Hype: Thriller (German Edition)
Interflora.«
Der Mann reichte ihr einen hübsch eingewickelten Blumenstrauß. Sie nahm ihn entgegen und schob das Papier zur Seite, um die Karte lesen zu können. Rote Rosen, mindestens ein Dutzend, vermutlich sogar mehr.
Sie las die Karte. Dann gab sie dem Mann den Strauß zurück.
»Die können Sie wieder mitnehmen«, sagte sie hart.
»W-wie bitte?«
»Die Blumen, ich will sie nicht haben, also können Sie sie wieder mitnehmen.«
»J-ja, aber …« Der Mann wirkte verwirrt. »Sie sind ja schon bezahlt und alles. Ich weiß nicht, wie …«
»Das ist nicht mein Problem«, unterbrach sie ihn. »Sie dürfen sie gern wieder an den Absender zurückschicken. Vielleicht kapiert er es dann endlich.«
*
»Ist nett von Frank, dass er uns seinen Superstar ein paar Tage ausleiht. Du bist also Philips neuer Golden Boy?«
Rilke blinzelte ihm zu, und HP errötete unwillkürlich.
Verdammt, was für ein Bestätigungsjunkie er noch immer war! Obwohl er ein Superheld war, reichte ein kleiner Klaps auf die Schulter von jemandem, den er respektierte oder auf den er stand, und schon wedelte er mit dem Schwanz wie ein blöder Cockerspaniel.
»Also, was genau treibt ihr denn so hier hinten in der Ecke?«, murmelte er und wandte sich ab.
»Frank hat dir nichts erzählt? Ihr aus der Grube seid vielleicht verschwiegene Typen.«
Rilke lächelte erneut aufreizend, und HP merkte, dass er bescheuert zurückgrinste.
»Die Mädels und ich kümmern uns um die Blogs. Ja, ich sage Mädels, obwohl wir eigentlich einen Kerl im Team haben – außer dir, meine ich.«
Sie lächelte wieder, aber diesmal bewahrte er sein Pokerface.
»Es funktioniert in etwa wie mit den Trollen, nur haben wir einen kleineren Stall. Vier bis sieben Blog-Persönlichkeiten, die wir hegen und pflegen. Musik, Film, Technik, Mode, Bücher, Essen und natürlich Politik. Wir decken im Prinzip die ganze Spannbreite ab. Manche arbeiten längerfristig, um Ideen einzupflanzen, andere kurzfristiger, um bestimmte Vorschläge oder Produkte zu pushen. Du kannst dich zu Halil setzen, sie ist die Nummer zwei nach mir.«
Rilke blieb vor einem Schreibtisch stehen, an dem eine junge Frau in einem engen schwarzen Hosenanzug und mit einem beigefarbenen Kopftuch in die Tasten hämmerte.
»So, fertig!«, sagte sie, drehte den Stuhl zu HP und Rilke herum und streckte die Hand aus.
»Halil is my name – blogging is my game …«
»Mange«, murmelte HP.
»Schön, dich kennenzulernen!«
Rilke holte ihm einen Stuhl und ließ sie dann allein.
»Okay«, begann Halil. »Pass gut auf, Mange, denn jetzt geht’s zur Sache.«
Sie schnippte mit den Fingern.
»Ich hab vor allem mit Mode und Musik zu tun. Sandy dort drüben kümmert sich um die technischen Blogs. Anders und Rilke sind für das Politische verantwortlich, die anderen drei im Großen und Ganzen für den Rest. Die Design- und Technikabteilung, die drüben an der Rezeption sitzt, sorgt dafür, dass die Seiten funktionieren und dass alles schick aussieht. In meinem Stall habe ich sieben Blogger – sechs Frauen und einen Typen. Vier haben eine Front, die anderen drei sind anonym, ein bisschen wie eure Trolle … Muziklover, Blingdarling, du verstehst schon.«
Jawohl, er verstand, aber so ganz auch wieder nicht.
»Front? Äh … was ist das?«, fragte er.
»Echte Personen, die für den Blog stehen.«
Es dauerte ein paar Sekunden, bis er es begriff. »Was, du führst den Blog für jemand anderes? Wie eine Art Ghostwriter?«
»Bingo! Ich übernehme in erster Linie die ernsthaften Schreibarbeiten. Die Frontleute sind meistens voll und ganz damit beschäftigt, schlecht übereinander zu reden oder über Shoppinggewohnheiten zu diskutieren, und das ist absolut in Ordnung. Ihre Computer und Smartphones haben eine App, die mit mir verlinkt ist, so habe ich immer das letzte Wort, bevor etwas gepostet wird. Meistens lasse ich sie einfach machen, aber wenn etwas Wichtiges ansteht, übernehme ich.«
Sie öffnete einen Minikühlschrank, der auf dem Schreibtisch stand, nahm zwei Coladosen heraus und hielt eine davon HP hin, der den Kopf schüttelte.
Halil öffnete ihre Dose und nahm ein paar Schlucke.
»Aber … also …«, stotterte HP nach einem kurzen, verwirrten Schweigen, »was kriegen denn die Frontleute dafür?«
»Die Frage lautet wohl eher: Was kriegen sie nicht dafür? Neben einem Monatslohn von uns erhalten sie Aufmerksamkeit, Gratisproben, Zugang zu Vorpremieren, VIP-Events und so weiter und so fort. Einige von ihnen
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