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nie nach seiner Meinung gefragt, wenn es darum ging, seine Gemächer auszuschmücken, und Styx war weise genug, seine Besorgnis nicht zu erwähnen.
Im Laufe der vergangenen hundert Jahre war sein Meister zunehmend unberechenbar in seinen Launen geworden.
Mehr als ein Diener war auf unerfreuliche Weise dahinge-schieden, nachdem er etwas Falsches gesagt hatte.
Styx stellte fest, dass seine Schritte langsamer wurden, als er das große Schlafgemach erreichte. So vieles hatte sich in den vergangenen hundert Jahren geändert. Zu vieles.
Da gab es die geheimnisvolle Krankheit, die seinen Meister quälte. Damocles, der die Höhlen mit seiner widerlichen Anwesenheit erfüllte. Die sich ständig verschlimmernden Täuschungen, die zu dulden er allen zuliebe gezwungen war.
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Nicht zum ersten Mal zog er seine Entscheidung zu bleiben in Zweifel. Er hatte ein Gelübde abgelegt. Und er wür-de sein Ehrenwort halten. Aber in letzter Zeit fühlte er sich entschieden kompromittiert.
»Styx?«
Die leise, krächzende Stimme erklang, und Styx straffte unbewusst die Schultern und zwang seine Füße, ihn in den Raum zu tragen, der von dem riesigen Himmelbett domi-niert wurde.
Die Hitze des prasselnden Feuers reichte aus, um seine Haut zum Kribbeln zu bringen, und der Gestank von ver-faulendem Fleisch war beinahe überwältigend, aber Styx gestattete seinen Schritten kein Zögern, da er an das Bett trat und auf den Vampir hinunterblickte, dem er sich verpflichtet hatte als seinem Meister. Er sah nicht aus wie ein Meister.
Nicht mehr.
Einst eine große, hoch aufragende Erscheinung, war er nun so zusammengeschrumpft und verwelkt, dass er eher wie eine Mumie wirkte als wie der mächtigste Vampir der Welt. Selbst sein Haar fiel aus und enthüllte die wachsenden Wunden, die sein Fleisch verunzierten. Sein Aussehen und sein Geruch ließen an den Tod denken, doch nur ein Dummkopf würde glauben, dass er schwach war. Die glitzernden schwarzen Augen zeigten die Klugheit und die gefährliche Macht, die noch immer in ihm glühte.
Styx hielt neben dem Bett an und verbeugte sich tief.
»Mein Meister, Ihr wünschtet mich zu sehen?«
Ein leichtes Lächeln überzog das ausgemergelte, eingefal-ene Gesicht. »Ah, Styx, ich hörte, dass du mir Viper gebracht hast und dass er sehr bald meine Shalott rufen wird.«
»Ja, mein Meister.«
»Ich zöge es vor, die Dämonin in meiner Gewalt zu ha-342
ben, aber du hast deine Sache gut gemacht. Natürlich, denn das ist bei dir stets der Fall.«
»Unglücklicherweise scheint mein Bestes nicht immer aus-zureichen.« Er wusste, dass seine Stimme gezwungen klang, aber dagegen war nichts zu machen.
»Eine solche Bescheidenheit. Und noch etwas anderes in deiner Stimme.« Die dunklen Augen betrachteten ihn mit einer durchdringenden Intelligenz. »Es ist doch gewiss keine Reue?«
»Es gefallt mir nicht, einem Freund zu schaden.«
»Ich vermute, du beziehst dich damit auf Viper?«, fragte der alte Vampir sanft.
Styx ballte die Hände an seinen Seiten zu Fäusten. Als ihm der Befehl erteilt worden war, Viper gemeinsam mit der Shalott gefangen zu nehmen, hatte er lange und ange-strengt Einwände dagegen erhoben. Sie hatten doch sicher gekämpft, um genau dieser Art von Verrat unter Vampiren ein Ende zu bereiten?
»Ja. Er ist ein ehrenhafter Mann. Er verdient es nicht, auf diese Art behandelt zu werden.«
Der Anasso seufzte. »Mein alter Freund, du weißt, dass ich ihn mit Freuden als Bruder begrüßen werde, wenn er das Amulett nutzt, um seine Sklavin herbeizuschaffen. Hat er das getan?«
»Nein.« Styx verzog das Gesicht. »Er ... hegt Gefühle für die Shalott.«
»Wie bedauerlich.« Der ältere Vampir strich über den karmesinroten Samt seines Gewandes, als sei er tief in Gedanken versunken, aber Styx entging nicht der düstere Blick, mit dem der Anasso sorgfältig sein Gesicht musterte. »Wie du finde ich keinen Gefallen daran, meinen Brüdern Schaden zuzufügen. Doch unglücklicherweise können wir es uns 343
nicht leisten, jetzt nachzugeben. Wir haben die Shalott beinahe in unserer Gewalt. Er muss das Amulett benutzen.«
»Und wenn er das nicht tut?«
»Ich habe vollstes Vertrauen, dass die Raben ihn überzeugen werden.«
»Ihr habt den Befehl erteilt, ihn foltern zu lassen?«
»Es war deine Entscheidung, nicht meine, Styx«, erinnerte ihn der Anasso sanft. »Ich zog eine weitaus weniger ... unerfreuliche Lösung vor.«
Styx erstarrte, und sein Gesicht versteinerte vor Abscheu.
»Viper
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