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Icarus

Icarus

Titel: Icarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Russell Andrews
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stadtfein gemacht, habe ihn angezogen und ihm gezeigt, welche Gabel man zu welchen Speisen benutzt. Er war ein sehr, sehr gutaussehender Junge mit außergewöhnlichem Potential, und er wußte, daß das, was ich ihm beibringen konnte, ihm einmal sehr nützlich sein würde. Und ich wußte, daß das, was wir miteinander hatten, nicht ewig dauern würde. Er war jung und …« Sie zögerte einen fast unmerklichen Augenblick. »… und ich bin nicht so jung.«
    »Das ist aber nicht die Geschichte, die er mir erzählt hat.«
    »Männer sind eitel. Sie stellen sich immer als Helden dar.«
    Jack wollte jetzt, daß sie ein wenig mehr redete. Er versuchte sich daran zu erinnern, was Kid sonst noch von ihr erzählt hatte. Er wollte sie reizen mit etwas, das ihr unter die Haut ging. »Ich glaube, Sie wollten ihn rundum kontrollieren«, sagte er. »Und er war jemand, den man nicht unter Kontrolle halten konnte.«
    »So? Konnte man das nicht?«
    »Nein.«
    »Es gibt nur sehr wenige Dinge – oder Menschen –, die ich nicht kontrollieren kann, Jack. Das ist eins meiner Talente. Außerdem bin ich eine gute Geschäftsfrau.«
    »Ich habe auch noch ein anderes Ihrer Talente kennengelernt«, sagte Jack. »Ich bin sicher, daß die Polizei sich sehr dafür interessieren wird.«
    »Und was war das?«
    »Sie können gut mit dem Messer umgehen. Ich habe den Beweis dafür an Kids Arm gesehen.«
    Ihre Augen blitzten zornig auf, aber der Ausdruck ihres Gesichts änderte sich nicht. »Ich habe den Verdacht, als wären Sie nicht allzu leicht zu kontrollieren«, stellte sie fest.
    »Ich glaube, es gibt viele Dinge, die Sie mittlerweile nicht mehr so leicht kontrollieren können«, klärte er sie auf.
    Sie legte die Zigarette auf ihren Brotteller. Ihr Lippenstift hatte das Mundstück signalrot gefärbt, indem er wie Blut vom Papier aufgesogen worden war.
    »Jack«, sagte sie. »Ich weiß nicht, was genau Sie vorhaben. Und es ist mir eigentlich auch egal. Die Polizei glaubt, daß Kid ganz einfach abgestürzt ist. Ob er aus eigenem Willen gesprungen ist oder ob es ein Unfall war, ist eine traurige und tragische Angelegenheit, aber das ist es, was auch ich glaube. Sie wären sehr gut beraten, wenn Sie zu der gleichen Überzeugung gelangen würden.«
    »Sonst?«
    »Das war keine Drohung, Jack. Trotz allem, was Sie zu wissen glauben, bin ich gar nicht so bedrohlich. Alles was ich meinte, war … sonst haben sie eine Menge schlaflose Nächte. Sie versuchen etwas zu finden, worauf es keine Antwort gibt. Vergessen Sie nicht«, betonte sie, »ich bin im Todes-und Sterbegeschäft tätig. Ich weiß eine Menge darüber. Ich weiß, daß es nichts gibt, das genauso endgültig oder genauso still ist. Und ich weiß, daß es dem Tod um nichts anderes geht als um sich selbst. Es gibt ihn, und das ist seine einzige Bedeutung und sein einziger Wert. Er kommt, er kommt für jeden von uns, und es interessiert ihn nicht, weshalb oder warum.« Sie hob die Hand, es war eine fast unmerkliche Geste, und der Kellner kam mit der Rechnung herbeigeeilt. Jack streckte die Hand aus, um sie an sich zu nehmen, aber sie winkte ab. »Sie geht auf Grave Enterprises«, erklärte sie ihm.
    Als sie wieder auf der Straße standen, ergriff sie seine Hand und ließ die ihre einige Sekunden lang in der seinen verharren. Und auch diesmal beunruhigte und erregte ihn ihre elektrisierende Berührung gleichzeitig. »Vielleicht können wir irgendwann mal zusammen dinieren«, sagte sie. »Und uns über weniger deprimierende Dinge unterhalten.«
    »Ich glaube, daß Kid ermordet wurde«, sagte er.
    »Das habe ich verstanden. Aber ich weiß nicht, warum Sie das glauben.«
    »Auf Grund seiner Zukunftspläne. Weil Drogen in seinem Körper gefunden wurden und ich nicht glaube, daß er sie aus freien Stücken genommen hat. Weil ich ihn kannte und weiß, wie wichtig ihm das Leben war.«
    »Und falls Sie recht haben? Was dann?«
    »Dann werde ich herausfinden, was passiert ist.«
    Ihre Hand lag noch immer in seiner. Er spürte, wie ihre Finger sich auf seiner Handfläche bewegten. »Lassen Sie sich vor zwei schlimmen Fehlern warnen«, sagte Eva Migliarini. »Der eine wäre, meinen Mann in diese Angelegenheit hineinzuziehen. Das wäre sogar ein ganz schlimmer Fehler. Aber der andere wäre noch schlimmer. Nämlich, wenn Sie mich wütend machen würden.« Sie beugte sich vor und küßte ihn auf die Wange. Ihre Lippen berührten seine Haut einen winzigen Moment länger, als nötig gewesen wäre. Sie waren warm

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