an und versuchte, bescheiden zu klingen.
»Hm, die Firma ist ein ziemlich spezieller Arbeitsplatz, aber das hast du sicher schon geschnallt. Es gibt kaum jemanden, der weggeht – zumindest nicht freiwillig. Wir alle hier sind von Anfang an dabei.«
Beens zeigte auf die anderen am Tisch.
»Dejan und Rilke arbeiten seit fast zehn Jahren mit Anna, und Stoffe, der in ein paar Wochen wieder da sein wird, kam mit Philip von Burston zu uns. Frank und ich haben in einer anderen Firma gearbeitet, aber Anna hat uns ungefähr gleichzeitig rekrutiert. Unsere kleine Bande hat ArgusEye mehr oder weniger von Grund auf aufgebaut. Wir sind alle auch Teilhaber – Philips Idee.«
Beens roch stark nach Knoblauch aus dem Mund, und obendrein war er jemand, der einem gern ein bisschen zu nah kam, aber HP riss sich zusammen.
»Anna hab ich
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