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... mit ihr einkaufen gehe?«
»Nur, wenn es auch dein Wunsch ist. Ich bin sicher, sie würde bereitwillig ihre Pläne ändern, wenn es etwas gäbe, was du lieber tätest.« Plötzlich saß er neben ihr, ganz nahe bei ihr, aber sorgsam darauf bedacht, sie nicht zu berühren.
»Was gibt es, Shay? Habe ich etwas gesagt, was dich aufgeregt hat?«
»Ich weiß nicht, was sie mit mir anfangen will. Ich bin eine Dämonin.«
Er lachte leise. »Abby ist ebenfalls kein Mensch mehr.«
»Nein, sie ist eine Göttin.«
»Sie mag ja eine Göttin sein, aber sie ist auch die Frau, die gegen die Hexen kämpfte, um alle Dämonen zu schützen, und nun die Gefährtin eines Vampirs. Sie hat keine Vorurtei-130
le uns gegenüber, falls es das ist, was du fürchtest.«
War es das, was sie fürchtete?
Shay zog die Schultern hoch. Die Wahrheit war, dass sie dieser Abby nicht traute. Nicht, wenn sie ihr etwas so Außergewöhnliches wie Freundschaft anbot. Ihre Erfahrung hatte sie gelehrt, dass ein solches Angebot immer seinen Preis hatte. Normalerweise einen, den zu zahlen sie nicht bereit war.
Unter Vipers Blick, der schwer auf ihr lastete, seufzte sie schließlich auf.
»Ich habe es noch nie erlebt, dass jemand mich gefragt hat, ob ich zum Einkaufen mitkomme.«
»Ah.« Shay fühlte, wie er um sie herum griff. Sie dachte, er wolle sie in die Arme ziehen, und versteifte sich. Auf gar keinen Fall. Sie wollte sein Mitleid nicht. Nicht, wenn sie so verletzlich war, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit zusammen brechen und weinen würde.
Das wäre ihr einfach ungeheuer peinlich.
Aber er machte keinerlei Anstalten, sie zu berühren. Statt dessen griff er nach der Bürste, die auf dem Nachtisch neben dem Bett lag. Erst als sie sich vorsichtig entspannte, machte er es sich bequem und begann damit, die Bürste durch ihr ver-filztes hüftlanges Haar zu ziehen.
»Du sagtest, deine Mutter erzog dich als Menschen?«
Die warnende Stimme in Shays Hinterkopf sagte ihr, sie solle sich ihm entziehen. Das Gefühl seiner sanften, beruhi-genden Berührung war viel zu vertraut, viel zu angenehm.
Leider war ihr Geist nicht länger mit ihrem Körper verbunden.
»Das war vor langer Zeit«, murmelte sie.
»Galtest du als Mensch?«
Shay verzog das Gesicht. Es gab Dämonen, die in der Lage 131
waren, sich in der menschlichen Welt zu bewegen, ohne entdeckt zu werden. In den Adern vieler floss kein einziger Tropfen menschliches Blut.
Der Himmel wusste, dass sie es wirklich mit aller Macht versucht hatte. Sie hätte alles getan, um ihre Mutter zufrieden zustellen. Alles, um dazuzugehören.
»Nein.«
Die langen Bürstenstriche stockten nicht. »Du siehst durchaus menschlich aus.«
Shay schloss die Augen. Sie sprach nie über ihre Vergangenheit. Mit Niemandem. Aber da gab es die friedliche Stille, die um sie herum herrschte, und die sanften Bürstenstriche, und plötzlich stellte sie fest, dass ihr die Worte über die Lippen sprudelten, bevor sie sie zurückhalten konnte.
»Aber ich altere nicht wie ein Mensch. Meine Mutter war gezwungen, mit mir von Ort zu Ort zu ziehen, um sicher zugehen, dass niemand bemerkte, dass ich nicht so älter wurde, wie es normal gewesen wäre.« Die Erinnerung an ihre Mutter ersetzte ihr einen Stich ins Herz.
»Das war ganz gewiss schwierig, aber kein unüberwind-liches Hindernis.«
»Vielleicht, aber meine Kraft und meine Schnelligkeit schon. Daran gibt es nichts Menschliches.«
Viper hob einige weitere Strähnen an, durch die er dann die Bürste gleiten ließ. »Die anderen Kinder fürchteten sich vor dir?«
»Ja«
»Sie können sehr grausam sein.«
Shay presste die Hände in ihrem Schoß zusammen. »Nicht so grausam wie ihre Eltern. Im Laufe der Jahre wurden unsere Häuser angezündet, Steine wurden nach uns geworfen, 132
und Priester versuchten mir den Teufel auszutreiben. Eines Nachts wurde ich sogar gelyncht.«
»Gelyncht?«
»Eine Bande von Dummköpfen zerrte mich aus dem Bett und erhängte mich an einem Baum in unserem Hinterhof.
Du kannst dir nicht vorstellen, wie überrascht sie waren, als ich am nächsten Morgen zu ihnen kam.«
Es folgte ein langes Schweigen, als grübele Viper über ihre leisen Worte nach. Seine Berührung blieb sanft, aber Shay konnte spüren, wie sich in ihm ein Gefühl der Nieder-geschlagenheit aufbaute.
Seltsam.
»Warum ersuchte deine Mutter nicht die Dämonen um Hilfe?«, fragte er schließlich.
Sie drehte den Kopf, während Viper noch ihre Strähne festhielt, und
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