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Icarus

Icarus

Titel: Icarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Russell Andrews
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Jack, sag das nicht, bitte. Das »bitte« klang so dringend, als wollte er ihm damit etwas absolut Wichtiges mitteilen.
    Das tat er auch. Er flehte Jack an, kein Todesurteil auszusprechen.
    »Es war alles wegen des Fitnessclubs, nicht wahr?« sagte Jack. »Es ging nur um diesen verdammten Fitnessclub.«
    »Jeder versuchte, ihn mir wegzunehmen«, erwiderte Bryan. Er hielt das Messer locker in der Hand, zielte mit der Spitze aber noch immer auf Jack. Er klang jetzt traurig, wie ein trotziges Kind, das nicht verstehen konnte, warum es sich in die Ecke stellen sollte. »Aber wir wollten Partner sein. Unser ganzes Leben lang haben wir immer gesagt, wir wären Partner. Der Fitnessclub sollte unsere Heimat sein. Warum wollten Sie uns trennen?«
    »Nein«, sagte Jack. »Das stand niemals zur Debatte. Er wollte dich nicht zurücklassen …«
    »Doch, das wollte er. Das hat er schon immer versucht. Sogar in der Schule. Sogar an der St. John’s. Ich war sein bester Freund. Ich liebte ihn. Ich beschützte ihn. Aber er mochte jemand anderen lieber als mich. Er hatte einen anderen besten Freund …«
    »Mein Gott«, sagte Jack leise. »Der Junge aus der Mannschaft. Der Junge, der sich das Genick gebrochen hat.«
    »Harvey Wiggins«, sagte Bryan und nickte. »Ich bin netter als er, ich bin genauso gut wie er. Warum also mochte er mich nicht genauso wie Harvey?«
    »Du warst es, der ihn angegriffen hat. Beim Training. Du hast ihm das Genick gebrochen.«
    »Ich mußte Kid klarmachen, was los war, oder? Er glaubte, daß er Harvey lieber mochte als mich.«
    »Deshalb ging er weg. Nach Virginia. Er wollte weg von dir.«
    »Er dachte, ich würde ihn nicht finden. Aber ich fand ihn. Na klar fand ich ihn. Er war sehr überrascht, als ich aufkreuzte, aber ich glaube, er freute sich. Er war froh, mich wiederzusehen.«
    »Warst du dort auf dem College, Bryan? Auf der Virginia State?« Jack brachte die Worte kaum über die Lippen. »Warst du in der Footballmannschaft?«
    »Ein halbes Jahr lang. Dann wurde es mit meinem Knie ganz schlimm. Der Trainer wollte mich nicht mehr spielen lassen.«
    »Du kanntest die Spieler, die damals in mein Restaurant kamen.«
    »Nette Burschen«, sagte Bryan. »Es waren richtig nette Burschen.«
    »Du hast sie getötet.«
    »Ich fühle mich deswegen ganz schlecht, Mr. Keller, ehrlich. Aber ich mußte es tun. Sie haben nichts verstanden. Ich hatte einen Plan gemacht, einen schlauen Plan, nicht wahr? Aber ich habe ihnen nur die Hälfte davon erzählt. Sie dachten, ich würde den Laden ausrauben, und sie bekämen ihren Anteil. Und sie waren richtig begeistert, als sie hörten, daß ich das hier mitgenommen habe.« Bryan öffnete die oberen beiden Knöpfe seines Polohemdes, um Jack zu zeigen, was sich darunter befand. Jack stöhnte auf, als er es sah, schloß die Augen und spürte, wie es sauer aus seinem Magen in die Kehle hochstieg.
    Um Bryans Hals lag das Brillantcollier, das Jack für Caroline gekauft hatte.
    »Es ist wunderschön, Mr. Keller«, sagte Brian. »Es ist das schönste Ding, das ich jemals sah.«
    Jacks Kopf sank nach hinten, und er hörte es jetzt ganz deutlich. Die Worte im Büro in jener entsetzlichen Nacht. Die verrückten Worte, die keinen Sinn ergaben. Die letzten Worte, die Caroline je hörte: Wolly hier … der Wille ist stark … Wolle Candy brechen …
    »Kids Spitzname für dich, als du Football spieltest«, sagte Jack zu Bryan. »Er sagte mir, wie er dich nannte. Er hatte irgendeinen Namen für dich.«
    »The Wall«, sagte Bryan. »Ich habe für ihn geblockt. Ich habe ihn immer wieder gerettet. Seit wir Kinder waren. Daher nannte er mich The Wall.«
    Wolly hier … der Wille ist stark … Woll Candy brechen …
    Jetzt verstand er. Er hörte es jetzt zum erstenmal. Ohne Gehirnerschütterung, ohne Schmerzen, die alles verzerrten. O Gott, er konnte es ganz deutlich hören.
    The Wall ist hier… The Wall ist stark … The Wall kann nicht brechen.
    Jack brachte die nächsten Worte kaum über die Lippen.
    »Du hast meine Frau getötet«, flüsterte er. »Du hast auf mich geschossen und meine Frau ermordet.«
    »Ich wollte Ihnen nichts antun«, sagte Bryan bedauernd. »Ich mag Sie wirklich. Aber sie versuchte auch, ihn mir wegzunehmen.«
    »Nein«, sagte Jack. »Das ist nicht möglich.«
    »Er traf sie. Es war purer Zufall, er hatte sie gar nicht gesucht, aber er traf sie da unten in Charlottesville. Kurz nachdem ich ihn gefunden hatte.« Bryans Stimme klang jetzt ganz hoch, wie die eines jungen

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