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bezweifelte sie, dass Viper ihre Erleichterung teilte.
Sie konnte den Gestank von Metall riechen, das sich in sein Fleisch eingebrannt hatte, und sie wusste, dass es so schmerzhaft sein musste wie all die scheußlichen Wunden zusammen.
Mit Ziehen, Fluchen und Reißen gelang es ihr endlich, die Kette von dem Haken zu lösen, der an der Wand der 358
Höhle befestigt war. Natürlich hatte der Erfolg seinen Preis der darin bestand, dass Viper schwer zu Boden stürzte und die Kette auf ihm landete.
Shay eilte zu ihm und nahm ihm die Ketten ab, bevor sie nach den Handschellen griff und sie von Vipers Handgelenken herunterriss.
Über Jahre hatte sie die dämonische Stärke verflucht, die sie von den Menschen unterschied. Sie war ein Monster gewesen. Eine Kreatur, die von Kindern verspottet und von Erwachsenen gefürchtet wurde. Nun wusste sie zum ersten Mal die Gaben, die ihr verliehen worden waren, wirklich zu schätzen.
Sie bettete Vipers Kopf in ihren Schoß und wischte ihm mit zitternder Hand das Blut aus dem Gesicht.
»Viper. Viper, kannst du mich hören?«
Einen beängstigenden Moment lang erfolgte keine Antwort, aber dann regte er sich in ihren Armen.
»Shay?«
Sie beugte sich über ihn, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. »Beweg dich nicht, ich bin hier.«
»Ist das ein Traum?«
Sie unterdrückte ein hysterisches Lachen. »Du hast doch sicher schönere Träume als von dieser Situation hier.«
»Ich habe seit Monaten von dir geträumt. Nein, ich habe seit einer Ewigkeit von dir geträumt.« Er griff mit seinen schwachen Händen nach ihren Armen und öffnete mühsam die Augen. »Ich dachte, ich würde dich niemals finden, doch ich habe dich gefunden. Ich konnte dich nicht fortlassen.
Nicht, da ich dich so dringend brauchte. Ich werde dich niemals gehen lassen.«
Shay stockte der Atem, während ihr Tränen in die Augen stiegen. Ohne Zweifel lag Viper im Delirium und hatte vor 359
Schmerz vollkommen den Verstand verloren. Aber noch nie hatte jemand etwas gesagt, was sie so tief berührt hatte.
Sie war gezwungen, sich zu räuspern, als sie ihm sanft über das Haar streichelte. »Als ob du dich von mir befreien könntest. Wir sind unzertrennlich wie ...«
»Klebereis?«, meinte er.
»Irgendwelche Essensgeschichten sind nicht ganz die romantische Metapher, nach der ich gesucht habe.« Sie runzelte die Stirn, als sich seine Augen von selbst schlossen. »Viper.«
Sie schüttelte ihn leicht. »Viper, du musst aufwachen.«
Ganz offensichtlich mit einiger Mühe kam er wieder zu Bewusstsein. »Du solltest nicht hier sein. Das ist gefährlich.«
Gefährlich? Eine Höhle voller Vampire, die ihr unbedingt das Blut aussaugen wollten? Kaum.
»Mach dir keine Sorgen, ich bin schon auf dem Rückweg«, beruhigte sie ihn.
»Ja.« Er drückte ihren Arm. »Geh jetzt.«
»Wir gehen beide.« Sanft befreite sie ihren Arm aus seinem festen Griff, um ihm ihr Handgelenk an die Lippen zu pressen. »Aber zuerst musst du trinken.«
Sie konnte spüren, wie sich sein ganzer Körper bei ihren Worten anspannte. »Shay, nein. Du willst doch in Wirklichkeit überhaupt nicht, dass ich dein Blut trinke.«
Sie schnalzte ungeduldig mit der Zunge. Konnte dieser Mann nichts ohne Diskussion tun?
Und er nannte sie halsstarrig.
»Wir hatten ein Abkommen,Viper. Blut, um dich zu heilen. Meinst du etwa, eine Shalott bräche je ein Abkommen?«
Er schüttelte den Kopf. »Shay, geh. Sie werden dich tö-
ten.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Zuerst müssen sie mich erwischen.«
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Ein müdes Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. »Du bist nicht annähernd so zäh, wie du es gern hättest.«
»Ich werde dir zeigen, wie zäh ich genau bin, wenn du nicht trinkst«, warnte sie ihn und presste ihren Arm an seine Lippen. »Du musst es tun, sonst sind wir beide tot.«
Seine dunklen Augen forschten lange in ihrem entschlossenen Gesicht.
»Starrköpfig«, keuchte er schließlich.
»Ich habe bei einem echten Meister gelernt«, murmelte sie. »Nun beiß mich.«
Und das tat er.
Shays Augen weiteten sich, und ihr ganzer Körper erschauderte, als seine Vampirzähne mit Leichtigkeit durch die Haut an ihrem Handgelenk drangen. Nicht, dass sie Schmerzen empfunden hätte. Beinahe wünschte sie sich, dass es daran gelegen hätte. Dagegen hätte sie mühelos ankämpfen können. Die Heiligen im Himmel wussten, dass sie darin einige Erfahrung hatte. Aber wie sollte sie gegen das Aufflackern von Lust in ihrem Körper ankämpfen? Oder gegen die
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